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Wolfgang Salomon - Venedig abseits der Pfade: Eine etwas andere Reise durch die Lagunenstadt
Buchinformation

Das e-book, das auch als Buch zu kaufen ist, zeigt in kurzen Kapiteln, die jeweils von einem kleinen Stadtplan und Ausschnitt des besprochenen Terrains eingeleitet werden, die Lagunenstadt aus durchaus anderen Perspektiven. Eine der wohl ausgefallensten war wohl die von Donald Sutherland in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, als er für den Film vom Gerüst der Kirche „San Nicolo die Mendicoli“ fiel. Wie der Autor Wolfgang Salomon im ersten Kapitel die „Kirche der Bettler“ beschreibt, erwähnt er nämlich auch den dort gedrehten Film, bei dem alle Sicherheitsvorkehrungen versagt hätten, hätte sich Donald Sutherland nicht doch an dem vorbereiteten Seil festgehalten: die dünne unsichtbare Stahlschnur an seinem Rücken wäre nämlich gerissen, hätte er dies nicht getan. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte er dann seine Fäuste nicht mehr schwingen können, so wie es die venezianischen Bewohner jahrhundertelang auf der nahegelegenen „Ponte dei Pugni“ noch bis ins 18. Jahrhundert taten. Die Bewohner des Viertels um die erwähnte Kirche, die sog. „Nicolotti“, wie Salomon weiß, hätten sich nämlich gerne mit den Bewohnern des Nachbarviertels, dem Dorsoduro, auf der Brücke geprügelt. Damals hatte die Brücke natürlich noch kein Geländer und so vielen jene, die es nicht besser wussten, in den Kanal, was damals wohl nur ein halb so grausiges Spektakel war wie heute.
Die verloschene Pracht
Obwohl: seit ewigen Zeiten schon wurden die Abwässer in die Rii und Kanäle Venedigs geleitet, so wie es auch heute noch geschieht. Angesichts der heutigen 60.000 Venezianer vielleicht nicht gar so bedrohlich, damals aber waren es immerhin bis zu 150.000 Bewohner, denn die Stadt zählte aufgrund seines Handels zu den Hauptstädten der Welt. Aber das ist lange her, heute erinnert nichts mehr an die einstige Pracht, vielleicht noch die Kirchen und Museen, aber das sieht man von außen nicht. Wie mir einst ein Bewohner auf einer Vaporettofahrt am Canal Grande empört mitteilte, sollen die Österreicher damals die Stadt ausgeblutet haben und alles mitgenommen haben, aber der Fremde hatte wohl französische Vorfahren, denn eigentlich kam es ja zuerst durch Napoleon zu Plünderungen. Vor dem „neuen“ Zeitalter sollen noch goldene Vorhänge und Teppiche von den Palazzi am Canal Grande runtergehangen sein und die ganze Stadt in goldenes Licht getaucht gewesen sein. Nun, dieses goldene Licht gibt es auch heute noch, das erzählt nicht nur Wolfgang Salomon in einem der vielen weiteren Bücher über Venedig, denn Goethe war im Unrecht als er vor zweihundert Jahren meinte, es sei schon alles über die Stadt gesagt worden. Wolfgang Salomon widerspricht ihm und erzählt so manches Geheimnis, das sonst vielleicht verloren ginge.
Von einem „Kapitän ohne Schiff“
Wolfgang Salomon streift bei seinen Spaziergängen nicht nur kultige Buchhandlungen und chioschetti wo er natürlich zum Spritz verweilt, sondern macht auch Ausflüge in die Lagune, etwa auf San Lazzaro degli Armeni, eine Insel, die San Marco vorgelagert ist. Von dort stammt auch das Rezept der Rosenmarillenmarmelade, das er großzügig in seinem Buch preisgibt, weil er weiß, dass es ohnehin niemanden so gut gelingen wird, wie den Mönchen von San Lazzaro. Ein anderer Spaziergang Salomons führt nach Castello, in den Hintern Venedigs, denn Venedig ist ein Fisch und Castello eindeutig als Schwanzflosse zu identifizieren. Hier verirren sich nur zur Biennale Menschen, die die nationalen Paläste der Kunst suchen, ohne zu bemerken, dass das größte Kunstwerk von allen Venedig ist. Im Garten von San Pietro di Castelli lag einst so mancher Verliebte und hörte dem Sirenengesang seiner Geliebten, während im Inneren des ehemaligen Bischofssitzes der Thron des Patriarchen auf verdientere Gäste wartete. Einen weiteren Ausflug macht der Autor nach Murano und Lido, wo er sich ausführlich den Filmfestspielen widmet und die abwesende Restaurierung des Grand Hotel des Bains beklagt. Im benachbarten ebenfalls stillgelegten Militärhospital denkt er an die US-Serie „The Walking Dead“ und auch sonst sind seine Anspielungen von der populären Gegenwartskultur geprägt. Einer der Höhepunkte des Reiseführers ist zweifellos sein Besuch beim jüdischen Friedhof am Lido und seine Begegnung mit einem „Kapitän ohne Schiff“. Genau genommen sind es aber eigentlich sogar zwei.

Wolfgang Salomon
Abseits der Pfade. Eine etwas andere Reise durch die Lagunenstadt.
Reiseführer
ISBN/EAN:9783991001034
176 Seiten, € 12,99
Braumüller Verlag

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2014-08-07)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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