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Literaturforum: Schreiben für die Nachwelt


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Forum > Literaturgeschichte & -theorie > Schreiben für die Nachwelt
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 Thema: Schreiben für die Nachwelt
Persephone
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30. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 15:50 Uhr

sicherlich ist man autonomer, wenn man nur für sich, die idee, oder wasweißich schreibt, jedenfals nicht ür den leser, bzw. nicht im gedanken an den leser. aber direkt ein moralisch-zeigefingerhebendes "sollte" daraus zu machen, gefällt mir nicht ganz. "sollte" man in dem sinne aufhören zu schreiben, wenn man merkt, dass man dies aus einer "falschen" motivation heraus tut?
und wenn ich mit meinem bild mit menschen kommunizieren möchte, muss ich es doch so malen, dass es sie anspricht. und wenn ich das nicht möchte, müssten sie es doch gar nicht zu gesicht bekommen.
(und wenn mal nicht alles so klappt wie man es gerne hätte, kann man sich ja immer noch als tragische figur gefallen oder auf die nachwelt hoffen oder beides ;))

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Taxine
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31. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 15:56 Uhr

Diese Nachricht wurde von Taxine um 16:21:31 am 03.10.2007 editiert

Ja, das "sollte" wird selbstverständlich sofort zurückgenommen. :-)
Jeder wird da seinen eigenen Antrieb haben. Die "falsche" Motivation gibt es ja nicht.

Ich meinte, wenn ich mich durch ein "Nachwirken" motivieren würde, dann würde ich schneller in Zweifel geraten, als wenn ich meine Idee ohne den Gedanken an ein "Danach" ausbaue. Und, wenn der Erfolg ausbleibt oder der Zweifel aufkommt, ob ein Erfolg irgendwann überhaupt möglich ist, dann fällt das Weiterschreiben schwerer, als wenn man einfach um des Schreibens willen schreibt.

Die tragische Figur klingt gut. ;-)

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Gast873
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32. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 18:29 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hyperion um 18:44:16 am 03.10.2007 editiert

Aus zweierlei Gründen ist es wichtig die Geschichte von Konstantinopel (heute heißt die Stadt Istanbul) zu kennen. Zum einen, weil die geschichtlichen, bewusstseinsphänomenologischen Kenntnisse hier sehr niedrig sind, und man somit mit dem Wort „Nachwelt“ nichts anzufangen weiß, zum anderen ist es für unsere Demokratie konstitutiv und es geht wohl um den platonischen Begriff von Eros ( s. Titel). Konstantinopel, oder wie die Griechen sagten Konstantinopolis, war der Sitz der griechisch-orthodoxen Kirche und Hauptstadt des Byzantinischen Reiches, bis die Osmanen die Stadt eingenommen haben. Und jetzt beginnt unsere europäische Bewusstwerdung, deren wir, die Nachwelt, unser Dasein zu verdanken haben. Unter schweren Belagerungen fiel die Stadt an die Türken, doch die Gelehrten, Philosophen und Dichter hatten die Stadt angesichts der drohenden Übermacht vorher schon verlassen und sämtliche Schriften Platons mit nach Rom, zur Westlichen Kirche, die ihnen Asyl gewährte, mitgenommen. Und somit haben die Römer nach der finsteren Zeit des Mittelalters, der Folter, und der Opression seitens der Kirche, zum ersten Mal wieder Platon im Original lesen können. Die Zeit des Humanismus, der Renaissance und des Neoplatonismus begann. Natürlich hatte Marc Aurel die Dialoge Platons auf der Bühne im Theater aufführen lassen und natürlich las man Platon in Rom, doch das lag viel zu viele Jahrhunderte und zu lange her, die Patristiker und Scholastiker haben nur Aristoteles rezipiert, weil er für die Kirchenväter wichtiger war als Platon mit seinen Liebeleien im „Symposium“.

Für die Nachwelt schreiben, bedeutet für die Ewigkeit schreiben. Wenn wir heute Goethe lesen, und sobald wir ihn lesen, lebt er ewig, er lebt in unserem Bewusstsein. Egal, ob man ihn in Deutschland, Japan, Kroatien, oder Amerika liest, er lebt in uns weiter. Genau das sagt Diotima im Symposium: Eros ist der angeborene Trieb im Menschen ewig leben zu wollen. Die Einen tun das, indem sie Kinder in die Welt setzen (das tun eigentlich die Meisten) und ihr Name, ihr Blut ihre Gene leben in Kindern und Kindeskindern fort, die anderen, indem sie Kunst schaffen. Echte Kunst, kein Kokolores. Kunst, also um der schönen Kunst willen (diesen Satz erläutere ich dann lieber ein anderes Mal), damit man ewig lebt und in Erinnerung bleibt. Deswegen schreibt man für die Nachwelt. Also Fortpflanzung im Körperlichen ODER (kein ausschließendes Oder!) im Geistigen. Die Dichter und Philosophen bevorzugen das Seelisch-geistige.

Thomas Mann hat beispielsweise Tagebücher nur im Hinblick auf die Nachwelt geschrieben. Kafkas Romane sind allesamt posthum erschienen und, und, und...

Man hat die Wahl meine Damen und Herren. War mir ein Vergnügen sie unterhalten zu dürfen.

Grüße,
ein ganz Bescheidener Clown und Hofnarr

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LX.C
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33. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 19:07 Uhr

Die Frage ist doch, welchen Anspruch man an Literatur stellt, Literatur ist nicht nur plumpe Unterhaltung, sondern kann auch höhere Funktionen bekleiden. Vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich auch noch wie Taxine gedacht. Heute sehe ich das anders. Feuchtwanger ist doch von vornherein und ganz bewusst mit dem Anspruch an sein Werk gegangen, den Nachmenschen ein Gefühl für die damalige Zeit zu vermitteln. Das ist schon ganz deutlich etwas anders, als wenn ich ein paar spontane meist auch noch egozentrische Wehwehchen oder Emotionen niederschreibe, wie so manch postmoderner Autor der Gegenwart, um damit den Markt zu bedienen.
Was nicht heißt, dass ich zwischendurch nicht auch mal gute Unterhaltungsliteratur zu schätzen weiß. Doch um das flüchtige Vergnügen geht es ja hier nicht.


.
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Taxine
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34. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 19:17 Uhr

Diese Nachricht wurde von Taxine um 19:49:59 am 03.10.2007 editiert

Vielen Dank, Hyperion, für die ausführliche Zusammenfassung.

LX.C - ich spreche nicht davon, dass man einfach mal schreibt, weil man gerade mal Lust zu schreiben hat. Ich erwarte und erhebe an mich selbst einen hohen Anspruch gegenüber meiner eigenen Literatur. Es geht doch darum, dass man ein Bild zeichnet, dass Tiefe beinhaltet, das sich mit Welt und Sein auseinandersetzt.
Ich meinte nur, dass ich dieses Bild nicht umreiße, um irgendwann mal auch hoffentlich anerkannt zu werden. Trotzdem aber schreibe ich nicht etwas Flüchtiges oder der Unterhaltung Dienendes. Es ist mein Befassen mit der Welt, und unterliegt gerade dadurch einem sehr kritischen Blick durch mich selbst.
In diesem Sinne schreibt man schon mit dem Anspruch auf die "Ewigkeit", nur kann man nicht vorhersehen, ob man den Zeitgeist auch trifft, und sollte sich darauf auch nicht versteifen. Ich meinte das im unbedingten Drang nach späterer Anerkennung. Der Akt des Schreibens bleibt die Suche. Wer nicht mehr sucht, schreibt nur noch, um sich selbst zu bestätigen. Etwas Unruhe gehört immer dazu, und diese Unruhe sollte nicht noch mit ständiger Sehnsucht nach dem Danach gewürzt werden. ;-)

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baerchen
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35. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 19:27 Uhr

bärchen hatte gefragt:
>Ich denke, die grundsätzliche Frage, die zunächst zu stellen ist, lautet:
ab wann ist eine ´Nachwelt´ als solche zu bezeichnen?
<
Ich versuche es nochmals.
1. Nachwelt == Zukunft?
2. Nachwelt == zukünftige Generation(en)?
3. Nachwelt == vorgestern, weil jemand so schreibt, als würde er aus der Zukunft zurückblicken?
4. ?

Ich bitte um Abstimmung.
Danke für die Aufmerksamkeit. (Ich muss schon wieder was futtern.)


Sorge Dich nicht, wenn Du schreiben kannst. Schreibe, schreibe, schreibe...
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LX.C
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36. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 03.10.2007 um 19:37 Uhr

@Hyperion

Schöne Geschichte.

Aber was mir an deiner Nachbetrachtung nicht gefällt, ist, dass der Eindruck erweckt wird, dass Literatur ausschließlich aus niederen (egoistischen) Gründe geschrieben wird, meiner Meinung nach geht es einem Autor, der Literatur schreibt, die nachhaltig ihren Anspruch auf Gültigkeit durchsetzten soll viel mehr darum, etwas inhaltliches in eine andere Zeit zu transportieren. Zumindest sollte es ihm in erster Linie darum gehen.
Und wenn das nicht Platons Meinung ist, dann ist mir das Wurst!


.
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baerchen
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37. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 04.10.2007 um 02:06 Uhr

Diese Nachricht wurde von baerchen um 02:29:34 am 04.10.2007 editiert

Duden (Bedeutungswörterbuch, 1985) sagt:"Nachwelt: Gesamtheit der später lebenden Menschen, Generationen."
Demnach also 2.).
Doch Joseph hatte Anführungszeichen gesetzt. Ist damit die Nachwelt gemeint, welche der Duden meint oder bereits der erste Leser nach dem Autor?
Macht das überhaupt einen Unterschied?
Ist denn nicht die Verwendung von Medien wie Papier und Bleistift bereits ein Versuch, etwas (um was es sich auch immer handeln mag) für ´später´ festzuhalten? Und wenn es nur für sich selbst ist, um leichter überarbeiten zu können.
Im Gegensatz dazu die gesprochene, als spontan empfundene Sprache, die ja eigentlich gar nicht so spontan ist, wie sie erscheinen mag (laut Hirnforschung).

Müsste es dann nicht heißen, ´Der Sprecher spricht unvorbereitet fürs Jetzt´?

Und was mich sorgt, das ist der Begriff ´Literatur´, der hier immer wieder auftaucht, von dem im Eröffnungsbeitrag aber gar nicht die Rede war.
Dieser Begriff unterliegt doch auch einem sehr starken Wandel, wenn mich die Wikipedia nicht täuscht.
Natürlich: Ihr habt Euren Frieden gemacht mit den (Fach-)Begriffen. Doch ist es wirklicher Friede oder sind es nur Scheuklappen?
Wenn sich der Literaturbegriff gewandelt hat, dann muss dieser veränderte Begriff auch in die Vergangenheit transformiert werden.
Am Rande bemerkt: liebe Taxine, ich möchte Dir gerne pauschal in allen Punkten widersprechen, da ich zu fast allen Deinen Argumentationen eine andere Ansicht vertrete.
Und noch mehr am Rande bemerkt: ich verstehe nicht, wieso Du ´man´ schreibst, obwohl Du auch ´ich´ schreiben könntest.
Verzeihung, das kommt mir so vor, als würdest Du moralisch argumentieren wollen, traust Dich dann aber doch nicht.
Dabei handelt es sich aber nur um meine bescheidene persönliche Einzelmeinung, die Du bitte nicht so auffasst, dass ich Dich würde verletzen wollen. Habe überhaupt keinen Bock auf Stress im Forum.


Sorge Dich nicht, wenn Du schreiben kannst. Schreibe, schreibe, schreibe...
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LX.C
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38. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 04.10.2007 um 12:10 Uhr

Diese Nachricht wurde von LX.C um 12:14:05 am 04.10.2007 editiert

Wahrscheinlich versteht jeder den Eingangsbeitrag anders. Ich habe ihn einfach methodisch interpretiert. Und dass es Anmaßung wäre, zu behaupten, es gäbe Methoden, die zu Weltliteratur führen, weil ein willkürliches Leseempfinden entscheiden würde.
Und das glaube ich eben nicht.


.
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Taxine
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39. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 04.10.2007 um 12:50 Uhr

Diese Nachricht wurde von Taxine um 12:56:50 am 04.10.2007 editiert

Hallo baerchen,

es ist nicht tragisch, wenn Du mir widersprichst, und das Gespräch hier kann wohl kaum jemanden verletzen. ;-)

Ich schreibe "man", weil ich hier auch andere Menschen miteinbeziehe, die es ähnlich wie ich halten, die sich auf das Schreiben selbst konzentrieren und nicht in unendlich langer Diskussion erörtern, was die Nachwelt ist und ob man nachwirken könnte.
Das hat nichts mit Moral zu tun, sondern mit dem Setzen an Priorität.
Der Blick in eine Zukunft ist in meinen Augen einfach immer eine Spekulation, darum konzentriere ich mich auf das Jetzt.

Grüße
Taxine

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