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Literaturforum: Deutsch-Russisches Museum Berlin


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Forum > Politik & Gesellschaft > Deutsch-Russisches Museum Berlin
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 Thema: Deutsch-Russisches Museum Berlin
Kenon
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10. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.07.2014 um 11:10 Uhr

Da es eben um Sikorski ging, möchte ich noch ein Interview von ihm nachreichen, das heute in der Welt erschienen ist:

Radoslaw Sikorski - "Wir können nicht länger wegsehen"


"Als die Ukraine die ersten militärischen Erfolge verzeichnete, hat Russland die Lage sofort eskaliert, indem es mehr und höher entwickelte Waffensysteme an die Separatisten im Osten des Landes lieferte. Dabei wurden eindeutig von Europa gesetzte rote Linien überschritten. Vor zwei Wochen verlangten wir, dass Russland die Kontrolle über die ukrainisch-russische Grenze aufgibt. Stattdessen sind weiter Waffen und Panzerfahrzeuge über die Grenze auf ukrainisches Gebiet gelangt. Die Ukraine steht also vor der schwierigen Herausforderung, die Wirtschaft zu modernisieren und den Energieverbrauch zu senken, während sie gleichzeitig in einen Krieg mit dem größeren Nachbarn verwickelt ist."

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ArnoAbendschoen
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11. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.07.2014 um 11:40 Uhr

Abschließend einige Zitate aus dem gestern von mir erwähnten Interview mit Prof. Grimm, Universität Wien:

Über seine Eindrücke aus Kiew selbst: "Wenn man nur westliche Medien zur Verfügung hat und plötzlich an den Ort des Geschehens kommt, stellt man fest, wie Berichte und Realität auseinanderdriften ..."

Auf die Frage, welche Tendenz die westliche Berichterstattung hatte: "Zunächst eine sehr antirussische. Es wurde alles mobilisiert, was man an moralischen, politischen und ideologischen Aspekten aufbringen konnte, um hier Front zu machen. Das hatte ich zum letzten Mal in den frühen 1960er Jahren erlebt. Es war erschreckend. "

Zur Zukunft der Ukraine und ihrem Verhältnis zur EU: "Die Ukraine tatsächlich zu integrieren, mit all ihren wirtschaftlichen Problemen, würde in Europa selbst zum Sprengsatz werden ... Auch politisch wäre es schwierig. Es könnte die totale Konfrontation mit Russland bedeuten. Die Folgen würden wir alle zu spüren bekommen, wenn die Gasleitungen dann einmal im Winter zugedreht werden. Man verführt die Ukraine gewissermaßen zu etwas, das nicht realistisch ist ... Die Ukraine ist pleite, Europa würde sich total verschlucken. Sie muss in ihrer Souveränität nach Osten und Westen gestärkt werden. Vielleicht wird sie irgendwann EU-Mitglied, aber das ist nicht entscheidend. Was wir im Moment brauchen, ist eine neue Ostpolitik. Putin-Bashing alleine reicht nicht ..."


Das war meine letzte Wortmeldung unter diesem Beitrag.

Arno Abendschön

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Kenon
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12. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.07.2014 um 18:27 Uhr

"Wenn man nur westliche Medien zur Verfügung hat und plötzlich an den Ort des Geschehens kommt, stellt man fest, wie Berichte und Realität auseinanderdriften ..."

Das ist ganz pauschal mit allem geschriebenen so. Man selbst erlebt es immer anders. Das kritische Moment bei der Berichterstattung ist, ob jemand bewusst verkürzt, weglässt und Geschehnisse frei erfindet, um einer Sache zu dienen, so wie zum Beispiel Julius Streichers "Der Stürmer" und russische Sender á la "RussiaToday". Oder ob jemand wie Jessenin schöne naturbeschreibende Gedichte verfasste, die nichts mit der Ödnis, in der er gelebt hat, zu tun hatten. Jessenin allerdings hat nicht behauptet, mit seinen Texten realitätsbezogene Wahrheiten zu sagen. Die Hetzorgane tun das schon - mit verheerenden Folgen.

Wir haben den Vorteil, in einem Land ohne Zensur zu leben und können uns frei informieren. Im Ukraine-Konflikt kann sich hier daher jeder mit den manchmal notwendigen Sprachkenntnissen über die Standpunkte aller Seiten informieren. Und: Dank der Orangenen Revolution 2004 kann man auch einfach so ohne Visum in die Ukraine reisen und sich selbst ein Bild machen, mit den Menschen reden. Ich war bereits etliche Male dort, auch dieses Jahr.

Ich höre in Diskussionen zur Ukraine-Krise oft, dass es darum ginge, die Ukraine in dieses oder jenens "Lager" zu ziehen. Aber darum geht es nicht, sollte es nicht gehen. Zuerst einmal ist es wichtig, dass die Ukraine, und das sind die Menschen, die in ihr leben, ihr Schicksal vollkommen demokratisch selbst bestimmen dürfen, dass das Land seine territoriale Integrität gegen die russischen Feinde verteidigt, dass die allgegenwärtige Korruption eingedämmt wird, dass das Leben in der Ukraine ein lebenswertes wird - nicht nur für die wenigen, welche das Geld und die Macht haben. Recht und Freiheit sind universelle Werte, hier hat die Ukraine einen Riesenschritt nach vorn getan, sie hat den Diktator zum Teufel gejagt - und doch noch enorm viele Schritte vor sich. Der Weg ist hart und lang, das haben wir am Beispiel Polens gesehen, aber heute steht diese Nation phantastisch da, allerdings musste sie sich auch nicht gegen einen aggressiven, imperialen Nachbarn, der ein Mafiastaat ist, durchsetzen. Deswegen braucht die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit Beistand. Es ist traurig, dass erst ein Passagierflugzeug abgeschossen werden musste, damit sich die freie Welt daran erinnert. Viele der hiesigen Medien haben ja von dem Konflikt kaum noch berichtet; die Politiker scheuen die Schritte, die auch uns ein wenig wehtun werden. Schon 2008 hat man Russland in Georgien einfach machen lassen, was es wollte.

Zitat:

Es könnte die totale Konfrontation mit Russland bedeuten. Die Folgen würden wir alle zu spüren bekommen, wenn die Gasleitungen dann einmal im Winter zugedreht werden.

Daher also weht der Wind. Seien wir froh, dass jemand wie der Schröder, der uns für ein Gläschen Wodka noch tiefer in die Energieabhängigkeit von Russland treiben wollte, nicht noch einmal gewählt worden ist. Vielleicht muss man sich entscheiden, was wichtiger ist: Man kann aus Angst und Feigheit den offenen Gashahn, mit dem uns Russland jederzeit knebeln kann, wenn wir nicht machen, was es will, wählen - oder die Freiheit. Ich wähle die Freiheit.

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JH
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13. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 21.07.2014 um 07:52 Uhr

Diese Nachricht wurde von JH um 08:02:03 am 21.07.2014 editiert

Wenn wir die Völkerverständnigung sogenannten Journalisten, Historikern und Experten überlassen, ist es um unsere Urteilskraft geschehen. Ich war schon etliche Male "drüben" und habe mit den Familien dort gewohnt, gegessen und getrunken, jedesmal Wochenlang. So lernen wir uns kennen und können auf irrige Berichterstattung verzichten. Der Rest guckt am besten wieder Jauch, um sich vor dem Schlafengehen zu fürchten. Ukraine darf kein zweites Weissrussland werden, oder ein zweites Tschetschenien. Dafür brauchen wir deutsch-russische, ukrainische Freundschaft.


MASSONI
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Kenon
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14. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 21.07.2014 um 20:59 Uhr

Zitat:

Ukraine darf kein zweites Weissrussland werden, oder ein zweites Tschetschenien.

Sehr schön gesagt.

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