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Rezensionen


 
Dario Argento - Vier Fliegen auf grauem Samt
Buchinformation
Argento, Dario  - Vier Fliegen auf grauem Samt bestellen
Argento, Dario :
Vier Fliegen auf grauem
Samt

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(Bücher frei Haus)

„Quattro mosche? Che diavolo significa?“, heiß es schon im Intro zum Film, unheilverkündend. Rockmusik, lange Haare, eine Band im Studio bei Probeaufnahmen, dann eine Fliege, die den Drummer beim Spielen stört und schließlich zwischen den Hi-Hats der Batteria - wie Schlagzeug auf Italienisch heißt - gefangen und schließlich zerquetscht wird. So beginnt der dritte Film von Regie-Ass Dario Argento, der nicht nur mit einer seltenen Sex-Szene in einer Badewanne aufwartet, sondern auch mit einem neuen wissenschaftlichen Experiment, das davon ausgeht, dass die Bilder, die ein Toter kurz vor seinem Tod noch gesehen hat, auf der Netzhaut abgebildet werden und so den wertvollen Hinweis auf den Mörder geben könnten. So eine Maschine gibt es natürlich nicht, aber in den beschwingten 60er/70ern glaubte man eben noch an die Segnungen des wissenschaftlichen Fortschritts und auch an die Machbarkeit der Beherrschung der menschlichen Natur. Und genau das stellt Argento eigentlich in Frage, denn er ist so gar nicht überzeugt davon, woran seine Zeitgenossen glauben, nämlich die Natur dem Menschen untertan zu machen.

Dritter Teil der Tier-Trilogie
In seiner dritten Regiearbeit - nach „L'uccello dalle piume di cristallo“ (1970) und „Il gatto a nove code“ (1971) – legt Dario Argento ein bisher verschollenes Werk vor, das nun dank Koch Media Home Entertainment endlich auch in einer würdigen Verpackung und Ausstattung als DVD/BluRay Mediabook erscheint. Zwischen 1992 und jetzt war das dritte Werk - das gemeinhin auch zur sog. Tiertrilogie aufgrund der italienischen Originaltitel gezählt wird – nämlich nicht erhältlich, was als wirklicher Verlust bezeichnet werden kann. Denn der Thriller, der im Setting etwas an One Plus One (1968) und Performance (1970) erinnert, hat es nicht nur aufgrund seiner psychologischen Einfühlsamkeit wirklich in sich. Für den Soundtrack waren ursprünglich sogar Deep Purple vorgesehen, aber da die öffentlichen Gelder nicht nur ausländische Künstler verwendet werden durften, platzte die Kooperation im letzten Moment. Dass natürlich auch ein gewisser Sigmund Freud dabei Pate stand, dürfte nicht überraschen, wenn man die anderen Filme von Argento kennt. In „4 mosche di velluto grigio“ (1971) fühlt sich der Rockmusiker Roberto Tobias (Michael Brandon) von einem geheimnisvollen, schwarz gekleideten Fremden, der sich Carlo Morosi nennt, verfolgt. Es gelingt ihm schließlich, diesen in einem alten verfallenen Opernhaus, dem Teatro Nuovo di Spoleto, zu stellen und als der Fremde in den vermeintlichen ehemaligen Orchestergraben fällt, findet er plötzlich ein blutverschmiertes Messer in seinen Händen: er ist zu einem Mörder geworden!

Vier Morde und eine Katze
Hinter einem Balkon in der Loge steht während des Mordes eine maskierte Person, die ihn bei seiner Tat unablässig fotografiert hat und ihn nun bedroht und erpresst. Da sich Roberto aufgrund des vermeintlichen Mordes (der Tote lebt) schuldig fühlt, kann er aber nicht zur Polizei gehen und fürchtet alsbald nicht mehr nur um sein Leben, sondern auch um das seiner Familie und Freunde. Roberto Tobias wohnt in einer vornehmen Gegend, in einem schönen, modernen Haus, wahrscheinlich ein Vorort von Mailand, er hat eine reiche Frau, Hausangestellte und bald auch eine Liebhaberin. Eigentlich geht es Roberto sehr gut, wenn nur dieser Mord nicht gewesen wäre. Als die nächtlichen Bedrohungen zunehmen, muss er es schließlich auch seiner Frau Nina (Mimsy Farmer)
sagen, die die Nachricht, dass ihr Mann einen Mord begangen hat, relativ stoisch aufnimmt. Die Bedrohung im eigenen Haus macht sie aber dann so nervös, dass sie ihn verlässt, um sich an einem anderen Ort in Sicherheit zu bringen. Auch Traumsequenzen strukturieren immer wieder den Plot des Films: Auf einer Party erzählt ein Schriftstellerfreund von einer Reise nach Saudi-Arabien, wo - wohl auch heute noch - Menschen auf einem öffentlichen Platz mit einem Krummsäbel hingerichtet werden. Roberto muss dann jede Nacht davon träumen, und jedesmal wird die Szene realistischer, bis in einer der letzten Einstellungen sich sein Traum tatsächlich erfüllt und ein Kopf dann tatsächlich durch die Luft fliegt. Wessen Kopf es ist, wird hier aber natürlich nicht verraten.

Mit „Gott“es Hilfe: Bud Spencer als Gott(fried)!
Roberto hat in der Zwischenzeit seine Freunde für eine Observierung seines Hauses organisiert. Diesen Rat hat er dankbar von Gott persönlich bekommen, einem Freund, der am Stadtrand in der Natur wohnt und sich statt Godfrey gleich einfachheitshalber Gott nennen lässt. Oder wie sagt er im Original: "Perché mi chiamano solamente Dio invece di dio omnipotente"? Godfrey alias Diomede alias Gottfried wird - als kleine komödiantische Delikatesse von keinem Geringeren als Bud Spencer (!) persönlich dargestellt, den man aus Filmen wie „Vier Fäuste für ein Halleluja“ oder „Vier für ein Ave Maria“ kennt. Er hat auch einen Papagei, der heißt natürlich „vafainculo“, und isst Fisch roh, der Dio. Aber auch viele andere komödiantische Elemente hat Argento in seinen Horrorschocker eingebaut, etwa der Postmann, der versehentlich von Roberto mit dem Knüppel verprügelt wird oder der schwule Privatdetektiv, der an die Statistik glaubt: 84 ungelöste Fälle, da müsste er den nächsten doch lösen können. Wissenschaftsgläubigkeit auch hier, an die er glauben wird müssen, wenn sein Ende naht und er mit einem milden Lächeln, einmal recht gehabt zu haben, ins Jenseits gleitet. Nach dem Mord an Amelia, dem Zimmermädchen (erst verliert sie Ihr Handtasche, dann ihren Kopf), findet Roberto bald folgende Nachricht: „Adesso é finita. Tocca a te.“

Dario Argento
Vier Fliegen auf grauem Samt
Originaltitel: Quattro mosche sul veluto grigio
Psychothriller Italien/Frankreich 1971
ca. 103 min Deutsch, Englisch, Italienisch
Exras: Mediabook, (1 Blu-ray und 2 DVDs) mit 24-seitigem Booklet, Featurette "Der Fall der vier Fliegen" mit Regisseur Dario Argento, Drehbuchautor Luigi Cozzi und Darsteller Bud Spencer (ca. 93 Minuten), Featurette "Autopsie einer Fliege" mit Drehbuchautor und Filmkritiker Antonio Tentori (ca. 29 Minuten), Deutscher, englischer & italienischer Trailer, Englischer Teaser-Trailer, Englischer und deutscher Vorspann, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mit Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Bud Spencer, Aldo Bufi Landi, Calisto Calisti, Marisa Fabbri u.a
Koch Media Home Entertainment

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-09-29)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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