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Literaturforum: Die Jugend von heute


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 Thema: Die Jugend von heute
Kenon
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 28.07.2020 um 00:34 Uhr

Vor vierzig Jahren waren viele Jugendliche Punks (natürlich nicht alle), sie pfiffen auf soziale Normen, ihre ganze Lebensführung war ein Protest gegen das bestehende System, gegen Konsum, gegen die Musik-Charts mit ihren süßen Texten und fein arrangierten Melodiechen, gegen die erkünstelte Schönheit der Mode-Magazine, gegen ein geordnetes Leben, in dem man sich immer unterordnet, um auch zu seinen kleinen Brötchen zu kommen, zu einem Auto und zu einer eigenen Wohnung, vielleicht gar einem eigenen Häuschen. Klar, es war eine Mode, da schwamm vieles mit, was sich nur treiben ließ, aber Punk zu sein hieß: Ich scheiße auf mein ganzes ökonomisches Potential, ich lasse mich nicht verwerten - lieber ruiniere ich mich selbst. Von der Punk-Kultur ist heute nicht mehr viel geblieben. Auch die Subkulturen sind ja lediglich ein Subfeld der kapitalistischen Wirtschaft. Sobald Geld im Spiel ist, kannst Du sowieso das Wort “alternativ” streichen. Ihr gebt halt nur anderen Euer Geld, von denen Ihr glaubt, dass sie irgendwie besser wären als andere, die auch Euer Geld nehmen, dabei denken sie meist genauso nur daran, wie sie möglichst viel davon von Euch bekommen können. Alles ist nur ein Markt. Beispiel gefällig? Kim Gordon, Sängerin der früheren “Alternativ”-Band Sonic Youth, macht gemeinsam mit ihrer Tochter Werbung für einen langweiligen Frauenstiefel-Hersteller. Gut, sie möchte natürlich nicht vor einem leeren Teller sitzen müssen, aber die ganze über die Jahre aufgebaute Glaubwürdigkeit ist in dem Moment im Arsch, in dem sie diese Story postet.
Die Jugend von heute ist angepasst. Abartig angepasst. Das mag zum einen natürlich der prekären wirtschaftlichen Lage geschuldet sein: Unser Vorteil als Land der ersten Welt schmilzt - und die guten Posten sind alle schon verteilt, Arbeitsmigranten machen alles noch viel billiger als man selbst; Rentner haben heute teilweise höhere Bezüge als zu deren früheren beruflichen Tätigkeiten äquivalent beschäftigte Arbeitstätige. Als Jugendlicher bist du am Arsch, weil Du in eine Welt hineinkommst, in der kein Platz für Dich ist, es sei denn, Du bist scharf darauf, Rentner im Bett herumzuwälzen und ihnen den Hintern abzuwischen. Dafür wirbt selbst die ewige Kanzlerin.
Das Epitom des angepassten Jugendlichen von heute sind selbstverständlich die Influencer. Sie präsentieren sich auf Social Media-Kanälen auf Fotos und Videos selber, um geliked zu werden und Follower zu gewinnen. Es ist ganz klar eine Art der Prostitution, wo sich Jugendliche selbst als Ware einsetzen, quasi - im Früh-Marxschen Jargon - verdinglichen, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die wenigen, die es schaffen, für Unternehmen als Fürsprecher relevant zu werden, bewerben dann Kosmetik, Unterhosen, Protein-Riegel oder irgendeine beschissene App für Dein Smartphone. Man misst sie an ihrer Reichweite und der Beschaffenheit ihres Publikums. Sie hegen und pflegen sich, trainieren ihre Körper, retuschieren die Aufnahmen, die sie selbst zeigen, um möglichst vielen zu gefallen. Es ist eine Ökonomie des Gemochtwerdens, der oberflächlich vergebenen Symbol-Herzen, des schnellen Double-Taps.
Die Jugendlichen von heute begehren nicht gegen das Establishment auf. Ihr größter Wunsch ist, selber dazuzugehören, die kleine Nische zu finden, in der sie geduldet werden und ein paar Euro mehr verdienen als ihre Altersgenossen mit Hartz IV, damit sie sich auch noch das nächste iPhone, das ja schon im nächsten Jahr erscheint, leisten können. Dafür arbeiten sie beständig an sich selbst und ihrer Außendarstellung, sie knüpfen Kontakte, bewerben sich auf hunderte von Stellen, machen un- oder schlecht vergütete Praktika. Wenn sie eine Stelle haben, freuen sie sich wie ein König, reden ihren Chefs nach dem Maul, bemühen sich, wirtschaftlich immer erfolgreich zu sein, um ihre Existenz an genau der Stelle, auf der sie sich befinden, zu rechtfertigen, denn hunderte drücken schon gegen die Tür, um sie auch einnehmen zu können. Es ist wie in einem Zombie-Film: Ein post-apokalyptischer Überlebenskampf.
"Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig” - schrieb einst Hegel. Unsere Jugend würde schreiben: “Was wirklich ist, ist gut. Gern ordne ich mich dem wirklichen unter. Mir egal, ob das wirkliche vernünftig ist, so lange ich es selber bin - und damit ein klein bißchen besser als der Rest”.
Man kann der Jugend von heute keinen Vorwurf machen. Sie ist in eine perverse Welt hineingeboren worden. Aber ich wünsche mir, sie würde ihr Heil nicht allein in Umweltschutz und Veganismus, die durchaus edle Beschäftigungen bzw. Haltungen sein können, suchen, da sie oft nur wie eine große organisierte Ablenkung erscheinen, damit niemand auf wirklich gefährliche Gedanken kommt.

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