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-- Lektüregespräche
--- September 2007

LX.C - 01.09.2007 um 12:11 Uhr

Georg Simmel - Die Philosophie des Geldes



Kenon - 01.09.2007 um 12:33 Uhr

Geschrieben im Exil:

Maxim Gorki - Das blaue Leben. Erzählungen 1922-1924.

Sowie diverse Schriften eines überzeugenden Liquidators des Marxismus:
Leszek Kołakowski:

Der Mensch ohne Alternative. Von der Möglichkeit und Unmöglichkeit, Marxist zu sein.
Main Currents of Marxism. The Founders. The Golden Age. The Breakdown.




WalterE - 01.09.2007 um 16:01 Uhr

Hand aufs Auge:
Wer liest heute denn noch Gedichte?!

Aber:
Ist das Gedicht nicht eigentlich die literarische Gattung der Moderne?

Denn das zeitgenössische Gedicht mit seiner formalen Experimentierlust,
seiner lapidaren Knappheit, seiner subjektivistischen Bildsprache,
seinem sprachlichen Spielwitz, seiner unterkühlten Emotionalität,
seiner Abkehr von politischen oder psychologischen "Programmen" -
sind nicht das genau auch wichtige Mainstreams der aktuellen
deutschsprachigen Kultur- bzw. Literaturszene?

Jedenfalls gehört zu meinen grössten Leseabenteuern u.a.
die jährliche Lektüre von "Das Gedicht" (www.dasgedicht.de). Der aktuelle Band Nr. 14
(ISBN 978-3-929433-66-1) widmet sich dem Tier und zimmert
aus diesem Thema eine 180-seitige "Arche der Poesie".

Beeindruckend, welch weites und tiefes Meer
diese Gedichte-Arche durchmisst!
Vom kalauernden Reimen eines Frantz Wittkamp...

Zitat:

"Neunhundertneunundneunzig Bienen.
Alle summen, um mir zu dienen.
Weil ich Summa summarum bin.
Ich bin die Bienenkönigin."

...bis hin zum Moral-Ruf eines Werner Dürrson...

Zitat:

"MANN UND KIND BEIM ANGELN
Du musst den Fisch
totschlagen
sieh mal
Kopf
schwupp gegen die
Steinkante
streicheln
weisst du
das dauert zu
lang"

...schöpft "Das Gedicht" aus einer wirklich
fulminanten Fülle zeitgenössischer Lyrik.

Bin begeistert!
Zugreifen, Leute;
lest wieder Gedichte! :-)

Gruss: Walter




WalterE - 01.09.2007 um 16:40 Uhr

Zitat:

Sowie diverse Schriften eines überzeugenden Liquidators des Marxismus:
Leszek Kołakowski:

Der Mensch ohne Alternative. Von der Möglichkeit und Unmöglichkeit, Marxist zu sein.
Main Currents of Marxism. The Founders. The Golden Age. The Breakdown.

.. und nicht zu vergessen sein Lesebuch "Leben trotz Geschichte" (Piper) , welches schier das gesamte Kołakowski-Panoptikum ausmisst. Wer ihn tour d´horizont kennenlernen will, liest da mal durch. Der Mann hat vielleicht eine virtuose Art, Heterogenitäten kurzuschliessen! Das reine intellektuelle Vergnügen. Zum Beispiel
"Erkenntnistheorie des Strip-tease", oder auch in "Der Mythos in der Kultur der Analgetika".
Und er ist ja auch ein philosophischer Prosaist - sein "Himmelsschlüssel" z.B. ist beu uns ziemlich bekannt geworden. (Darin der uralt-immer-wieder-aktuelle Bileam-Esel...)
An manches in dem von dir erwähnten Band "Der Mensch ohne Alternative" wurde er später allerdings nur noch ungern erinnert - angesichts von einigen seiner politischen Blauäugigkeiten gegenüber den damaligen repressiven Entwicklungen in und um Polen....
Aber der Kolakowski ab seinem 30. Lebensjahr bis ins hohe Alter: Ein ganz unverzichtbarer Autor im Bücherschrank!

Guter Tipp von Dir!

Gruss: Walter




Gast873 - 02.09.2007 um 18:09 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hyperion um 18:25:13 am 02.09.2007 editiert

Zitat:

Wer liest heute denn noch Gedichte?!

Gedichte von verschiedenen guten, ja fast sehr guten Dichterinnen und Dichtern,
(z. B. von der Karschin, Annette v. Droste-Hülshoff, Brentano) stehen bei mir auf dem Programm.

Gruß
Hyperion




LX.C - 02.09.2007 um 21:43 Uhr

Und ich habe heute Wilhelm Buschs Dichtung vom Tobias Knopp ausgelesen :-P



Joseph_Maronni - 02.09.2007 um 22:02 Uhr

Zitat:

Und ich habe heute Wilhelm Buschs Dichtung vom Tobias Knopp ausgelesen :-P

herzlichen glueckwunsch.

Karl Marx - Das Kapital
Mark Leyner & Billy Goldberg - Warum schlafen Männer nach dem Sex immer ein?




LX.C - 02.09.2007 um 22:20 Uhr

Danke, sehr freundlich.



Kenon - 03.09.2007 um 10:04 Uhr

Zitat:

An manches in dem von dir erwähnten Band "Der Mensch ohne Alternative" wurde er später allerdings nur noch ungern erinnert - angesichts von einigen seiner politischen Blauäugigkeiten gegenüber den damaligen repressiven Entwicklungen in und um Polen....

Man muss das Werk in seiner Zeit sehen; für einen polnischen Kommunisten war es doch sehr sittlich und fortschrittlich. In der DDR wäre es absolut undenkbar gewesen, derlei ketzerische Gedanken zu publizieren und dann kurz darauf auch noch Geschichtsprofessor an der Universität der Hauptstadt zu werden.

Der spätere Kołakowski ist nicht ohne Unzulänglichkeiten, zumindest in den "Hauptströmungen des Marxismus", in denen er den Marxismus fast nur noch an sich betrachtet aber seine wesentliche Motivation, nämlich die gesellschaftlichen Mißstände, nicht in den Fokus bekommt. Kołakowskis Buch ist eine Abrechnung mit dem Marxismus, die damals sicherlich notwendig gewesen ist, trotzdem sind viele Urteile - wie z.B. über Lukács und Bloch (wie paradox, dass er 1991 den Ernst-Bloch-Preis erhalten hat!) - sehr schroff und werden den Philosophen nicht gerecht. Aus der Sicht von 1977, als der Kasernenkommunismus noch herrschte, ist mir Kołakowskis Haltung verständlich, nach seinem Zusammenbruch kann man sich jedoch wieder eine differenziertere Betrachtungsweise erlauben. Platon, Aristoteles & Co. gestehen wir ja auch ihre zeitliche Beschränktheit sowie ihre Fehler zu, ohne sie deswegen auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen.

Kołakowski für Neugieriggewordene:
What Is Left of Socialism




Ari - 03.09.2007 um 12:37 Uhr

Diese Nachricht wurde von Ari um 12:38:22 am 03.09.2007 editiert

Zitat:

Hand aufs Auge:
Wer liest heute denn noch Gedichte?!

Ist das wirklich eine solche Seltenheit? Vielleicht an vielen Orten, aber nicht an allen. Um beim Thema zu bleiben, und zugleich die 70er-Marxismus-Debatte streifend:

Enzensberger "Die Furie des Verschwindens".

Schon das irgendwo darin zu findende ´irgendein Imperialismus herrscht´ muß ihm hoch angerechnet werden, wie im großen und ganzen auch das Stück über Parasiten. Fast schön ist außerdem der Gedanke einer Rettung des Ablaßhandel-Gedankens.




annahome - 03.09.2007 um 19:48 Uhr

Martin Becker: Ein schönes Leben

http://www.literaturport.de/index.php?id=26&no_cache=1&user_autorenlexikonfrontend_pi1%5Bal_op t%5D=2&user_autorenlexikonfrontend_pi1%5Bal_aid%5D=805




Hermes - 04.09.2007 um 16:13 Uhr

Immer noch

William Makepeace Thackeray:

"Jahrmarkt der Eitelkeit"

...es zieht sich, mittlerweile Band zwo.




annahome - 05.09.2007 um 23:27 Uhr

Jean-Claude Le Guillou: Versailles - building the chåteau.
ein kinderbuch - ich kann ja kein französisch




Chans - 07.09.2007 um 23:16 Uhr

Apfel, Huhn und Puschkin im Russischen "Das arme Mädchen oder Apfel, Huhn, Puschkin"
Belomlinskaja, Julia (Russland)

Ein sehr freizügiger, emotionaler, auch sprachlich sehr direkter Roman, teilweise voller Sex – fast obszönem Sex. Man könnte darüber streiten, ob es nicht etwas „zu viel des Guten“ ist. Ich überlegte sogar, ob ich das Buch nicht zur Seite legen soll. Ich tat es nicht und war am Ende froh darüber.
Der Roman – der eigentlich autobiografisch ist (siehe „Dem guten Käufer“) – ist ein klassischer Emigrantenroman. Zwar wahrlich nicht klassisch in der Sprache, hier ist er absolut modern und zeigt unsere heutige Zeit, dagegen ist es das klassische Thema des russischen Emigrantenschicksals mit dem Verlust der Heimat und seiner Sehnsucht nach ihr, mit der fast schon verzweifelten Suche Glück und Geborgenheit – nichts anderes sind die wilden Sexeskapaden – und letztendlich der Zufriedenheit und Ruhe, wieder im angestammten Kulturkreis, auch der ganz realen heimatlichen Umgebung angekommen zu sein.
Julia Belomlinskaja, in der russischen Literatur sehr bewandt, ist etwas Großartiges gelungen: Nachdem die vielen und großen Romane (nicht nur Romane) der russischen Emigranten von G.W. Adamowitsch über Berdjajew, Berberowa, Bunin, Nabokow, Sajzew bis Zwetajewa (um nur einige zu nennen) – eben die typischen Emigrantenschicksalsromane – endgültig (wie ich meine zu Unrecht) der Vergangenheit anzugehören schienen, hat sie dieses typisch russische Genre in unsere moderne Zeit transferiert. Und das zu Recht, denn es hat sich an der inneren und auch äußeren Situation der Emigranten nichts geändert; und nicht wenige Russen (sogar Russlanddeutsche) gehen trotz möglicher wirtschaftlicher Nachteile wieder zurück, weil sie sich von ihren Wurzeln abgehackt fühlen und so nicht leben können.




Gast873 - 09.09.2007 um 14:02 Uhr

Hatte ich erwähnt, dass ich Jean Pauls "Siebenkäs" lesen wollte?

Gruß
Hyperion




Mania - 09.09.2007 um 14:15 Uhr

Diese Nachricht wurde von Mania um 14:15:35 am 09.09.2007 editiert

Was man nicht alles lesen will.. Ich hab da noch einen ganzen Stapel im Schrank und bald ist mein Geburtstag, da kauf ich mir einen neuen Stapel dazu, den ich schon säuberlich auf einer Karteikarte aufgelistet habe.

Irgendwelche Vorschläge, was da noch unbedingt mit ´rauf muss?




Joseph_Maronni - 10.09.2007 um 23:30 Uhr

Zitat:

Irgendwelche Vorschläge, was da noch unbedingt mit ´rauf muss?

lesevorschlaege fuer andere zu geben ist ja immer so eine sache, da kann man voellig daneben liegen. aber studier doch mal die lektuerelisten hier im forum ab beginn? wenn man dies alles lesen wollte...




LX.C - 11.09.2007 um 17:09 Uhr

So, mir reichts mit dem Törless. So viel Langeweile vertrage ich nicht.
Will jemand das Buch haben, verschenke es gerne (guter Zustand, noch hält der Leim)

War heute schlapp, gefrustet und … einkaufen.
Wolfgang Borchert "Draußen vor der Tür" steht also bald an. Aufn Grabbeltisch
William Shakespeare "Verlorene Liebesmüh“ und
Klaus Schlesinger "Alte Filme“ gefunden.

Zunächst aber:
Lion Feuchtwanger - Erfolg
Daran hab ich bis Weihnachten zu knabbern, die anderen zwischendurch.




Kenon - 12.09.2007 um 12:12 Uhr

Zitat:

So, mir reichts mit dem Törless. So viel Langeweile vertrage ich nicht.

Schade. Dabei ist das Buch doch gar nicht so umfangreich.

Zitat:

Lion Feuchtwanger - Erfolg
Daran hab ich bis Weihnachten zu knabbern, die anderen zwischendurch.

Sehr dick.

Hier wird gelesen:

Alexander Malyschkin - Sewastopol.

Geschrieben in den Jahren 1926-31 (oder 1929/30), erfrischend un-stalinistisch im Vergleich zum späteren "Der dreizehnte Winter". In der DDR erst 1967 mit einem Nachwort veröffentlicht, welches den Roman um jeden Preis in den Sozialistischen Realismus einreihen möchte, obwohl es ihm stilistische Vielfalt zugesteht. Wie auch immer: Große Literatur; ein talentierter Schreiber, der Malyschkin, leider zu früh gestorben.

Zitat:

Seit Tagesanbruch peitschte der Schneesturm vom Meerbusen her. Die flaumigen dunklen Schwaden, die jedes Geräusch verschluckten, waberten dicht vor den Fenstern. Von dort aus gesehen, war die Welt verschwommen, fast unsichtbar, taub und stumm. Hundertfünfzig Junker oben, hundertfünfzig Matrosen unten. Sonst nichts.




LX.C - 12.09.2007 um 13:03 Uhr

Meine Güte, "Der dreizehnte Winter" hab ich auch noch seit Frühjahr zu liegen. Find aber keinen Zugang.

Beim Törless passiert in der ersten Hälfte mal rein gar nichts. Das reicht mir für so ein dünnes Buch und einen Weltliterraten nicht aus.




LX.C - 12.09.2007 um 13:05 Uhr

PS: Man belehre mich jetzt bitte nicht. Ich bin über den Platz, den der Törless in der Literaturgeschichte einnimmt, informiert. Nehme mir trotzdem das Recht raus, das Buch langweilig zu finden.



Kenon - 12.09.2007 um 13:22 Uhr

Zitat:

Nehme mir trotzdem das Recht raus, das Buch langweilig zu finden.

Das Recht macht Dir hier sicher niemand streitig.

Ich kann mir vorstellen, dass das Buch den meisten, die zu dessen Lektüre in der Schule gezwungen werden, nicht gefällt, kenne aber auch einen Freiwilligen, der das Buch nach etwa Seite 80 weggedonnert hat und Monate später doch noch den Rest las. Das ist natürlich nicht zu verallgemeinern.

Zitat:

Sollen Gymnasiasten Klassiker lesen? Welche sollen das sein?

Bildungskanon - wozu? (Welt online)




LX.C - 12.09.2007 um 13:32 Uhr

:-) ich bin auf Seite 78. Gut, ich werds erstmal beiseite legen.



Mania - 12.09.2007 um 16:20 Uhr

Ja ja der Törleß. Ich mochte es, aber auch erst nachdem ich über die Hälfte hinaus war.

Feuchtwanger hat übrigens fast nur Schinken geschrieben. Exil musste sein damaliger Verläger sogar in drei Teile zerstückeln.




JH - 13.09.2007 um 14:34 Uhr

Siegal, Aranka - Weisst du nicht, dass du Jüdin bist



baerchen - 13.09.2007 um 18:31 Uhr

@mania
wenn ich eines hasse, dann ist es, wenn Verleger beginnen, Bücher zu zerstückeln.
Als wenn sich die Autoren nicht was gedacht hätten beim Schreiben. (Sorry. Musste ich mal loswerden.)




Mania - 13.09.2007 um 21:07 Uhr

Diese Nachricht wurde von Mania um 21:09:48 am 13.09.2007 editiert

Diese Nachricht wurde von Mania um 21:08:52 am 13.09.2007 editiert

Ich muss mich korrigieren. Landshoff, Feuchtwangers damaliger Verläger wollte das Buch in drei Teilen erscheinen lassen, weil das 800 Seiten Werk finanziell sonst nicht tragbar gewesen wäre. 1939, als es fertig gestellt wurde, war in Europa die Hölle kurz vorm losbrechen. Es wurde dann aber doch 1940 in Holland als Ganzes gedruckt.
Dafür haben die Russen es aber eine Jahr zuvor zerstückelt gedruckt.

Wenn das Buch in drei Teilen erschienen wäre, wäre es aber nicht sehr fatal gewesen und auch verständlich. Es ist von vornherein in drei Teile unterteilt. Und es sollte in 3 aufeinander folgenden Monaten erscheinen.




LX.C - 14.09.2007 um 15:07 Uhr

"Erfolg" hat auch über 800 Seiten und ist in drei Bücher unterteilt. Erfolg selbst allerdings ist dazu nur ein Werk aus einer Triologie. Wahnsinn. Frage mich manchmal, wie man das zustande bekommt.



Mania - 14.09.2007 um 15:33 Uhr

Exil ist auch ein Werk aus einer Trilogie. Der Wartesaal-Trilogie. Erfolg ist aus der Josephus-Trilogie, richtig?

Exil sollte eigentlich noch länger werden als Erfolg, zumindest geht das aus einem Brief von Feuchtwanger an Arnold Zweig hervor, in dem er schrieb, dass es wohl "nicht unter 1000 Seiten abgeht."

Es ist wirklich erstaunlich, wie er diese Schinken geschrieben hat. Manchmal ist der Anfang aber sehr langatmig. Trotz allem, ist jedes seiner Bücher sehr komplex und ich wüsste nichts zu kürzen, falls man sich das bei ihm irgendwie anmaßen könnte.




LX.C - 14.09.2007 um 18:43 Uhr

Zur "Wartesaal-Triologie" gehört "Erfolg", neben "Die Geschwister Oppermann" und "Exil". So stehts Klappentext.
Scheinst dich ja mit Feuchtwanger schon näher beschäftigt zu haben?




Mania - 14.09.2007 um 19:51 Uhr

Diese Nachricht wurde von Mania um 19:53:24 am 14.09.2007 editiert

Ach ja stimmt. Hab´s durcheinander gebracht. Josephus ist "Der jüdische Krieg" "Die Söhne" und "Der Tag wird kommen."

Ich hab ne Arbeit über ihn geschrieben, besser gesagt über "Exil" und die Situation im französischen Exil. Deswegen wunder ich mich grade, wie ich das verwechseln konnte. Noja, passiert.

Feuchtwanger ist einer meiner liebsten Autoren. Was erstaunlich ist, ist die Tatsache, dass Feuchtwanger kein Romanautor sein wollte. Ihm lagen Theaterstücke am Herzen, aber seine Frau hat ihn "überredet". Umso erstaunlicher, dass er solche Werke schrieb.




LX.C - 17.09.2007 um 17:24 Uhr

Diese Nachricht wurde von LX.C um 17:41:35 am 17.09.2007 editiert

Aber der Feuchtwanger ist echt interessant. Hab mich noch nie mit ihm auseinandergesetzt. Der hat das gegenwärtige politische Geschehen mit dem Gedanken festgeschrieben, wie man seinen Roman im Jahre 2000 lesen würde. Er hat also einen Gegenwartsroman quasi schon als historischen Roman verfasst. Darauf muss man erstmal kommen.

Und der Pröckel in "Erfolg“ soll den Brecht darstellen und der kriegt ordentlich sein Fett weg. Und der Brecht hat sich über Feuchtwangers kleine Rache mokiert. Ich könnt mich wegschmeißen, der Pröckel, Revolutionsromantiker in Ingenieursstellung *hihi*

Ansonsten zeigt mal wieder eins: "Es ist ein Jammer, daß ich von den Gegnern besser begriffen werde als von den Freunden." (Feuchtwanger), dass man sich zur damaligen Zeit eine literarisch neutrale Beobachter-Position, die keine klare Stellung für eine der dominierenden Ideologien bezieht, kaum erlauben durfte, das Problem vieler bürgerlicher Exil-Autoren.


Ich muss mich übrigens auch korrigieren. Erfolg ist in 5 Bücher unterteilt, nicht in 3.




Mania - 17.09.2007 um 23:02 Uhr

Diese Nachricht wurde von Mania um 23:03:53 am 17.09.2007 editiert

Ich glaube, die Problematik des Nichtvorhandenseins einer gewissen Neutralität zeigte sich vor allem in der französischen Volksfront. Literarisch und politisch gesehen.

Feuchtwanger und Brecht ist auch eine Sache für sich. Der Titel "Die Dreigroschenoper" kam von Feuchtwanger. Ich weiß nicht, ob du die Geschichte kennst, aber ich erzähl sie mal. Falls du sie kennst, kannst du getrost darüber hinweglesen.

Brecht hatte in seinen Studienjahren in München ein Theaterstück geschrieben und wusste nicht was er nun damit tun solle. Er ging in ein Café, in dem sich viele Theaterschauspieler und andere Theatermenschen trafen und sprach dort den bekanntesten Schauspieler unter ihnen an. Dieser sagte zu Brecht "Geh zu Feuchtwanger.", was er daraufhin tat. Bei Feuchtwanger angekommen, sagte Brecht "Ich habe ein Theaterstück geschrieben und weiß nicht was ich damit tun soll." Feuchtwanger erwiderte "Geben Sie es mir." Brecht aber meinte "Es ist aber nicht gut, ich habe es nur geschrieben, um Geld zu verdienen." "Nun haben Sie es schon geschrieben, geben Sie es mir." Brecht wieder "Ich habe aber noch ein besseres geschrieben." "Dann bringen Sie mir das auch."

Die Stücke waren "Die Dreigroschenoper", die von Brecht aber den Titel "Die Ludenoper" erhielt und "Trommeln in der Nacht." von Brecht "Spartakus" genannt. Feuchtwanger hat sie geändert und wir wissen wohin es geführt hat.

Brecht und Feuchtwanger wurden danach enge Freunde, so weit ich weiß, jedoch meinte Feuchtwangers Frau, dass sie sehr oft zankten und sich uneins waren und gerade deshalb so gut zusammen arbeiten konnten. Feuchtwanger soll es leid getan haben Brecht im "Erfolg" mit seiner Karikatur derart gekränkt zu haben, aber das Buch war schon in Druck.

Ich habe Erfolg noch nicht gelesen, aber ich sollte es demnächst tun. Ein Buch, das bei mir schon lange auf der "Zu lesen" Liste steht.




Gast873 - 17.09.2007 um 23:34 Uhr

Jurij Nagibin "Steh auf und wandle"

Grüße
Hyperion




LX.C - 18.09.2007 um 16:11 Uhr

Interessante Geschichte.

Für folgenden Ausspruch soll sich Feuchtwanger gerecht haben: "er [Brecht] betrachte seine Freundschaft zu Feuchtwanger nur als Sprungbrett. Er nütze ihn einfach aus, sein Werk sei ihm völlig gleichgültig." (aus dem Nachwort, Aufbau Verlag)




Mania - 18.09.2007 um 19:49 Uhr

Wer hat diesen Spruch gesagt?



Joseph_Maronni - 18.09.2007 um 21:32 Uhr

Hunter S. Thompson – Gonzo Generation. Das Beste aus den Gonzo Papers.
Heyne Verlag. Deutsche Erstausgabe 2007. 9,95 €. Man könnte auch sagen: 10 €.

Dazu themenpassend:
Zitat:

Auch Nixon tut wixen
Unbekannter Künstler an einer Klowand in meiner damaligen Schule.




LX.C - 19.09.2007 um 21:13 Uhr

[Quote]Wer hat diesen Spruch gesagt?[/Quote]

Na Brecht; soll.




baerchen - 19.09.2007 um 21:16 Uhr

Zitat:

Unbekannter Künstler an einer Klowand in meiner damaligen Schule.
Heutzutage ist einfach jede(r) Künstler.




LX.C - 20.09.2007 um 13:41 Uhr

Die "Brecht-Figur" Pröckel hat übrigens gerade gekündigt, lässt sich aber von dem Industriellen aushalten. Sein schickes Auto zu verlieren hat er auch Angst. War Brecht nicht Auto-Narr? Ich meine, ich las einst so etwas. *hihi*

Übrigens finden in "Erfolg" auch Feuchtwanger und seine Frau zusammen. Natürlich auf Romanfiguren übertragen :-)

Also lange Rede kurzer Sinn, liebe Mania, ich kann dir den Roman wahrlich empfehlen, auch wenn du bewanderter bist in Sachen Feuchtwanger als ich.




Mania - 20.09.2007 um 19:19 Uhr

Ich glaub auch, dass Brecht ein Autonarr war, könnte jetzt aber nicht Stein und Bein schwören.

Ich werd mir das Buch demnächst besorgen.

Was mir an seinen Büchern immer auffällt, sind die wenigen Dialoge. Er beschreibt sehr viel. Man weiß trotz allem, wer wie zu wem steht.




LX.C - 20.09.2007 um 19:59 Uhr

Ja, da hast du recht. Ist alles nur beschreibender Stil. Dachte auch erst, dass mich das langweilen wird, wenn der direkte Dialog fehlt; bin da nämlich nicht so Fan von. Aber er hält das Spannungslevel immer so konstant, dass man gerne weiter liest.



LX.C - 21.09.2007 um 17:31 Uhr

Pröckel ... äääch quatsch, meine
Bertolt Brecht - Mutter Courage und ihre Kinder
mit Illustrationen von Bernhard Heising.

Schickes gebundenes Buch in Großformat und Pappschuber.




LX.C - 22.09.2007 um 22:18 Uhr

Wow, das Buch ist auf 800 Stück limitiert; und doch nicht ausverkauft. Wer noch schnell son Schätzchen abgreifen will, bei Jokers gibts verbilligt. Nur so mal als Tipp für Liebhaber.



Gast873 - 23.09.2007 um 19:27 Uhr

Bald fange ich an mit Arno Schmidts "Gelehrtenrepublik"

Gruß,
ein Tübinger




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