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-- Prosa
--- Der Mann neben mir
AlmaSchneider - 26.09.2010 um 15:28 Uhr
Der kommt nie an, denke ich noch. Der hinterlässt keine Spuren auf seinen Wanderungen durch die U-Bahnhöfe.
Ungeduldig lauscht er, hofft auf das Pfeifen und Dröhnen aus der Dunkelheit.
Der kommt nie an, denke ich wieder. Der wurde schon zu oft geopfert, von so genannten Freunden und Gönnern.
Der ist einer, der den täglichen Tretminen immer wieder zu entkommen sucht. Mit zusammengefalteten Mund.
Ein Alltagsheld, der sein Brot abends allein am Küchentisch isst. Er trägt keinen Ring am Finger, das Licht im Mund macht ihn kindlich.
Jetzt schlägt ihm der fremde Atem aus dem Tunnel entgegen. Fröstelnd zieht er den Kopf zwischen die Schultern.
Der lächelt nie, denke ich wieder. Sicherlich kennt er auch keine Taschenspielertricks
und zwischen seinen gelben Fingerkuppen zerrinnt ihm alles.
Wie viele Liebesbriefe kann er wohl noch zählen in seinen ausgebrannten Wohnzimmern und den überschwemmten Kellern?
Der ist Nirgends und Niemand, der verschläft den Sendeschluss. Dann ist er tot.
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