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-- Literaturgeschichte & -theorie
--- Paul Leppin

LX.C - 10.04.2007 um 16:28 Uhr

Leppin, ein Dichter, der unwesentlich früher geboren als Franz Kafka sein Lebtag ebenso wie dieser in der malerischen Stadt Prag verbrachte und es doch nie zu Kafkas Bekanntheitsgrad schaffte. Nicht, weil er sein Handwerk nicht verstand, er zeichnet sich in seiner Lyrik wie auch in seiner Prosa von einer außerordentlich melodisch dichterischen Sprache aus. Vermutlich fehlte ihm einfach das Neue, das Psychologische und Surrealistische, das Kafka weltberühmt machte.
Geboren wurde Paul Leppin am 27. November 1878 in Prag. Nach dem Gymnasium trat der zweite Sohn eines Uhrmachers und einer Erzieherin in den staatlichen Postdienst ein, dem er bis zu seiner Pensionierung, zuletzt als Rechnungsobersekretär, treu bleiben musste.
Bereits mit 23 Jahren veröffentlichte er sein erstes Buch „Türen des Lebens“ (1901). Weitere Werke folgten, die oftmals Liebesbekundungen und mit zunehmenden Jahren wach haltende Gesänge auf das Alt-Prag waren, unter anderem die Romane „Severins Gang in die Finsternis“ (1914), „Blaugast“ (1934) oder das Prosabändchen „Frühling um 1900“ (1936).
Trotz aller Liebesbekundungen zu seiner Heimatstadt blieb er, insbesondere in jungen Jahren, nicht kritiklos. Leppin war seinerzeit als Bürgerschreck verschrien, da er sich des Tabubruchs bis zur Laszivität bemittelte, um konventionelle Haltungen aufzubrechen. Belege hierfür sind der Roman „Daniel Jesus“ (1905) und die Essaysammlung „Venus auf Abwegen“ (1920). Die gesellschaftskritische literarische Strömung „Frühlingsgeneration“, der Leppin seit Ende des 19. Jahrhunderts angehörte und für die er unter anderem die Blätter „Frühling“ und „Wir“ herausgab, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einer neuen literarischen Generation um Kafka, Brod, Werfel und Kisch verdrängt.
1907 in den Hafen der Ehe eingefahren, begab er sich ohnehin in ruhigere Gefilde. Verdient machte er sich fortlaufend um die Vermittlung zwischen tschechischer und deutscher Literatur und erhielt 1938 hierfür den Schiller-Gedächtnispreis. Doch an einen ruhigen Lebensabend war nicht zu denken, mit der Übernahme Prags durch die Nationalsozialisten wurde Leppin 1939 inhaftiert, vermutlich augrund seiner zahlreichen jüdischen Kontakte.
Kurz nach seiner Freilassung fesselte ihn ein Schlaganfall, die Folge einer Syphiliserkrankung, an den Rollstuhl. Doch Leppin blieb tätig. Der Beistand einer guten Freundin und die Fürsorge seiner Frau Henriette ermöglichten ihm, 1944, kurz vor seinem Ableben, einen letzten autobiographischen Kurzroman „Monika. 13 Kapitel Liebe aus der Hölle“ zu beenden. Am 10. April 1945 starb Paul Leppin in Prag.

Weitere Werke:

Romane:
- Der Berg der Erlösung, 1908
- Hüter der Freude, 1918
Novellen:
- Das Paradies der andern, 1920
Dramen:
- Der blaue Zirkus, 1928
- Rhabarber, 1930
- Der Enkel des Golem, 1934
- Bunterbart sucht Gespenster, 1938
Gedichte:
- Glocken, die im Dunkeln rufen, 1903
- Die bunte Lampe, 1928
- Rede der Kindermörderin vor dem Weltgericht, 1928
- Prager Rhapsodie, 1938 (Bd. 1: Helldunkle Strophen. Gedichte, mit Vorwort v. Stefan Zweig; Bd. 2: Das Antlitz der Mutter.)
Sonstiges:
- Das Antlitz der Mutter, Erzählung 1937
- Auslese aus seinen Werken, 1946
- Der Enkel des Golem. Eine Alt-Prager Rhapsodie (Sammlung) 1984

Quellen:
http://www.ssi-media.com/leppin
Leppin, Paul: Prager Rhapsodie, Vitalis, Prag und Furth im Wald 2003.
http://www.geo.uni-bonn.de/cgi-bin/kafka?Rubrik=prager_deutsche_literatur&Punkt




Gast873 - 10.04.2007 um 16:41 Uhr

Doch, Paul Leppin hat was, eine klare und poetische Sprache, die voller Weisheit ist, die ihn unwiderstehlich gut und lesenswert macht.

Tolle literaturtheoretische Zusammenfassung LX.C.!

Gruß
Hyperion




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