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Literaturforum: Bürgermeister werden ist nicht schwer - oder doch?


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Forum > Politik & Gesellschaft > Bürgermeister werden ist nicht schwer - oder doch?
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 Thema: Bürgermeister werden ist nicht schwer - oder doch?
ArnoAbendschoen
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 18.11.2016 um 12:30 Uhr

Im Berliner Stadtbezirk Lichtenberg fand gerade ein kleines, aufschlussreiches Medien- und Politspektakel statt. Evrim Sommer von der Linkspartei stellte sich am 17. November im Bezirksparlament der Wahl zum Bürgermeister. (Für Auswärtige: Das ist ein politisches Vollzeitamt, Lichtenberg hat ca. 280.000 Einwohner.) Die Wahl schien nach Absprache mit der SPD sicher. Doch zur Stunde, als die Abgeordneten dazu schreiten wollten, sendete das lokale öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Beitrag über Frau Sommer. Darin wird der Beweis zu führen versucht, dass die Kandidatin als Mitglied des Abgeordnetenhauses (von Gesamt-Berlin) ihren Lebenslauf geschönt habe. Sie soll sich seit 2015 als Bachelor of Arts bezeichnet, ohne jedoch diesen Abschluss vor dem 16.11.2016 bereits erreicht zu haben. Wie diese Differenz juristisch zu beurteilen ist, soll hier nicht Gegenstand sein. Es geht mir um etwas anderes – die Reaktionen der übrigen Beteiligten.

Die RBB-Abendschau hat also Wind von der Sache bekommen und wendet sich fünf Tage vor der Wahl an die Humboldt-Universität wegen genauer Auskünfte. Die Uni verweigert diese im Hinblick auf den Datenschutz. Der Sender beruft sich aufs Presserecht, geht vors Verwaltungsgericht und setzt sich durch. Am Morgen des Wahltages kommen die Unterlagen. Frau Sommer hat, welch ein Zufall, ihren BA genau einen Tag vorher erhalten. Die Blockade vor der Gerichtsentscheidung war zwischen Uni und ihr bis hin zur Wortwahl abgestimmt.

Die CDU in der Bezirksverordnetenversammlung beantragt Verschiebung der Bürgermeisterwahl bis zu näherer Aufklärung und unterliegt. Und dann der erste Wahlgang: Frau Sommer fällt überraschend deutlich durch. Eine RBB-Reporterin führt gleich danach Interviews im Rathaus. Die Fraktionssprecherinnen von SPD und Grünen bekunden anhaltende Unterstützung für die Kandidatin – die im zweiten Wahlgang mit noch einer Stimme weniger als zuvor scheitert. Sie verlässt das Rathaus, die Wahl wird nun doch verschoben. Die SPD-Frontfrau sagt der Reporterin voller Mitgefühl ins Mikrofon, sie wünsche keinem, in eine Lage wie Frau Sommer jetzt zu geraten.

Die liberale Hauptstadtpresse greift den Fall rasch auf und verrät eine Tendenz zum Beschönigen. Der „Tagesspiegel“ spricht von „vermeintlichen Ungereimtheiten in ihrer Biografie“. Nach Recherche dieser Zeitung stehe das fatale BA im Handbuch des Abgeordnetenhauses nur in Klammern. „Vermeintlich“ definiert google.de so: „so, dass etwas irrtümlich als etwas anderes angesehen oder eingeschätzt wird, als es ist.“ Auf der Internetseite des Abgeordnetenhauses lautet der Eintrag wie folgt:

„2007 bis 2015 Studium der Geschichte und Geschlechterstudien (Gender Studies) an der Humboldt-Universität zu Berlin und Bachelor of Arts (BA)“.

Frau Sommer will damals nur gemeint haben, dass sie im Hinblick auf den BA studiere. Möge sich jeder selbst eine Meinung zum Ablauf bilden.

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Kenon
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1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 19.11.2016 um 00:45 Uhr

Ich habe von der Geschichte eher zufällig beim Zappen erfahren. Die Fakten werfen weder auf Frau Sommer noch die HU ein günstiges Licht. Die Glaubwürdigkeit von Frau Sommer ist stark beschädigt und der Zweifel, einmal in der Welt, lässt sich nur schwerlich bändigen: Was hat sie noch getan, was würde sie alles tun, um auf ihren politischen Wegen voranzukommen?

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ArnoAbendschoen
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2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 19.11.2016 um 01:31 Uhr

Ja, Kenon, vermutlich wird Frau Sommer nicht mehr Bürgermeisterin werden. Sie war ja von Anfang an in Lichtenberg nicht wirklich akzeptiert. Es hat wohl Heckenschützen aus der eigenen Fraktion gegeben. Nun wird aus dem Eklat um sie ein Fall HU. Die Abendschau hat heute die Uni gefragt, wann denn der Termin für die Verteidigung der Bachelor-Arbeit angeraumt worden sei, in der Tat eine entscheidende Frage. Die HU hat darauf die Auskunft verweigert und ihrerseits mit Klage gedroht, falls ihr Manipulationen unterstellt würden..

Interessant ist ein heutiger Bericht im "Neuen Deutschland". Danach war Sommer ein Protegé von Frau Lötzsch. Ein Kommentator ließ daraufhin das Stichwort "demokratischer Zentralismus" fallen. Ich frage mich, ob die HU so frei war (Freiheit von Lehre und Forschung!), sich in der Causa Sommer recht wendig auf die neue Berliner Koalition einzustellen. Wer glaubt denn wirklich an den Zufall, dass die BA-Verteidigung genau auf den Tag vor der Bürgermeisterwahl fällt, und nur vier Tage nachdem die Abendschau sich an die HU gewandt hat? Acht Jahre hat Sommer bis zum Bachelor gebraucht und am 16.11.16 kam sie ohne äußere Einwirkung ans Ziel?

Arno Abendschön

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ArnoAbendschoen
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3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 21.11.2016 um 17:00 Uhr

Nachtrag am 21.11.16: Frau Sommer hat heute auf einen weiteren Wahlgang verzichtet und ihre Kandidatur zurückgezogen. Ebenso hat sie den Parteivorsitz im Bezirk niedergelegt. In den vergangenen Tagen war die Presse ihr gegenüber zunehmend kritischer geworden. So titelte die linksliberale "Berliner Zeitung" schon am 18.11.: "Evrim Sommer - Ihre lächerliche Schummelei richtet maximalen Schaden an".

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ArnoAbendschoen
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4. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 17.12.2016 um 23:27 Uhr

Noch ein Nachtrag: Die Bürgermeisterfrage ist gelöst, ein Herr Grunst (bitte nicht Gunst oder Grunzt!) wurde gewählt. Von Frau Sommer keine Rede mehr.

Nun wendet man sich in Lichtenberg sogleich anderen dringenden Themen zu, zuerst der zu genderisierenden Sprache. Die Bezirksverordnetenversammlung soll auf Wunsch der Mehrheitsparteien ihre Geschäftsordnung dahingehend ändern, dass durchgehend für alle vorkommenden Fälle (Anträge, Beschlüsse, Schriftstücke usw.) zwingend sowohl die männliche wie die weibliche Form vorgeschrieben ist.

Der Artikel darüber im "Tagesspiegel" wird online schon fleißig und meistens ironisch kommentiert. Einige kamen bald darauf, dass es dann auch nicht mehr beim "Bürgermeister" bleiben darf. In Zukunft also bitte: Bürger*innenmeister*in! Jedenfalls hat Herr Grunst bereits seine Sympathien für die allgemeine Sprachreform kundgetan. Und er will noch einen Schritt weitergehen und regt eine Quotenregelung nach Geschlechtern für die Redner*innenliste an.

Seltsames Lichtenberg. Wer den immer noch etwas verschnarchten Berliner Ostbezirk näher kennt, reibt sich die Augen. Da tut sich gerade eine Kluft auf zwischen der politischen Klasse und denen da unten.

Arno Abendschön

PS: Hoffentlich kommt unser*e Netzmeister*in nicht auf ähnliche Gedanken. Ich würde mir dann evtl. einen Zweitnick zulegen müssen: Anke Morgentau oder so ähnlich.

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