Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Rezensionen


 
Helga Prignitz-Poda - Frida Kahlo
Buchinformation
Prignitz-Poda, Helga - Frida Kahlo bestellen
Prignitz-Poda, Helga:
Frida Kahlo

Bei amazon bestellen

(Bücher frei Haus)

Die mexikanische Malerin wird bald in Retrospektiven in Berlin (29.4. bis 9.8.2010) und danach auch in Wien (1.9. bis 5.12.) ausgestellt werden. Frida Kahlo (1907–1954) hat in ihrem Leben 143 Gemälde geschaffen, die in ihrem Format teilweise sehr klein sind und selten über 20 x 30 oder 40 x 60 cm hinausgehen und wovon zwei Drittel (!) Selbstporträts sind. Nichtsdestotrotz ging sie als Ikone in die Kunst- und Literaturgeschichte ein, da sie auch selbst an ihrem eigenen Mythos mitstrickte. So behauptete sie etwa „ungarisch-jüdischer“ Abstammung zu sein, obwohl ihr Vater eigentlich aus Pforzheim (!) stammte. Frida Kahlo vermag es auch heute noch quasi jede existierende Minderheit anzusprechen: als promiskuitive Frau, als Mestizin, Farbige, Behinderte, Malerin, Kommunistin usw. bietet sie eine breite Angriffsfläche und Identifikationsbasis.

Als „farbiges Band um eine Bombe“ habe André Breton, der Kopf der Pariser Surrealisten, die Kunst Frida Kahlos bezeichnet. Als „explosiv und exotisch“ können ihre Gemälde zweifelsohne durchgehen, bildet sie doch meist schonungslos ihre eigene Seelenlandschaft ab, wie es keine andere Malerin vor ihr je gemacht hatte. „Was mir das Wasser gab“ oder „Was ich im Wasser sah“ zeigt die Füße der Malerin am Badewannenrand und darin ein ganzes Sammelsurium von Gedanken und Erinnerungen, die die Biographin, Helga Prignitz-Poda, gekonnt zu interpretieren weiß. Das im Original immerhin 91 x 70,5 cm große Gemälde enthält eine ganze Menge von verschlüsselten Details, so etwa die verwundete und blutige große Zehe der Malerin, die in Wundbrand ausartete und später zur Amputation einiger Zehen führen sollte. Das an Leiden nicht gerade arme Leben der Frida Kahlo sollte auch durch einen Unfall schwer gezeichnet werden, der sie zeitlebens an einen Rollstuhl und eine hölzerne Corsage band. Im Wasser des erwähnten Bildes sind Parodia-Kakteen und Segelboote zu sehen, die ihre ganz eigene Bedeutung haben, wie die Biographin aufschlussreich erklärt. So bedeute etwa die Figur, die auf einer Insel mit einem Seil in der Hand liegt, „der Spinner“, denn hilo=Seil=el hilero, der Spinner. Über das Seil krabbeln und balancieren Spinnen und andere Insekten auf Fridas Gesicht zu, aber es findet sich auch ein Vogel, der Rotkopf-Tyrann, der seine Nebenbuhler töte und sein Revier bis zur Selbstaufgabe verteidige. Daneben auch ein Porträt von Fridas Eltern, zwei nackte Frauen auf einem Badefloß und das Empire State, das aus einem Vulkan wächst und das die Interpretin allerdings unerklärt lässt. Der Raum ist also offen für eigene Interpretationen an denen es sicher nicht mangeln wird, lässt doch auch die Malerin selbst viel Raum zur Spekulation.

Helga Prignitz-Poda erläutert in vorliegender Publikation viele Details zu Frida Kahlos Kindheit, ihrem tragischen Unfall und ihrer Ehe mit dem berühmten Maler Diego Rivera, den sie sogar zweimal (!) geheiratet hatte. Nach 1946 flüchtete sich Kahlo in Buddhismus und Stalinismus und Prignitz-Poda zeigt, dass das nicht unbedingt ein Widerspruch sein muss. Die biographische Erzählung ist zusätzlich mit vielen S/W-Fotos angereichert und mit vielen Quellen wissenschaftlich belegt und gründlich recherchiert. Frida Kahlo sei im Wesentlichen von ihren zwei älteren Schwestern erzogen worden und habe ein gestörtes Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt. Ihr voller Name lautete übrigens: Carmen Frieda Kahlo y Calderon, aber das sind nur einige der vielen Details, die man in der interessanten Einleitung lesen kann, bevor man zu den Farbtafeln kommt, die das Werk Frida Kahlos en Gros und en Detail zeigt.
In der vorliegenden Monographie sind 42 ausgewählte Meisterwerke in voller Größe vierfarbig reproduziert und zusätzlich in den interessantesten Details, d.h. mit vergrößerten Ausschnitten aus einzelnen Bildern, wiedergegeben. Die erklärenden Texte von Helga Prignitz-Poda sind aufschlussreich und ermöglichen es, Frida Kahlos Kunst nicht nur mit den Sinnen, sondern auch mit dem Intellekt zu begreifen. So entfaltet sich der volle Reichtum ihrer ungeheuer vielschichtigen Bildsprache auch dem Laien.

Helga Prignitz-Poda
Frida Kahlo
Die Malerin und ihr Werk

2010
Schirmer/Mosel
Broschierte Sonderausgabe im verkleinerten Format.
264 Seiten, 121 Farbtafeln, 54 Abb.
Format: 21 x 25 cm, broschiert
ISBN: 9783829604574
19,90.-

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-03-10)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


->  Stichwörter: Kunst · Frida Kahlo

-> Möchten Sie eine eigene Rezension veröffentlichen?

[ weitere Rezensionen : Übersicht ]

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.010599 sek.