Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 



Save Ukraine!
Save Ukraine!


Love all Animals

Literaturforum: Schwellenzeit und Umbruch


Aktuelle Zeit: 29.03.2024 - 09:21:15
Hallo Gast, Sie sind nicht eingeloggt!
Suche | Mitglieder | Neu | Statistik

Heute ist der 129. Geburtstag von Ernst Jünger.

Forum > Politik & Gesellschaft > Schwellenzeit und Umbruch
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
 Autor
 Thema: Schwellenzeit und Umbruch
Kenon
Mitglied

1481 Forenbeiträge
seit dem 02.07.2001

Das ist Kenon

Profil Homepage von Kenon besuchen      
Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 16.06.2006 um 11:08 Uhr

Befinden wir uns in einer Schwellenzeit, einer Zeit sich verschärfender sozialer Widersprüche und des immer energischeren Suchens nach lebenswerten Alternativen? Ist Hartz IV die Wiederauflage der Armentaxe, um eben diese Widersprüche notdürftig zu besänftigen, um das unvermeidliche, den Systemzusammenbruch, aufzuschieben?

Hegel hat das Keimen revolutionärer Samen anhand des Erfolges der Jesus-Sekte in einer seiner frühen Schriften analysiert:

Zitat:

"Wenn der Geist aus einer Verfassung, aus den Gesetzen gewichen ist, und jener durch seine Veränderung zu diesen nicht mehr stimmt, so entsteht ein Suchen, ein Streben nach etwas anderem, das bald von jedem in etwas anderem gefunden wird, wodurch denn eine Mannigfaltigkeit der Bildungen, der Lebensweisen, der Ansprüche, der Bedürfnisse hervorgeht, die, wenn sie nach und nach soweit divergieren, daß sie nimmer nebeneinander bestehen können, endlich einen Ausbruch bewirken, und einer neuen allgemeinen Form, einem neuen Bande der Menschen ihr Dasein geben; je loser dieses Band ist, je mehr es unvereinigt läßt, dest mehr Samen zu neuen Ungleichheiten und künftigen Explosionen liegt darin." - G.W.F. Hegel

Quelle: Georg Lukács: Der junge Hegel. Über die Beziehungen von Dialektik und Ökonomie. Stuttgart 1973, S. 327.

Nachricht senden Zitat
LX.C
Mitglied

1770 Forenbeiträge
seit dem 07.01.2005

Das ist LX.C

Profil Homepage von LX.C besuchen      
1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 16.06.2006 um 14:25 Uhr

Diese Nachricht wurde von LX.C um 14:35:57 am 16.06.2006 editiert

Wir haben ein soziales Ungleichgewicht. Natürlich. Doch verglichen mit anderen Ländern geht es uns gut und ich persönlich wüsste nicht, wenn ich mich auf dieser Welt so umschaue, worin eine Alternative bestehen sollte. Daher gibt es auch nichts aufzuschieben, ein Systemzusammenbruch vorherzusagen ist pathetische revolutionäre Reverie. Vielleicht muss sich das System wandeln, sicher, das System wird sich wandeln, die Zeit steht nicht still. Und mit dem Blick darauf, dass auf dieser Welt alles irgendwann ein Ende hat, vielleicht in unabsehbarer Zeit auch dieses System, aber aus Gründen, die wir heute noch gar nicht erahnen können. Die Alternative besteht höchstens in jedem selbst, einen Gang runter zu fahren, sich vom Materialismus abzuwenden und zu lernen, mit geringeren Mitteln und anderen Werten zufrieden zu sein, als denen, die der Kapitalismus suggeriert. Nun wird man sagen, ja wäre das nicht schon das Ende des Systems. Theoretisch. Praktisch jedoch nicht, da die Masse niemals in diese Richtung zu bewegen sein wird. Zudem würde diese Alternative denen, die sie leben, auch keine Freude mehr bereiten, nach Untergang des Systems, da sie keine Alternative mehr wäre, sie würde aus Zwang und Mangel bestehen und nicht mehr auf freiwilliger Basis. Siehe Mangelwirtschaft.


.
Nachricht senden Zitat
Kenon
Mitglied

1481 Forenbeiträge
seit dem 02.07.2001

Das ist Kenon

Profil Homepage von Kenon besuchen      
2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 16.06.2006 um 16:40 Uhr

Zitat:

Doch verglichen mit anderen Ländern geht es uns gut

Das ist richtig, doch macht man als Einzelner vorrangig die Verhältnisse des Landes, in dem man lebt und sich entfalten möchte, zum Maßstab, und eben diese Entfaltungsmöglichkeiten verlieren für immer größer werdende Bevölkerungsschichten dramatisch an Umfang, während der Reichtum objektiv weiter wächst. Was hat denn ein Mittzwanziger, der irgendwann nach der Hauptschule eine Lehre absolvierte und seitdem noch nie einen Arbeitsplatz besetzen durfte, überhaupt für Perspektiven in seinem Leben? Er kann sich mit seinen Alters- und Leidensgenossen zusammenschließen, um sich mit ihnen der bürokratischen Tyrannei und dem Alkoholismus zu ergeben. Dieser Alkoholismus ist vom staatlichen Notbrot, das momentan Stück um Stück verkleinert wird, gerade noch zu finanzieren. Die Lage besonders in östlichen Provinzen ist fatal: Die Intelligenz und die junge weibliche Bevölkerung wandern ab, zurück bleiben die Alten und die jungen Verlierer - aber auch in den Städten, selbst Metropolen wächst die Steinhäuser-Generation heran. Die Botschaft des von der Wirtschaft als Zweck an sich selbst total ausgehöhlten Staates an Menschen wie den eben geschilderten Mittzwanziger ist sehr klar und wird von vielen seiner Vertreter, die auch nur Leistungsempfänger ("Schmarotzer") ebendesselben sind, immer unverhohlener ausgesprochen. Sie lautet: Du bist überflüssig. Dass die Lage auch unter jungen Akademikern extrem schwierig geworden ist, wurde hier schon oft angesprochen; deswegen erspare ich mir weitere Ausführungen dazu.

Zitat:

Daher gibt es auch nichts aufzuschieben, ein Systemzusammenbruch vorherzusagen ist pathetische revolutionäre Reverie.

Wie ein Freund treffend bemerkte: Streiche das staatliche Notbrot und der Zusammenbruch wird sich innerhalb kürzester Zeit einstellen (schon im antiken Griechenland sind solcherlei Bewegungen allgemeiner Unzufriedenheit aufgetreten; für uns Heutige bleibt zu hoffen und zu tun, dass sie nicht in eine neue Tyrannis münden). Mit phrasenhaftem revolutionären Pathos hat diese Einsicht wenig zu tun, vielmehr verdeutlicht sie, wie weit die Politik, die bewusste Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens, hinter den ökonomischen Entwicklungen der letzten Dekaden zurückgeblieben ist. Genau das nenne ich Aufschieben; die Geschichte aber hat gezeigt, dass sie noch jeden eingeholt.

Zitat:

wenn ich mich auf dieser Welt so umschaue, worin eine Alternative bestehen sollte.

Es gibt die Möglichkeit, neues, den Bedürfnissen der Bevölkerung gemäßes, auch in Rücksicht auf anderen Bevölkerungen gegenüber verantwortbares, zu schaffen. Wir müssen uns nicht wie Xerox-Maschinen verhalten, und auch die Zukunft gibt nur eine denkbar schlechte Kopiervorlage ab.


***


Kleine Nachdenk-Anregung für das Wochenende:
In absehbarer Zeit wird es aufgrund der fortschreitenden Automatisierung (sicherlich zuerst in den Supermärkten) keine Kassierer mehr geben. Man stelle sich vor:

a) wieviele Arbeitsplätze so eingespart werden können
b) was mit den Kassierern passieren soll. Haben sie ein Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum, ein Recht auf Leben?

Nachricht senden Zitat
bodhi
Mitglied

741 Forenbeiträge
seit dem 08.12.2004

Das ist bodhi

Profil      
3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 16.06.2006 um 20:43 Uhr

Zitat:

Kleine Nachdenk-Anregung für das Wochenende:

Man verzeihe mir meinen naiven Einwurf, aber das muss mal wieder sein: Dass wir doofen Menschen auf diesem winzigen Erdball es aber auch nicht hinkriegen, dass jeder Arbeit und genug zu essen hat.

Wir sind kollektiv unfähig.

Nachricht senden Zitat
LX.C
Mitglied

1770 Forenbeiträge
seit dem 07.01.2005

Das ist LX.C

Profil Homepage von LX.C besuchen      
4. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 17.06.2006 um 00:38 Uhr

[Quote]und eben diese Entfaltungsmöglichkeiten verlieren für immer größer werdende Bevölkerungsschichten dramatisch an Umfang[/Quote]

Entfaltungsmöglichkeiten bestehen, ich habe viel mehr den Eindruck, sie werden von großen teilen der Jugend gar nicht genutzt. Der Hauptschüler verprügeln lieber seinen Lehrer, anstatt auf eine bessere Zukunft für sich selbst hinzuarbeiten. Der Azubi ist sich zu fein, mal nen Staubsauger in die Hand zu nehmen und kündigt lieber seine Stelle. Hinterher, wenn lange alles zu spät ist, kommen sie natürlich an und schimpfen auf die Gesellschaft und den Staat. Doch hinterfragen diese Menschen sich selbst auch mal, ob sie ausreichend an sich gearbeitet haben? Der Kern des Problems liegt paradoxerweise sogar vielleicht gerade darin, dass es zu viel Wohlstand gibt, dass dieser "Wohlstand" suggeriert, alles ist leicht zu haben und nichts muss mehr Mühe kosten.

[Quote]Die Lage besonders in östlichen Provinzen ist fatal: Die Intelligenz und die junge weibliche Bevölkerung wandern ab, zurückbleiben die Alten und die jungen Verlierer[/Quote]

Ich war vor ein paar Wochen in der Provinz, diese verallgemeinerte Zeitungsfloskel ist mir sehr bekannt, und daher war meine Überraschung außerordentlich groß, dass ich in dieser Provinzstadt, die nicht mal eine Universität besitzt, an einem Regentag mehr junge weibliche Wesen gesehen habe als hier in einer Randstadt von Berlin in einem ganzen Sommermonat. Sicherlich mag die Auswanderungsthematik zu großen Teilen stimmen, das will ich gar nicht bestreiten. Nur muss man deswegen nicht schwarz sehen. Der Osten stirbt noch lange nicht aus und es gibt genauso Gegenden in den alten Bundesländer, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.

Und das "Notbrot" ist Teil unserer Sozialen Marktwirtschaft, würde man es streichen, würde das System selbstverständlich zusammenbrechen. Das ist ja ein Teil des Systems und macht es mit aus. Wenn ich behaupte, ein Buch ist kein Buch mehr, wenn alle Seiten rausgerissen sind, dann wird man mir auch schwerlich widersprechen wollen.

Natürlich hast du nicht unrecht, mit dem, was du schreibst, aber die Realität liegt eben wie so oft irgendwo dazwischen.

Schlechtreden kann man immer alles. Zeig doch mal Alternativen auf. Wie wäre es z.B. mit dem Bürgergeld. Find ich ne klasse Sache :-)


.
Nachricht senden Zitat
hwg
Mitglied

71 Forenbeiträge
seit dem 19.02.2006

Das ist hwg

Profil      
5. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.06.2006 um 10:01 Uhr

Diese Nachricht wurde von hwg um 10:04:50 am 18.06.2006 editiert

Unbezweifelbar geht es den Menschen, abgesehen von den Machthabern, in anderen Erdteilen viel schlechter als uns
EU-Bürgern. Auch ich bin fürs Teilen statt fürs Verschwenden jener Reichtümer, worüber die Statthalter überall verfügen.
Doch ist es eine Alternative, wenn es immer mehr Leuten in den EU-Staaten immer schlechter geht und gehen wird? Überall dort,
wo konservative und rechtslastige politische
Kräfte die Macht ausüben, wird das Kapital
gestärkt - der einfache Bürger soll bleiben, wo er ist. Hauptsache man kann diesem weiterhin einreden: Es geht uns ja (noch) soooo gut! Das Plappern der Satten hilft nicht weiter - ein sozialer "Umsturz" wird nicht ausbleiben. Anzeichen sind nicht zu übersehen.

E-Mail Nachricht senden Zitat
LX.C
Mitglied

1770 Forenbeiträge
seit dem 07.01.2005

Das ist LX.C

Profil Homepage von LX.C besuchen      
6. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.05.2007 um 22:31 Uhr

[Quote]Einkommen als Menschenrecht
Die letzte große Vision?

Das bedingungslose Grundeinkommen - Traum oder Albtraum? Wie kann es finanziert werden? Und ist es wirklich gerecht? Wie wirkt es sich auf den Einzelnen aus? Diese und andere Fragen werden die Diskutanten im nachtstudio versuchen zu beantworten.

http://www.nachtstudio.zdf.de/
[/Quote]

Heute (in der Nacht zu Montag): 0:30 Uhr, ZDF.


.
Nachricht senden Zitat
hwg
Mitglied

71 Forenbeiträge
seit dem 19.02.2006

Das ist hwg

Profil      
7. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 22.05.2007 um 08:07 Uhr

Bereits in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben Mitglieder des "Club of Rom" nachvollziehbare Berechnungen für ein Grundeinkommen angestellt und Möglichkeiten der Finanzierung empfohlen.

Als Betrag wurden damals 7000 Schilling = 1000 DM pro Monat vorgeschlagen. Bei Wegfall aller bestehenden Steuerbegünstigungen und Sonderzahlungen (Notstands- oder Arbeitslosengeld und dergleichen) wäre die Finanzierung steueraufkommensneutral möglich gewesen, erklärte der "Weisenrat".

Logischerweise waren die Wohlhabenden, alle Steuerschlupflöcher Ausnützenden und
wohlbetuchten Politiker der "rechten" und konservativen Liga schon damals strikt dagegen.

Wie es scheint, halten diese Nutznießer des Systems ihren Widerstand nach wie vor aufrecht - und diese Geldeinsackler werden auch immer wieder durch Wahlergebnisse bestätigt. Leider.

E-Mail Nachricht senden Zitat
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
Forum > Politik & Gesellschaft > Schwellenzeit und Umbruch



Sie möchten hier mitdiskutieren? Dann registrieren Sie sich bitte.




Buch-Rezensionen:
Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.049157 sek.