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Rezensionen  
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Zak Tucker - Poster Boy
Die Schaukämpfe in den USA zwischen religiösen Rechten und schwulen Aktivisten sind seit langem heftig und nehmen in europäischen Augen manchmal skurrile Züge an. Gereizt vom Bible Belt und seinen Umerziehungsanstalten, vergreift sich die Gegenseite an Leonardos Letztem Abendmahl und macht mit neuem Personal daraus ein Werbeplakat für eine Leder- und SM-Parade in San Francisco. Das muss dann die Miller Brewing Company, die gesponsert hat, mit Boykott ihres Gerstensaftes durch erregte Strenggläubige büßen. Kein größerer Wahlkampf mehr, in dem nicht die Rechte der Homosexuellen thematisiert werden.
Vor diesem politischen Hintergrund ist schon 2004 der Film „Poster Boy“ gedreht worden (Regie: Zak Tucker). Auch er bringt zwei Lager gegeneinander in Stellung. Da ist Senator Kray (Michael Lerner), ein machtbesessener Erzkonservativer, dem in Meinungsumfragen die Felle den Potomac hinunterschwimmen. An seiner Seite eine leidenschaftlich frustrierte Gattin (Karen Allen) und Sohn Henry (Matt Newton), von dessen verschlungenen Wegen zum Coming-out der Papa noch nichts ahnt. Henry besucht ein College in New York, lässt sich mit diesem und jenem ein, es spricht sich unter Studenten herum. Im Wahlkampf will der Senator ausgerechnet an diesem College um Stimmen werben. Henry wird von ihm zur Unterstützung zwangsverpflichtet: Er, der „Prinz Edward der religiösen Rechten“, soll auf dem Podium die „amerikanischen Familienwerte“ und den Senator als ihren erprobten Verteidiger und seinen väterlichen Mentor preisen.
Zur gleichen Zeit leben in Manhattan der schwule Anthony (Jack Noseworthy) und die HIV-kranke Izzy (Valerie Geffner) platonisch in einer Wohn- und Schicksalsgemeinschaft voller Katzbalgereien zusammen. Um sich von ihrem trüben Alltag abzulenken, besuchen sie am Vorabend von Senator Krays New Yorker Auftritt eine Sause am College des Sohnes. Anthony macht sich mit Erfolg an Henry heran, der inkognito bleibt, bis ein Machiavell von Aktivist Anthony am nächsten Morgen aufklärt. Ein teuflischer Plan reift heran …
Und dann geraten alle in ein Räderwerk aus politischen Zwecken und starken persönlichen Gefühlen. Wie da eins ins andere greift, gehört zu den Stärken des Films. Die Figuren sind weniger Handelnde als Getriebene und jede eine prachtvolle Studie, bis in die Nebenrollen hinein. Die verschiedenen Milieus werden so glaubwürdig vorgeführt, dass wir sie nur zu gern für authentisch halten. Den semidokumentarischen Stil unterstützt die Rahmenhandlung: Ein älterer Journalist (Steve Sheffler), im Auftreten dem Senator nicht unähnlich, interviewt Monate nach dem Skandal den Poster Boy, der nun keiner mehr ist, setzt ihn unter Druck und presst das Mögliche aus ihm heraus.
Zu den wenigen dramaturgischen Schwächen des Films gehört, wie Izzy an die Familie des Senators herangeführt wird. Doch ergeben sich gerade daraus einige der berührendsten Szenen. Sehen wir auch über die gelegentlich mangelhafte Bildqualität der Low-Budget-Produktion hinweg und schreiben wir ihr dafür gut, dass sie auf ein wohlfeiles Happy End verzichtet hat. Dabei gibt es in dieser Geschichte durchaus Gewinner, vor allem Henry. Frei von familiären Rücksichten, vergleicht er sich am Ende als echter Sohn seines Vaters mit dem einsam die Midtown überragenden Empire State Building.
[*] Diese Rezension schrieb: Arno Abendschön (2011-09-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.
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