Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Archiv klassischer Werke


 
Midas
Ovid
Bacchus wandelt' einmal zu den Weinhöh'n seines Tymolos,
Und den paktolischen Auen, wiewohl noch golden der Strom nicht
Flutete, noch nicht Neid mit köstlichem Sande hervorrief.
Seine gewöhnliche Schar, Bacchinnen und Satyre, folgt' ihm,
Nur ward Silenus vermißt: den taumelnden Alten im Weinrausch
Hatten phrygische Bauern gehascht, und in fesselnden Kränzen
Hin zum Könige Midas geführt: dem der Thrazier Orpheus
Nächtliche Feier gelehrt, mit des Cekrops Bürger Eumolpos.
Dieser, sobald er erkannt den Genossen der heiligen Innung,
Ehrte den kommenden Gast mit fröhlich gefeierten Schmäusen,
Zehn der Tage hindurch, und zehn mitfolgende Nächte.
Lucifer hatte bereits am elften Morgen den Heerzug
Schwebender Sterne verscheucht, als froh in die lydischen Felder
Midas ging, und Silenus dem blühenden Zöglinge darbot.
Ihm gab Bacchus die Wahl, die schmeichelte, aber nicht frommte,
Sich ein Geschenk zu ersehn, für den wiedergefundenen Pfleger.
Übel die Gab' anwendend, erwidert' er: Schaffe, daß alles,
Was mein Leib auch berührt, in funkelndes Gold sich verwandle!
Machtvoll winket dem Wunsch, ein Geschenk zum Schaden gewährend,
Bromius; doch er bedau'rt, daß ihm nichts Besseres einfiel.

Froh des Bösen enteilt der berecynthische Hochfürst,
Und das verheißene Wort versuchet er, alles berührend.
Kaum nun glaubt er sich selbst, da der niedrigstämmigen Eiche
Ein hellgrünendes Reis er entzog: und golden das Reis ward.
Rasch erhob er den Stein; auch der Stein erblaßte zu Golde.
Eine Scholle berührt' er; die Scholl' in der mächtigen Hand war
Flimmerndes Erz. Er raufte sich dorrende Ähren der Ceres;
Sieh, und er erntete Gold. Wenn er Obst vom Baume sich abpflückt,
Scheint es der Hesperiden Geschenk. Wenn den ragenden Pfosten
Kaum sein Finger genaht, gleich strahlt's von den Pfosten wie Feuer.
Selbst wann jener die Händ' in lauteren Fluten gewaschen,
Konnt' auch Danaë täuschen die Flut, von den Händen gerötet.
Kaum noch umfaßt sein Herz die Hoffnungen: golden erscheint ihm
Alles. Den Tisch nun ordnen dem Fröhlichen emsige Diener,
Voll mit leckerem Fleische gehäuft, und gebackener Feldfrucht.
Aber anjetzt, sobald er mit eigener Rechte der Ceres
Gabe gerührt, so erstarrte die heilige Gabe der Ceres;
Oder sobald er das Fleisch mit dem Zahn zu malmen gedachte,
Ward es zu gelblichem Blech, und klirrt' ihm unter den Zähnen.
Traubensaft von dem Schöpfer der Wohltat mischt' er mit Wasser;
Gleich schien flüssiges Gold ihm hinab in die Kehle zu gleiten.

Jetzt vom befremdenden Übel geschreckt, so reich und so elend,
Wünscht er dem Gut zu entfliehn, und das eben erflehete haßt er.
Was er gehäuft, nichts stillet den Hunger ihm, trockener Durst auch
Brennet den Gaum, und es quält das gehässige Gold nach Verdienst ihn.
Und nun hebt er die Händ' und glänzenden Arme gen Himmel:

Gnad', o Vater Lenäus! Verzeih! Wir sündigten! ruft er:
Aber ich fleh' um Erbarmen: entreiß mich dem schimmernden Unglück!

Bacchus, der freundliche Gott, sobald er die Sünde bekennet,
Stellt ihn her, und löst das verliehene Ehrengeschenk auf.

Daß nicht Tünche dir bleibe des übel erfleheten Goldes,
Wandele, spricht er, zum Fluß ohnweit der mächtigen Sardes;
Über des Bergs Anhöhn der rollenden Welle begegnend.
Flügle den Weg, bis oben des Stroms Urquelle du findest.
Dann, wo der schaumige Born mit Gewalt aufsprudelt, hinein dort
Tauche das Haupt, und spüle zugleich mit dem Leibe die Schuld ab.

Midas ersteigt die befohlene Flut; und die Kräfte des Goldes
Färben den Strom, und weichen vom menschlichen Leib' in die Wasser.
Jetzt annoch von dem Samen der schon hochaltrigen Ader
Starrt das Gefild', in den Glimmer der goldgefeuchteten Schollen.

Er nun haßte das Gut, und bewohnete Fluren und Wälder,
Dienend dem Pan, der immer in felsigen Grotten sich lagert.
Aber es blieb sein feister Verstand, und schädlich wie vormals,
Ward dem Besitzer von neuem das Herz voll törichten Sinnes.

Weit in das Meer vorschauend mit steil aufstrebender Felswand,
Starrt des Tmolos Gebirg', und in doppeltem Hange sich dehnend,
Grenzt es hier an Sardes, und dort an die kleine Hypäpa.
Als hier Pan sein tändelndes Lied holdseligen Nymphlein
Vorblies, messend den Ton auf wachsvereinigtem Rohre,
Wagt' er vor sich zu verachten den Hochgesang des Apollo:
Unter dem richtenden Tmolos begann der vermessene Wettkampf.
Sitzend auf eigenen Höhn urteilt der altende Berggott,
Frei sein Ohr von Gebüsch; die Eiche nur gürtet des Hauptes
Bläuliches Haar, und umwallt die gehöhleten Schläfen mit Eicheln.
Drauf zum Gotte des Viehes gewandt: Der Richtende, sprach er,
Säumet euch nicht! und sofort durchschmetterte jener das Feldrohr.
Voll von Entzückung vernahm der mit zuhörende Midas
Seinen barbarischen Hall. Nun wandte sein heiliges Antlitz
Tmolos gegen Apollo; dem Antlitz folgte sein Wald nach.
Jener, das goldene Haupt mit parnasischem Lorbeer umwunden,
Schleppt den langen Talar, von lyrischem Blute gesättigt;
Und sein blinkendes Spiel voll Elfenbeins und Gesteines
Hält in der Linken der Gott, und hält in der Rechten den Schlägel.
Stellung und Blick war würdig der Kunst. Mit kundigem Daum nun
Regt er der Saiten Getön. Von der wonnigen Süße bezaubert,
Heißt der Gott des Gebirgs nachstehn der Gitarre das Feldrohr.
Allen gefällt die Entscheidung des wohl urteilenden Tmolos.
Dennoch tadelt allein und nennt unbillig den Ausspruch,
Midas in lautem Geschwätz. Nicht duldet der Delier Phöbus,
Daß noch Menschengestalt die törichten Ohren behalten;
Sondern er reckt' sie in Läng', und hüllt sie in greuliche Zotten;
Unstet schafft er das untre Gelenk, und von leichter Bewegung.
Übrigens Mensch, wird jener am einzigen Teile verdammet,
Und mit den Ohren begabt des langsam schreitenden Esleins.

Zwar verhehlt er die Schläfen, von kränkendem Schimpfe belastet,
Dicht sie umher einhüllend mit purpurstrahlendem Turban.
Aber ein Dienstgenoß, dem das lange Haar zu beschneiden
Oblag, hatt' es gesehn. Der wagete weder der Unzier
Kühnen Verrat, wie sehr auch das Herz sich zu lüften begehrte;
Noch vermocht' er die Schau zu verheimlichen. Weg nun gewendet,
Gräbt er die Erd', und wie seltsam die Ohren des Herrn er geschauet,
Meldet er leis', und vertraut dem gehöhleten Grund ein Geflüster.
Wiederum mit der Erde der Stimm' Anzeige verscharrend,
Geht er hinweg stillschweigend, und läßt die verschüttete Grube.
Aber ein drängender Hain von zitternden Halmen des Rohres
Steiget empor; und sobald im vollendeten Jahr er gereifet,
Klagt er den Ackerer an: denn jedes verscharrete Wörtchen
Zischelt er, rege vom Süd, des Königes Ohren verkündend.



versalia.de empfiehlt folgendes Buch:
Ovid - Metamorphosen



Hinweis: Sollte der obenstehende Text wider unseres Wissens nicht frei von Urheberrechten sein, bitten wir Sie, uns umgehend darüber zu informieren. Wir werden ihn dann unverzüglich entfernen.

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.008395 sek.