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-- Literaturgeschichte & -theorie
--- Friedrich Schiller - Ästhetische Erziehung

storm - 23.07.2008 um 17:53 Uhr

Ich habe Schillers "über die ästhetische erziehung des menschen" vor kurzem gelesen und versuche auf Grund des selben zu erläutern warum sich Schiller von der Bürgerlichen Tragödie abwendet und die Jungfrau von Orleans schreibt, also sich den Themen Religion, Gott, Aberglaube u.ä. widmet

Jede Meinung willkommen.....




Der_Geist - 23.07.2008 um 18:01 Uhr

Ohne das Werk gelesen zu haben: Von der Bürgerlichen Tragödie kann man sich schon abwenden, besonders heutzutage, wo der Mittelstand globalisiert und ver.euro.t in den Eimer wandert. Warum? Weil es im Künstlerischen schöner, bunter ist. In Transzendenzwolken ist die Luft noch in Ordnung, da schnauft man durch, da ist ein Platz für Jedermann/-frau. Wer will schon tagein tagaus nur Tragödie? An die Tasten, an die Pinsel, an den Gips, transformieren wir den bourgeoisen Untergang energetisch aufgeladen wenigstens da hinein.

(Ich weiß, das war jetzt nicht Lektüre-bezogen, aber vielleicht bringt´s ja was als Einstieg ins Thema.)




LX.C - 23.07.2008 um 23:34 Uhr

[Quote]Ohne das Werk gelesen zu haben: Von der Bürgerlichen Tragödie kann man sich schon abwenden, besonders heutzutage[/Quote]

Ganz im Gegenteil. Ihre lange Tradition müsste gerade jetzt fortgeschrieben werden.




Der_Geist - 25.07.2008 um 21:31 Uhr

Zitat:

[Quote]Ohne das Werk gelesen zu haben: Von der Bürgerlichen Tragödie kann man sich schon abwenden, besonders heutzutage[/Quote]

Ganz im Gegenteil. Ihre lange Tradition müsste gerade jetzt fortgeschrieben werden.

Wie auch immer: egal, welche "Schichten" man (sich) mental konstruiert oder welche einem manipulatorisch suggeriert werden, Ziel bleibt: Genug zu essen und zu trinken für alle (weltweit). Dann könnte man auch die Seitenumbrüche der Tabellenkalkulation getrost vergessen. Aber das war jetzt natürlich schon wieder keine Antwort auf die Ausgangsfrage. Oder vielleicht doch?

Mit basalen Grüßen
der kühle Abend (endlich)




storm - 14.08.2008 um 13:09 Uhr

na ja eigentlich sind wir etwas vom Thema weg aber jede gesunde Diskussion ist erwünscht....
und wenn es um das Ausgangsthema geht..
es geht ja nicht um die Zeit, ob heute oder gestern, es geht um Schiller und seine Gründe sich mit geschichtsdramen zu beschäftigen.....

und bis bald




LX.C - 05.11.2008 um 16:52 Uhr

Ich versuche mal einen Ansatz zu liefern, da das Thema gerade meinen Weg kreuzte.
Das Bürgerliche Trauerspiel kann man in drei diachrone Stufen unterteilen, die sich inhaltlich (nicht fachgerecht, persönliche Eselsbrücke) reduzieren lassen auf: Bürgertum gegen Adel, Bürgertum gegen Bürgertum, Arbeiter gegen Bürgertum.
Mit Schillers Kabale und Liebe 1783 nahm die erste Stufe das Bürgerliche Trauerspiel (begründet durch Lessing, ausgereift in „Emilia Galotti“ 1772, Beginn aber schon in den 50er Jahren), als soziales Drama im Sturm und Drang seinen Höhepunk und stieß andererseits langsam an die Grenzen des Interesses.
Wie du siehst ist eine relativ lange Zeitspanne dazwischen, in der sich, in der so genannten Sattelzeit von Früher Neuzeit zu Neuzeit, von Vormoderne zur Moderne, viel bewegte und sich die literarische Moden änderten.
1785 verzeichnen wir schon das Ende des Sturm und Drangs, was an sich keine feste Stil-Epoche war, sondern in jener Übergangszeit mit Auflösung der Normpoetik vielseitig neue Wege suchte und versuchte zu gehen. Schiller und Goethe wendeten sich wieder festeren Formen zu, der (Weimarer) Klassik, als Gegenposition zur Romantik. In diese Strömung besann man sich stilistisch zurück auf normativere, gebundene Versformen und widmete sich inhaltlich Grundfragen des Daseins um Menschsein und Menschenwürde, Seelengröße gemessen an in innerer und äußerer Freiheit (bezieht sich vor allem auf die Weimarer Klassik) - und weniger den Ständeklauseln und -querelen. Das hatte also Schillers Richtungswechsel zur Folge und beschwor sein Ideendrama „Die Jungfrau von Orleans“ herauf. Ein historischer Stoff wird verwendet, um oben angesprochene Fragen zur Disposition zu stellen.




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