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-- Prosa
--- Das mögen sie nicht

augedesbetracht - 14.07.2006 um 18:24 Uhr

Das mögen sie nicht

Der Dreck in diesem Raum, dachte er, sind nicht die feinen Staubpartikel, die in den gesiebten Sonnenstrahlen tänzeln, auch sind es nicht die kaum näher definierbaren Flecken auf dem Boden und an den Wänden. Die Leute sind es... Nicht wegen ihrer Verbrechen. Wahrscheinlich waren eben jene Taten die einzigen Ausnahmen in ihren jämmerlichen Leben, wegen derer ihnen noch ein letzter Hauch an Würde und Respekt zustünde. Nein, dachte er, so nicht. Ich nicht. Ich werde nicht vergessen wer ich bin. Ganz gleich wie sie es auch anstellen wollen, mich brechen sie nicht.

Die Stille wurde durch herannahende Schritte unterbrochen, die vor der Zellentür Halt machten. Beim Aufsperren machte die Tür ein lautes Geräusch, auf das keiner bis auf ihn reagierte. Drei maskierte Männer in Tarnanzügen, von denen zwei einen weiteren in ziviler Kleidung aufrecht hielten. Seine Beine waren schlapp und hingen willenlos aus seinem Becken über den Boden herab. Auf einen stummen Befehl vom Schlüsselträger wurde er von seinen Trägern in die Zelle geworfen, die Tür hinter ihm abgesperrt und wieder das dumpfe Hallen der Schritte, die diesmal jedoch immer leiser wurden, bis sie ganz verstummten. Der neue blieb regungslos dort liegen, wo sie ihn hingeworfen haben und alle taten es ihm nach. Keiner unternahm irgendwas. Sie alle starrten ihren Lieblingspunkt an, waren ganz nah und doch so weit weg.

Unmöglich, brüllte es in seinem Kopf, als er aufstand, sich dem regungslosen Körper näherte, ihn umdrehte und vor ekel beinahe erbrach. Diese Schweine! Wie konnten sie nur? Nur ein leises röcheln verriet, dass in dem schlaffen Körper noch ein wenig Leben versteckt war. Das entstellte Gesicht hätte nicht einmal die eigene Mutter erkennen können. Haare klebten im Blut, das sich über das deformierte Gesicht wie ein Schleier legte, der schon bald die Aufmerksamkeit sämtlicher Fliegen im Umkreis auf sich zog. Vorsichtig zog er ihm die Strähnen aus dem Gesicht, um zu verhindern, dass sie dort festklebten. Es gab kein Wasser also knöpfte er sich hastig das Hemd auf und wedelte damit über das Gesicht, was die Fliegen erfolgreich daran hinderte, sich ein Vorteil aus der Hilflosigkeit des jungen Unbekannten zu verschaffen. Die anderen Insassen rührten sich nicht. Nur einer spuckte auf den Boden vor sich und wechselte die Blickrichtung zum hellblau erleuchteten Himmel hinter dem Gitter. Ein kleiner bunter Vogel landete kurz auf dem Sims, hüpfte piepsend ein paar mal hin und her und flog wieder weg.

Nach einer Weile war das Blut trocken geworden, sodass ein Großteil der Fliegen das Interesse an dieser Zelle verlor und wieder davon flog. Er hörte auf zu wedeln und schaute auf das Gesicht, dessen ehemals roter Schleier eine dunkel braune und teils schwarze Kruste geworden ist. Schweiß perllte von seiner Stirn ab und sein Puls ging etwas schneller doch außer Atem war er nicht.

„Du bist der nächste“, sagte einer als es dunkel geworden war. Es war der Mann, der den kleinen bunten Vogel sah.
„Wie kommst du darauf?“
„Hast du ihnen in die Augen geschaut, als sie da waren?“
„Ja, und?“
„Das mögen sie nicht.“




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