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Enrique Oesterheld - Che - Eine Comic-Biografie
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Oesterheld, Enrique - Che - Eine Comic-Biografie bestellen
Oesterheld, Enrique:
Che - Eine
Comic-Biografie

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(Bücher frei Haus)

„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!“ Dieser oft zitierte und wahrscheinlich von Che Guevara stammende Satz, könnte auch das Motto der vorliegenden Ausgabe einer Graphic-Novel Biographie im Großformat (Hardcover 22,5 x 30,2 cm) gewesen sein. Das lange als verschollen geltende und nur in obskuren Kopien erhältliche Werk liegt nun erstmals als kleine Comic-Sensation wieder vor. Am 14. Juni wäre der Revolutionär immerhin 82 Jahre alt geworden, Zeit also, sich diesem Idol der Sechziger auch durch dieses dokumentarische Werk anzunähern. Vorliegende Biographie des argentinisch-kubanischen Revolutionärs erschien nämlich erstmals 1968 als unmittelbare Reaktion auf die Ermordung Che`s durch den CIA in Bolivien. Das Werk der Landsleute Guevaras wurde jedoch aufgrund des Putsches des argentinischen Militärs (1975) schon relativ bald nach Erscheinen verboten, der Autor Hector Oesterheld (1919-1977) selbst verschleppt und hingerichtet, allerdings aufgrund seines politischen Engagements, nicht aufgrund des Comics, wie Enrique Breccia im Interview betont. Das vorliegende außergewöhnliche Zeitdokument macht der Carlsen Verlag nun erstmals und auf Deutsch dem geschätzten Publikum zugänglich. Alberto (1919-1993) und Enrique Breccia, die die Zeichnungen anfertigten, sind Vater und Sohn, wobei ersterer in Deutschland durch sein dreibändiges Epos „Perramus“ bekannt wurde. Sein Sohn Enrique führt das Werk seines Vaters als Comiczeichner fort und hat auch an dem vorliegenden „Che“ mitgearbeitet, er hat den „Bolivien“-Teil gestaltet.

Das Werk selbst ist durch seine scharfen Kontraste – es gibt keine Grauabstufungen oder Schattierungen – geradezu prädestiniert eine schnelle illegale Verbreitung zu finden. Wahrscheinlich war dies auch die Intention der Künstler, denn Geld konnte man damals mit einem Comic ohnehin nicht verdienen, obwohl „Che“ zu seiner Zeit ein Bestseller war. Der düstere und teilweise nachtschwarze Hintergrund erzeugen seine eigenen Synergien mit dem dargestellten Inhalt, es geht hier nicht um eine Ikonisierung eines Übermenschen als den manche Che Guevara gerne sehen – Jean Paul Sartre nannte ihn den vollkommensten Menschen unserer Zeit – sondern um die Dokumentation eines einzigartigen Schicksals. Natürlich wird sein Kampf als exemplarisch für die Jugend der damaligen Zeit dargestellt und auch in den Kontext des antiimperialistischen Kampfes der Dritten Welt gesetzt. Nicht nur die Person Guevara, sondern auch das Elend der kubanischen Bauern werden folglich sehr dokumentarisch und nüchtern dargestellt. Der zum „geborenen kubanischen Staatsbürger“ erklärte Argentinier und erste „Banker in Kampfmontur“ wurde vom amerikanischen Time Magazine zum „Gehirn der Revolution“ erklärt, während es Castro als Herz und Raoul als Faust bezeichnete, wie es in vorliegendem Comic heißt. Der gelernte Arzt musste bald die kubanische Wirtschaft „heilen“, die auf Monokultur und Exporteur von Zucker vom internationalen Kapitalismus abgerichtet worden war. „Weder Moskau noch Mao“ hieß es am Anfang, doch bald musste sich auch das revolutionäre Kuba an die internationalen Gegebenheiten des Kalten Krieges anpassen und Che flieht vor seiner Verantwortung erst in den Kongo, dann nach Bolivien, beides völlig sinnlose Unternehmen, die ihn dann auch den Kopf kosten werden. In seinem Abschiedsbrief an seine Kinder schreibt er: „Euer Vater war ein Mann, der getan hat, was er für richtig hielt, und der seinen Überzeugungen stets treu geblieben ist.(…)Denkt daran, dass die Revolution das Wichtigste ist und dass jeder von uns allein nichts wert ist.“

Die Überzeugung, dass man die Welt nicht alleine ändern kann, ist ihm wohl dann doch selbst nicht so einsichtig erschienen, sonst hätte er sich auf so waghalsige Unternehmen wie Bolivien wohl nicht eingelassen. „Nicht schießen! Ich bin Che Guevara, lebend bin ich wertvoller für euch als tot“, soll er seinen Feinden schließlich entgegen gerufen haben, doch Higueras sollte der Ort bleiben, der ihn bald zur internationalen Legende und zur Ikone des Revolutionärs schlechthin machen sollte. „In seinem Namen erhebt sich die Jugend dieser Welt, er setzt sie in Bewegung“, so heißt es pathetisch in dem 1968 geschriebenen Text als letzter Satz. Und fürwahr, die Jugend marschierte bald in die Institutionen und 1968 sollte zum Jahr des Triumphes dieser Jugend werden, wenn auch bald der reaktionäre Rollback darauf folgen sollte. Im dokumentarischem Anhang findet man nicht nur Anmerkungen zum Comic und der Person Guevaras in Form einer Chronologie seines Lebens, sondern auch ein Interview mit Enrique Breccia. Wer Angst hat, politisch vereinnahmt zu werden, dem sei anvertraut, dass letzterer ein bekennender Peronist ist und deswegen genügend Abstand zu Che Guevara mitbringt, eine Ikonisierung also verhindert wird.

Hector Oesterheld, Enrique Breccia, Alberto Breccia
Che - Eine Comic-Biografie
mit Illustrationen von Alberto Breccia, Enrique Breccia

2008
Carlsen Verlag
96 Seiten
Hardcover 22,5 x 30,2 cm
ISBN 978-3-551-77654-9
€ (D) 16,90 € (A) 17,40 / sFr 30,90

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-04-21)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


->  Stichwörter: Comic

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