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--- Unterm Weihnachtsbaum

Hermes - 18.11.2007 um 10:53 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hermes um 10:55:27 am 18.11.2007 editiert

Als ich noch ein kleiner Knirps war, stand unser Weihnachtsbaum noch im Wohnzimmer (später dann erst im Eßzimmer). Meine Mutter scheuchte am Heiligabend Vater und mich aus der Küche, um dort in aller Ruhe das Weihnachtsessen vorbereiten zu können.
Wir beschäftigten uns dann meist damit, den Weihnachtsbaum, der schon seit einiger Zeit hinter dem Haus lagerte, in die Wohnung zu holen und aufzustellen.
Bevor es soweit war, mußten Christbaumständer, Lichterkette und Schmuck vom Speicher geholt werden. Dies war immer ein bißchen aufregend, da das Besteigen unseres Speichers nur durch Überwindung einer alten, selbstgezimmerten und ziemlich asymmetrischen Holzleiter verbunden war. Gerne nutzte ich die Gelegenheit, mit Vater dort oben hinauf zu klettern (alleine war es mir verboten - und zu dieser Zeit pflegte ich Verbote noch zu beachten!), um auf dem Speicher (Vater nannte ihn "Söller") in all dem alten Gerümpel herumzustöbern, das man dort finden konnte.
Als alle notwendigen Utensilien eingesammelt worden waren, konnte die eigentliche Arbeit beginnen: Der Baum, meist war es eine einfache Fichte, wurde an den für ihn vorgesehenen Ort in der Ecke des Wohnzimmers platziert, und oftmals waren einige Wutausbrüche meines Vaters nötig, bis er endlich so dastand, wie man es von einem anständigen Weihnachtsbaum erwartete - nämlich kerzengerade!
Die Lichterkette wurde ausgebreitet, und Vater begann, die Birnchen fein säuberlich von oben nach unten in den Baum zu drapieren. Das Schmücken des Baumes selbst überließ er lieber mir und Mutter.
Aber dieser Vorgang des Baumaufstellens, das Klettern auf den Speicher, das Anbringen der Lichterkette und natürlich das eigentliche Schmücken waren für mich, den Knirps, das Sinnbild des beginnenden Weihnachtsfestes.
Weihnachten! Was für ein undurchdringlicher Zauber, was für eine heimliche Vorfreude auf die Geschenke, was nur irgend denkbar Geheimnisvolles barg allein das Wort!
Die geöffneten Türchen des Adventskalenders mehrten sich ebenso von Tag zu Tag wie mein unruhiges Wohlbehagen hinsichtlich der Bescherung.
Am Heiligen Abend selber wollte die Zeit niemals vergehen, die Uhren schienen langsamer zu laufen als sonst.
Wenn der Baum fertig geschmückt war, genoß ich es, soweit ich mich erinnern kann, mich auf dem Rücken liegend unter den Baum zu platzieren und durch das dichte Gezweig nach den bunten Kugeln und den Lichtern zu spähen, die sich meinem Blick scheinbar zu entziehen suchten. Einer der schönsten Tage des Jahres war gekommen, und ich versuchte, ihn trotz meiner Ungeduld zu genießen.
Der Duft der frischen Zweige und seine Präsenz in unserem Wohnzimmer an sich hatten den Baum unvermittelt zum Blickfang, aber auch zum Zentrum meiner kindlichen Hoffnungen und Wünsche werden lassen!
Ich liebte Weihnachtsbäume, von ihnen ging Gutes aus und sie schienen einen glücklich zu machen. Ich versuchte also, ihnen so nahe wie möglich zu sein und die etwas eigenartige Atmosphäre aus der ungewohnten Perspektive einzusaugen...
Auch heute, da ich längst erwachsen bin und gelernt haben sollte, kindische Vorfreude im Zaum zu halten, geht es mir nicht anders. Niemals versäume ich es, mit Linus meine Weihnachtsbäume aus dem Blickwinkel des Frosches in Augenschein zu nehmen.




baerchen - 18.11.2007 um 15:22 Uhr

Seeehr schön.
Danke für den Einblick.

Wermutstropf beim durchlesen:
-Du ´Platzierst´ zwei mal im Text. Als Du das mit Dir selbst unterm Weihnachtsbaum machst, gefiel mir das nicht so gut.
-´kindische´ Vorfreude
Ich weiß nicht, ob Du das so gemeint hattest.
Andererseits hast Du ´kindlich´ an anderer Stelle auch schon gebraucht?...
b.




Mania - 18.11.2007 um 18:00 Uhr

Zum Einschlafen ist es super.



Hermes - 18.11.2007 um 20:36 Uhr

Zitat:

Zum Einschlafen ist es super.

Oha. Das ist deutlich. Trotzdem danke.




Hermes - 18.11.2007 um 20:38 Uhr

Zitat:

-Du ´Platzierst´ zwei mal im Text. Als Du das mit Dir selbst unterm Weihnachtsbaum machst, gefiel mir das nicht so gut.

Stimmt, hast recht.

Zitat:

-´kindische´ Vorfreude
Ich weiß nicht, ob Du das so gemeint hattest.
Andererseits hast Du ´kindlich´ an anderer Stelle auch schon gebraucht?...
b.

Eben.




DataBoo - 18.11.2007 um 21:53 Uhr

Hm
Hm
Tja, hm...die verloren geglaubte Seite aus dem Aufsatz *Ich und mein Weihnachtsfest* ist wieder da! Yep! Sorry Hermes, aber belangloser gehts nimmer...egal.

Sicherlich ist die Zeit deiner Verbotsmißachtung für uns Leser spannender. ;-)

Gruß
DataBoo




baerchen - 19.11.2007 um 00:35 Uhr

´Ich will aber ein besinnliches Weihnachtsfest´ das Bärchen stampfte mit beiden Füßen trotzig auf.
´Ich will Ruhe und Frieden. Wenigstens zu Weihnachten.´


@hermes:
kindisch und kindlich ist doch nicht dasselbe? Nicht einmal das gleiche?
Da muss es doch noch andere Möglichkeiten geben...? Los, hermes, wirf doch noch mal die grauen Zellen an.

Erwartungsvolle Grüße, bärchen.




Hermes - 19.11.2007 um 10:12 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hermes um 10:12:23 am 19.11.2007 editiert

Zitat:

@hermes:
kindisch und kindlich ist doch nicht dasselbe? Nicht einmal das gleiche?
Da muss es doch noch andere Möglichkeiten geben...? Los, hermes, wirf doch noch mal die grauen Zellen an.

Erwartungsvolle Grüße, bärchen.

Nee, hm, hm, tja, lieber nicht - ich werde das Gefühl nicht los, daß die obige kindlich-kindische Beschaulichkeit nicht so wirklich gut ankommt...hm, hm...ich lasse mir was Neues einfallen - vielleicht stehen die Leser mehr auf Osterhasen??




baerchen - 19.11.2007 um 12:59 Uhr

Wenn die Osterhasen aus Schokolade sind und erst zu Weihnachten auf den Gabentisch kommen, wird Deine Fangemeinde ganz schnell noch kleiner.

Zudem: welche Leser hattest Du denn im Blick? - Die Bärchenfraktion hast Du schon fast überzeugt. - Dranbleiben: Als Werk einstellen, dort weiter bearbeiten. Bis Weihnachten ist der Text bestimmt ´rund´.




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