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Literaturforum: Gegenplan


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 Thema: Gegenplan
tekkx
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 19.01.2005 um 13:25 Uhr

Ich sehe von meinen Gardinen zur Heizung, wie damals, im Schulunterricht - von Ecke zu Ecke. Wenn mich das Gerede des Lehrers anödete, wenn wieder nur Fragen beantwortet wurden, wenn wieder nur erklärt aber nichts erfahren wurde. Oder in der S-Bahn, wenn der Blick nach draußen von Mitmenschen-Imitationen blockiert war. Seit damals habe ich diese Angewohnheit, im Geiste Linien zu ziehen, in diesen unseren künstlichen Räumen. Das gelingt mir im Wald nicht. Ich bemerke wieder, wie kubistisch doch die menschliche Architektur ist. Meine Blicke ziehen Linien von Ecke zu Ecke nach sich. Von den Gardinenaufhängern zur Drehvorrichtung der Heizung für die Temperatur-Regelung. Von dort zur Ecke in der Decke, von dort zur anderen Gardinenaufhängung. Die Linien bleiben, sie sind lichtdurchlässig, scheinen einen Blick nach außen preiszugeben. Unabhängig davon, welches Material und welchen Körper sie durchlaufen, scheinen sie den Raum aufzuspalten.
Es erinnert an Gesteinsrisse, durch die man die Lava sehen kann, mit einem Lichtschein, vom Inneren der Risse ausgehend. Sie reiben sie aneinander, entfernen sich und schließen sich wieder, wie bei einer Atmung. Schließlich fallen sie endgültig auseinander. Ein durchtrennter Teil des Fensters mit dem ewig kaputten Rolladen - es strebt weg, von seinem symmetrischen Gegenstück; ein sechseckiges Loch bleibt in der Wand vor mir zurück. Draußen steht ein Nachbar, der seinen Müll entsorgen möchte. Der Müll fällt zu Boden, mit ihm die Hand und Teil des Torsos. Der Nachbar zerfällt mit einem Teil eines C-Klasse Mercedes, dahinter bricht in den leuchtenden Linien der Asphalt, ebenso wie ein ganzes Haus. Es gibt bei diesem Zerfall keine perspektivische Korrektur. Verschont bleiben die Pflanzen, ein Vogel fliegt durch die Szenerie, hinter ihm bricht die komplette Wohnsiedlung aus den späten 80ern zusammen. Um mich herum kann ich in den Wänden der Häuser und Hüllen der Autos ähnliche Vorgänge beobachten, ich war nie der Einzige. Erst wenn alles zusammengebrochen ist, wird mein Geist nicht mehr von Kanten und Ecken begrenzt und abgelenkt werden, so dass er Linien wird ziehen müssen, von einem zum anderen.

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