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-- Medienkritik & Kommunikation
--- Das Labor im „Rheintor“

Matze - 10.01.2011 um 22:25 Uhr

Diese Nachricht wurde von Matze um 22:26:53 am 10.01.2011 editiert

Auf dem Hochseil des Kunstzirkus ist nicht viel Platz: Event–Ausstellungen und trendige Messen mit immer jüngeren Künstlerstars geben weltweit den Ton an. Da müssen sich selbst Museen etwas einfallen lassen, um ihre nicht immer taufrischen Sammlungen aufmerksamkeitswirksam zu präsentieren.rnrnWas die Artisten der Ausstellungsreihe „Rheintor“ - Linz am Rhein verbindet ist der Rhein. Alles im Fluß, in Fluß. Das Fachidiotentum ist perdü, das Labor dokumentiert die Durchlässigkeit zwischen den Kunstgattungen. Diese Artisten interessieren sich für eine Kunst, die nicht illustriert, sondern anders politisch relevant ist. Es sind Künstler, die sich für Lebensentwürfe und das Zusammenleben interessieren und nicht für standardisierte Wege. Diese Art zu arbeiten befreit diese Artisten von der Massenidentität, die just in der globalisierten Gesellschaft entsteht. Diese Artisten machen keine Kunst, um Antihelden einer Subkultur zu sein, sondern vor allem, um die Sinngebung durch Kunst zu retten, um unter der Arbeit zu zeigen, was es bedeutet als Individuen zu überleben.rnrnnDer Geist, so hat Hegel gelehrt, ist nicht ein Ruhendes, sondern vielmehr „das absolut Unruhige, die reine Tätigkeit.“ Die Geisteswissenschaften definieren sich mit und über Sprache, und die Sprache ist die stärkste Klammer, die die Geisteswissenschaften zusammenhält. Eine starke Klammer ist angesichts der Vielfalt der geäußerten Ansichten über Sinn und Zweck der Geisteswissenschaften auch vonnöten. Kants Kritik der Vernunft muß in 21. Jahrhundert zu einer Kritik der Kultur werden. Es liegt ausschließlich an den Artisten, sie müssen gegen den Nivellierungstrend andere Maßstäbe setzen. Artisten wie Klaus Krumscheid, Andreas Noga, Charlotte Kons, Joachim Paul, Stephanie Neuhaus, Theo Breuer, Birgit Jensen, Francisca Ricinski, Almuth Hickl, Stan Lafleur, Dietmar Pokoyski, Enno Stahl, Haimo Hieronymus, A.J. Weigoni, Denise Steger, Peggy Neidel, Katja Butt, Heidrun Grote, Jürgen Diehl, Bernhard Hofer, Peter Meilchen, Thomas Suder und Jesko Hagen pflegen die Kunst des Möglichen – desjenigen Möglichen, das Wirklichkeit werden kann.rnrn"Close your eyes and see", forderte Nam June Paik mit der Installation "Global Groove" und fordert eine innere Versenkung als die Abkehr von der Oberflächlichkeit. Paiks Aufforderung lässt sich auch im Medienzeitalter verstehen: als Einladung nämlich, alltägliche Bilder und Gedanken eine Zeit lang auszublenden, um die Sinne für etwas anderes, Neues oder auch "unerhört Visuelles" zu schärfen.rnrnnWährend die Frage: Was will uns der Maler sagen, verpönt ist, wird die Frage: Was wollen die Bilder? durch den Fragenden geadelt. Daß Bildern ein bestimmtes Wollen eingeschrieben sein kann. Bilder stellen so etwas wie "Lebensformen" dar, "die durch Begierden, Sehnsüchte angetrieben werden" – geht einher mit einer Negierung des KünstlersrnrnDie Reihe beginnt mit „Heimspiel“ von Klaus Krumscheid / Lyrik von Andreas Nogarnrn15. Januar ab 17.00 Uhr „Rheintor“ - Linz am RheinrnrnDas Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811




Matze - 11.01.2011 um 05:19 Uhr

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Vordergründig machen es einem die Gedichte von Andreas Noga leicht. Leider passiert es dabei, daß man sie zu häufig überliest. Glücklicherweise haben Bücher eine gute Eigenschaft, sie laufen nicht weg und warten auf den Leser.rnrnAndreas Nogas Gedichte sind von einer spielerischen, einer zweckfreien Verwendung der Sprache. Viel von dem zerebralen Aufwand, der nicht selten in der Gegenwartslyrik betrieben wird, um nur ja nicht in den Verdacht des Klischees oder der Gefühlslastigkeit zu geraten, erscheint nach der Lektüre dieses Bandes beinahe pathetisch. Ein immenser Witz ist seinen Gedichten zu eigen. Gelegentlich erinnern sie an Günter Eichs »Maulwürfe«, denen gleichfalls nichts heilig ist, alles aber wertvoll, weil verstörend, berührend. Noga geht reduktionistisch mit der Sprache um. Elegant umgeht er die Untiefen und sucht stets nach den kühlsten Stellen.rnrnAuch was den Vortrag angeht ist dieser Lyriker kein Lautsprecher. Noga sprich leise, aber mit Nachdruck und wirkt dabei sehr souverän, höflich und eloquent. Sprachgenau bringt in stimmungsintensiven Bildern die Natur zum Sprechen, ohne Pathos, ohne Klage entsagt er rostig gewordenen Utopien und lotet die Untiefen des gegenwärtigen Weltzustandes auf. Anders als sonst in zeitgenössischen Gedichten gängig, spricht sich ein Ich mit größtmöglichem Abstand zum Lyriker aus.rnrn15. Januar, 17.00 Uhr „Heimspiel“ von Klaus Krumscheid, mit Andreas Nogarnrnrnim Rheintor, Linz, Rheinkilometer 630rnrnAls Einzeltitel u.a. erschienen: »Nacht Schicht«, Edition YE. »Lücken im Lärm«, Silver Horse




Matze - 13.02.2011 um 08:57 Uhr

Keine Einsicht ohne R(h)einsicht

Nach dem erfolgreichen Auftakt der Reihe mit dem “Heimspiel” von Klaus Krumscheid und einer Lesung von Andreas Noga steht am 19. Februar ab 17.00 Uhr die nächste Veranstaltung ins Haus, bzw. das Rheintor.
“Keine Einsicht ohne R(h)einsicht” lautet der Titel der Veranstaltung der Artistin Charlotte Kons und des Buchstabenmenschen Joachim Paul.

Die Vielschichtigkeit der Arbeiten von Charlotte Kons läßt staunen. Man möchte es dem Theaterunternehmer Louis Jacques Mandé Daguerre gleichtun, dieser reichte bei öffentlichen Präsentationen seiner Daguerreotypien Vergrößerungsgläser herum, um das Staunen über die Detailtreue dieser Bilder noch weiter anzuheizen. Was sich in ihren bisher bekannten Arbeiten und auf anderen künstlerischen Feldern dieser vielseitigen Artistin angedeutet hat, nimmt Kons in den aktuellen Bildern auf, das konsequente Spiel mit Form und malerischer Komposition. Die Photos zu „Keine Einsicht ohne R(h)einsicht“ bildet einen Kontrapunkt jenseits des von den Polen Form und Inhalt abgesteckten Feldes in dem sie sonst operiert. Kons stellt eine weit verbreitete Vorstellung von Photografie in Frage: Als ein Spiegel der Wirklichkeit gebe sie wieder, was einmal tatsächlich so gewesen sei. Alfred Stieglitz zählte auch zu den ersten Photografen, die das Medium aus dem Dienst der Realitätswiedergabe zu befreien suchten; seine meditativen Wolkenstudien, „Equivalents“ genannt, kann man als impressionistische Stimmungsbilder deuten, die den Himmel als Projektionsfläche nutzen. Gerade durch ihren genauen Blick wird deutlich, wie zentral für Kons Arbeiten sonst Themen und Inhalte sind. Diese Artistin variiert ihre künstlerische Positionen mit starker Geste: die Flüchtigkeit aller Dinge. Die Assoziationen im Kopf des Betrachters angesichts dieser Ambivalenzen verselbständigen sich. Fügt sich ein Gesamtbild zusammen?

Die Photos zu „Keine Einsicht ohne R(h)einsicht bewegen sich zwischen einem rheinischen Formalismus und persönlich gehaltenen Serien. Es entsteht ein Feld, das man angesichts seiner Nüchternheit, wenn nicht gar Leere nur mit Zögern ein Bild nennen möchte. Kons erbringt mit dem Einblick in ihr aktuelles Forschungslabor den Beweis für die Lebendigkeit ihres Werks. Ihre Bilder reflektierten mit dokumentarischer Coolness eine postmoderne, dem ökonomischem Kalkül völlig unterworfene Lebenswelt, dabei geht es nicht um Beanstandung, sondern um Bestandsaufnahme. Dies verleiht ihren Aufnahmen die Aura und das poetische Pathos. Photografische Wirklichkeit muß, mit allem was daraus folgt, auf dem Adjektiv betont werden. Alle diese Bilder sind dazu gemacht, unseren Blick auf hintersinnige Weise zu verführen und hierbei den Glauben an eine ins Bild getretene Wirklichkeit grundlegend zu irritieren. Und vor allem sind sie eine Aufforderung, bei Betrachtung der Photografie doch noch einmal ein Vergrößerungsglas zur Hand zu nehmen.

Matthias Hagedorn




Matze - 13.02.2011 um 08:57 Uhr

Homme de lettres

Wer dem Wort zugetan ist – und damit der Sprache, dem Geist und der Vernunft der darf mit Fug und Recht Buchstabenmensch genannt werden. Von einem Homme de lettres erwartet man ebenso wie vom Scharfrichter, daß er sich ständig entschuldigt. Dieser muß Abbitte leisten, weil er zu tödlich ist, jener, weil er nicht tödlich genug ist. Joachim Paul setzt sich bewußt mit seinen Essays zwischen die Stühle, weil er gegen den intellektuellen Mainstream bürstet. Er weist damit den Verdacht zurück, seine Essays seinen zu klein und zu nebensächlich, eine seltsame, irgendwie veraltete Form des Journalismus. Seine Essays sind kein langer Roman, auch keine wissenschaftliche Abhandlung, im Idealfall aber verbindet er die Qualitäten der Gattungen. In seinen Essays geht die abstrakte Reflexion mit der einnehmenden Anekdote einher, er spricht von Gefühlen ebenso wie von Fakten, er ist erhellend und zugleich erhebend.

Versuchsplattform für sein Schreiben ist der vordenker.de. Gegründet wurde dieses Forum von Joachim Paul in der Mediensteinzeit 1996. Zuverlässig versammeln sich dort Dichter und Denker. Joachim Paul erforscht Gebiete, die über den Rand der Buchstaben und Texte hinausreichen. Sie dehnen sich in gewisser Weise indes sogar über die Grenzen von Geist und Vernunft hinaus aus. In der Tradition Montaignes versteht er den Essay als Versuch, gibt diesem aber den naturwissenschaftlichen Sinn des Experiments, der experimentellen Versuchsanordnung und zugleich die existenzielle Bedeutung des Lebensexperiments und vertieft beides so ins Abgründige, dass aus dem Versuch sowohl die Versuchung wie der Versucher und das Versucherische sprechen. Welche labyrinthischen Gedankengänge bei diesem Auswahl– und Transformationsprozess durchlaufen werden, wie schnell ein brauchbarer Gedanke zu Abfall und Nebensächliches fruchttragend werden kann, beschrieb Joachim Paul in seinen Essays.

www.vordenker.de

Eine Werkschau von Joachim Pauls Arbeit als Musiker findet sich unter: http://www.vordenker.de/metaphon.htm

19. Februar ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz




Matze - 14.03.2011 um 09:46 Uhr

Aller guten Dinge sind Drei


Wie kaum eine andere Werkstattgalerie in Deutschland hat ‘Der Bogen’ immer großen Wert auf die handwerkliche Erarbeitung von Künstlerbücherm gelegt. Von den Materialbüchern des Jürgen Diehl, über die »Schland-Box« von Peter Meilchen, bis hin zu den Haimo Hieronymus und A.J. Weigonis Erkundungen über die Möglichkeiten der Linie zwischen Schrift und Zeichnung findet sich eine Vielfalt des Ausdrucks, die ihres Gleichen sucht.

Diese Tradition wird nun fortgesetzt durch Stephanie Neuhaus mit ihrem neuen Künstlerbuch. In »Fund a Mente« geht Stephanie Neuhaus einen Schritt weiter, nutzt Zinkplatten als Hochdruck und beschränkt sich konsequent auf die Trennschärfe zwischen Schwarz und weiß. Der Titel verweist darauf, dass die Grundlagen der Betrachtung schwankend geworden sind, was bleibt sind Schnitte und Ausschnitte. Der Betrachter konstruiert seinen Sinnzusammenhang selbst.

Das gebrochene Schwarz der Drucke lässt das neue Künstlerbuch authentisch erscheinen, denn überall könnten diese Brüche entstehen. Mit der Zeit ‚liest’ man sich sogar in diese eigene Ästhetik ein.

Die kurze Form ist auch Haimo Hieronymus einen Versuch wert. Seine sprachlichen »Miniaturen« gehen ins Aphoristische. Als Sprach-Bildner prägt Haimo Hieronymus visuelle Sprachskizzen, Polaroids der Erinnerung. Und dies in Form eines Künstlerbuchs, das über die Edition Das Labor bestellt werden kann.

Am 19. Merz wird Haimo Hieronymus aus den „Miniaturen“ und seinem neuen Künstlerbuch „Aquatik“ ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz lesen.


»Fund a Mente« von Stephanie Neuhaus in der Edition Das Labor 2011

»Aquatik« von Haimo Hieronymus in der Edition Das Labor 2011
»Miniaturen« von Haimo Hieronymus in der Edition Das Labor 2009




Matze - 15.03.2011 um 15:35 Uhr

Eine Basis finden

Feste Grundlagen sind unabwägbar in Zeiten, in denen sich die ach so sicheren Permafrostböden unserer Kultur anschicken restlos aufzutauen und alles mit sich in den matschigen Grund zu reißen, ganz langsam und kaum merklich, gerade deshalb gefährlich. Wer auf die absolute Archivierung durch das Internet oder digitale Datenträger rechnet, hat vergessen, dass Einsen und Nullen plötzlich verschwinden können, wenn es beliebt oder von Magnaten gewünscht wird. Künstlerbücher haben dieses Problem keinesfalls.

Wie bereits bei ihrem ersten Künstlerbuch »Schattenfluss« läßt sich auch bei ihrem neuen Künstlerbuch die Arbeit von Stephanie Neuhaus mit drei Schlagworten beleuchten:

Nüchtern, beobachtend und pointiert.

In »Fund a Mente« geht sie einen Schritt weiter, nutzt Zinkplatten als Hochdruck und beschränkt sich konsequent auf die Trennschärfe zwischen Schwarz und weiß. Der Titel verweist darauf, dass die Grundlagen der Betrachtung schwankend geworden sind, was bleibt sind Schnitte und Ausschnitte. Der Betrachter konstruiert seinen Sinnzusammenhang selbst.

Unabwendbar für Architekturen allemal, daß diese auf haltbaren Fundamenten ruhen, die nicht einfach dahingehen können. Eine statische Sicherheit finden. Über den Moment hinaus. Nach dem ersten ihrer Künstlerbücher, die sich mit ästhetischen Untersuchungen architektonischer Möglichkeiten und Grenzen ihrer Wahrnehmung befaßen, "Favelas", schaut Stephanie Neuhaus nun unter die Gebäude und befragt mit »Fund a Mente« die wacklige Basis. Wie gewohnt rau und vereinfachend entstehen auf dem Weg des Schneidens von Zinktafeln geometrische Figuren, die ganz knapp an den Gewohnheiten unserer Betrachtung vorbeischrammen, an den Oberflächen glatter Kühle schmerzhafte Wunden hinterlassen und den Betrachter voller verwunderter Fragen zurücklassen. Da werden die Formen seltsam gestaucht, an fragwürdigen Stellen verstümmelt, manchmal scheinbar überlagert.

Das gebrochene Schwarz der Drucke lässt das neue Künstlerbuch authentisch erscheinen, denn überall könnten diese Brüche entstehen. Mit der Zeit liest man sich sogar in diese eigene Ästhetik ein.

Stephanie Neuhaus ist auch mit ihrem neuen Buch ein weiterer Pflastersteinwurf gelungen, der absichtlich schmerzhaft auf die Augen zielt und wie ganz nebenbei mit Wucht trifft. Die Artistin verfolgt abermals das Ideal eines Künstlerbuches, sie untersucht das Wesen des Schlagschattens in ihren Schnitten. Ein Buch für Liebhaber.

Matthias Hagedorn

»Fund a Mente« von Stephanie Neuhaus in der Edition Das Labor 2011




Matze - 16.03.2011 um 05:25 Uhr

Sand, der durch die Hände rinnt

Jeder der die bisherigen Arbeiten von Haimo Hieronymus kennt, weiß, daß bereits der Titel "Aquatik" pure Ironie ist. Wer so ein Misstrauen gegenüber dem Meer hat, wen es dermaßen langweilt, daß er vor Jahren schon auf die Frage, wie es denn an der Nordsee gewesen sei, antwortete:

"Schwaaaaap - schwaaap -schwaaap", der kann einfach kein Buch machen, daß frei ist von ironischen Sarkasmen. Bei all dem bleiben seine Texte doch auf sympatische Weise liebenswert und wollen nur ganz nebenbei abrechnen. Zuweilen entglitt meinem stoischen Gesicht ein zunächst zaghaftes, dann aber dauerhaftes Schmunzeln der Selbstertappung. Da erkennt man plötzlich, daß die vielzitierte frische Meeresbrise eigentlich gar nicht so frisch riecht, wenn man nur ehrlich ist, daß der Kaffee in Strandcafes anders als erwartet kommt - oder eben nicht; wie die lieben Mitmenschen sich plötzlich verhalten können und in welche Rolle man sich selber versetzt sieht.

Solange es Menschen gibt, die sich die Mühe machen, mit Worten etwas Unkonventionelles anzu¬stellen, muß einem nicht bange sein um das Beobachtungsfest der "Aquatik" welches von Hieronymus zu kürzesten lyrischen Texte verdichtet wird. Im Anschluss an das letzte Buch "Miniaturen" ein konsequenter weiterer Schritt immer ein Stück daneben. Nur eine verletzte Auster produziert eine Perle: Kunst.

Konterkariert werden diese Texte von einigen kleinen Holzschnitten in Pariserblau gedruckt. Die Motive erinnern an Dinge, die man am Strand findet, die man aber doch nicht zuordnen kann. Entstanden sind die Druckstöcke vor 2005, die Texte 2009. Texte und Holzschnitte sind jeweils zu einem autonomen Buchblock gebunden und finden sich in einem eigenwilligen und haptikbetonten Holzdeckelbuch mit Stift.

Hieronymus verfolgt damit zwei Gedanken: Autentizität des Materials und die Möglichkeit des Fertigmachens. Die Holzdeckel des Bucheinbands stammen von einer Überseeverpackung, die zerschnitten und mit all ihren Mängeln roh verwendet wurde. Der Stift soll den Leser dazu anregen, zum aktiven Nutzer des Buchs zu werden, der ergänzt, bildlich wie schriftlich und erst damit das Werk zu einem Ganzen macht.

Einige Exemplare hat Hieronymus an befreundete Künstler zur Weiterarbeit gegeben, so kommen nur 15 der signierten und handgebundenen Auflage von 29 Aquatikbüchern überhaupt in den Handel, dies und der für Künstlerbücher sehr niedrige Preis von 50,- Euro dürfte wohl dafür sorgen, daß diese Rarität schnell vergriffen sein wird.


Am 19. März wird Haimo Hieronymus aus den „Miniaturen“ und seinem neuen Künstlerbuch „Aquatik“ ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz lesen.




Matze - 10.04.2011 um 08:44 Uhr

Die Malerei sei “stumme Poesie”, die Poesie hingegen “beredte Malerei”, hieß es im klassischen Altertum, als man über den Wettbewerb der als verwandt betrachteten Künste nachdachte. Birgit Jensens Bilder sind schweigsam, und doch scheinen sie zu uns zu sprechen. Unsagbar schwer aber ist es, ihre Sprache in die Sprache der Laute und Schriftzeichen zu übersetzen. Völlig schlüssig ist daher in ihrer Arbeit die Auseinandersetzung mit Künstlerbüchern, das Moment zeitgebundener Subjektivität, das in diesem Verfahren steckt, ist einzugestehen. Es findet ein Korrektiv einzig in dem selbst wiederum schwer zu erfassenden Geist der Zeit, in der das Bild geschaffen wurde.

In einer Situation, wo Preisrekorde auf Auktionen regelmäßig mit künstlerischer Bedeutung verwechselt werden, bietet sich die Arbeit an Künstlerbüchern als Nebenschauplatz an. Künstler- Maler- oder eben Künstlerbücher findet man nicht in einem Supermarkt für Bücher.

Künstler wie Jensen sind individualistische Zeitgenossen. Weil ihre Bücher so selten sind und meist nur in kleinen Auflagen, werden diese auch als ˜rare books” bezeichnet. Das Künstlerbuch hat es beim Betrachter schwerer als das Bild. Man muß es aufschlagen und kann es nicht an die Wand nageln. Jensens Künstlerbücher sind so vielsprachig und vielschichtig wie die Sprache der modernen Kunst und wie die der menschlichen Kommunikation überhaupt. Wenn diese ausgestellt werden, so handelt es sich immer um einen Kompromiss, denn das Buch will gelesen, berührt werden, hier muß man es allerdings schonen. Jensens Künstlerbücher sind ein eigenständiges Genre der bildenden Kunst.


16. April “malschreiben” ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz. Mit Birgit Jensen, mit Francisca Ricinski.


Ankündigungen und Künstlerportraits: http://editiondaslabor.blogspot.com/
Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811




Matze - 10.04.2011 um 08:44 Uhr

Bestechend in ihrer Andersartigkeit und von hohem äthetischem Reiz sind die kurzen Geschichten und poetischen Splitter in dem Band “Auf silikonweichen Pfoten”. Erzählungsbände fordern vom Leser mehr Konzentration als Romane: immer neue Namen, immer neue Konflikte.

Auf den ersten Blick wirken diese Texte wie kleine Knäuel. Die Gedanken und Sätze laufen hier in verschiedene Richtungen, scheinen weder Anfang noch Ende zu haben. Das alles ist mehr als erträglich, weil Francisca Ricinski dafür eine Sprache hat, die sich auf nichts ausschließlich einläßt, sondern immer mit Augenzwinkern erzählt.

Bisweilen machen ihre Sätze Faxen, springen von hier nach dort, wieder zurück und auch mal absichtsvoll daneben. Über feine Wortschleifen und Bedeutungsverschiebungen verschlingt diese Rede sich immerzu neu - und läuft doch voran.

Ein wundersames Buch. Und sehr anders. Handlung gibt es fast keine, dafür handelt es von umso gewichtigeren Dingen, vom Leben zum Beispiel und vom Tod und den Toten und davon, was das alles miteinander zu tun hat. Über alldem und um all das herum bilden Humor und Traurigkeit eine Dichotomie, die das Ganze auch da, wo es wirklich ernst ist - und wahrscheinlich ist es das fast das ganze Buch über -, nicht ins Bierernste kippen lässt. Ihre Prosa ist raffiniert genug, seine Form nicht einfach zu behaupten, sondern auch zu zeigen, was sie überwinden will. Wer ihren besonderen Ton schätzt, jene Mischung aus Märchenanklängen, sprachschöpferischem Furor, gepflegter Schnoddrigkeit und etwas manierierter Erdenschwere, der wird mit den silikonweichen Pfoten erstklassig bedient. Durchgehend erweist sie sich als Meisterin des zwar nicht düsteren, aber doch gedrückten Tons.

Eines Stils, der traurig, aber niemals sentimental ist. In der vermeintlichen Nähe zeigt sich zugleich die Ferne.

Gegen Ende wird der Ton dieser Kurzgeschichten ambivalent: Härte, gedämpft durch Sentimentalität; Grobheiten mit einer Beimischung von Herzensgüte. Dem Spiegelkabinett können wir bei Francisca Ricinski nicht entrinnen. Das es ist der Kern ihres Denkens: Versöhnung von sich ausschließenden Kräften, sie zeigt, dass die Seele mit der Zauberkraft der Kunst und der Phantasie überleben kann.

Das lyrische und das reflektierende Ich sind bei Francisca Ricinski eins. Sie haben sich gemeinsam aus dem Korsett der Konvention gelöst.

Anders als diese möchte, widersprechen sie einander nicht. Sie bestärken einander. Ihre Prosa kennt wohl die Frage, aber nicht die Antwort, es sei denn Hölderlins “Was bleibet aber, stiften die Dichter”. Manches mag dann weniger werden und vieles uns abhanden kommen, die Dichtung aber bewahrt es, indem das Verlorene zur Kunst wird. Verklärung ist nicht die Sache von Ricinski, jedoch die Entdeckung von Schönheit noch in den winzigsten Gegenständen und Gesten.


16. April “malschreiben” ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz. Mit Birgit Jensen, mit Francisca Ricinski.


Ankündigungen und Künstlerportraits: http://editiondaslabor.blogspot.com/
Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811




Matze - 01.05.2011 um 09:15 Uhr

Die ersten Gäste der neuen Veranstaltungsreihe LiteraturClubDüsseldorf (LCD) sind die Berliner Schriftstellerinnen Monika Rinck und Daniela Seel, sowie die Domstädterin Marie T. Martin.

Die Berlinerin Monika Rinck ist in der jüngeren deutschen Literatur momentan wohl die einflussreichste Dichterin, die neben dem Schreiben von Gedichten, Prosastücken und Essays, immer auch zwischen den Künsten agiert, die zeichnet und performt oder alles zusammen, wie bei der von Monika Rinck mitbegründeten "rottenkinckshow", einem furiosen Bühnenprogramm aus Kunst, Musik und Literatur.

Die Dichterin Daniela Seel bislang vor allem als die Initiatorin und Möglichmacherin der jungen Berliner Literaturszene bekannt, als Verlegerin des kookbooks Verlages, der inzwischen eine feste Institution geworden ist, stellt in Düsseldorf ihren soeben erschienen Gedichtband „ich kann diese stelle nicht wieder finden“ vor und zeigt hier ihre wichtige, eigenständige poetische Position.

Die Autorin Marie T. Martin, hat am Leipziger Literaturinstitut studiert und schreibt groteske Prosaminiaturen, Gedichte und Erzählungen. Diesen Frühling hat sie im Leipziger Poetenladen Verlag ihren Debütband Luftpost vorgelegt, aus dem sie am 3. Mai 2011 lesen wird. Sie erzählt darin von Luftpostbriefen sowie von Frauen, die in Kleiderschrank wohnen und von fliegenden Zitronenpressen. Ihre Erzählungen und Prosaarbeiten leuchten die kleinen menschlichen Abgründe genau aus und verblüffen auf eine höchst amüsante und leihtfüßige Art und Weise.


3. Mai 2011, LCD - LiteraturClubDüsseldorf. Salon des Amateurs, Grabbeplatz.

Einlass 20:00, (pünktlicher) Beginn: 20:30h, Eintritt: 5 EUR




Matze - 08.05.2011 um 08:19 Uhr

Spielerische Erkundung des Materials

Schnelle Schnitte, psychedelisch verfremdete Bilder, perfektes Timing in der Bildkomposition zeichnen ihre farbigen Arbeiten aus, die zwischen Fotographie, Malerei und Bildmanipulation am Rechner oszillieren. Almuth Hickls´ Bilder schreiben sich in die eigene Lebenserfahrung ein, es besteht eine Spannung zwischen Bild und Betrachter. Man wird selbst angeblickt oder in einen bildinternen Dialog eingebunden. Es sind oft unsymmetrische Figuren, sie wirken aufgrund verschiedener Techniken wie gekratzt oder vernäht, und sie sind oft nach fotografischen Vorlagen gefertigt, Figuren, wie sie auf den Titelseiten von Illustrierten erscheinen. Silhouetten so genau, als seien die Figuren aus der Welt geschnitten und stünden nun da, stolz und frei und allein und ohne verlässlichen Referenzpunkt mehr außer sich. Namenlose, alltägliche Gestalten, aber auch derangierte Ikonen; die Artistin versucht gegen die Fotografie so etwas wie personale Wahrheit zu behaupten, dem meist voyeuristischen festgezurrten Medienbild etwas Individuelles, Bewegliches entgegenzusetzen. Ihre Arbeiten zeichnet eine Beobachtungsgabe aus, die sehr persönlich ist, ohne daß etwas von der eigenen Persönlichkeit preisgegeben würde, bestimmend oder gar aufdringlich würde. Die Gewissheit der richtigen Sichtweise stellt sich nie ein. Skeptisch begegnet sie dem geschossenen Bild. Ihr zeichnerisches wie malerisches Werk basiert zwar auf fotografischen Vorlagen, doch nur um deren Anonymität zu durchbrechen und zu einer neuen Lebendigkeit vorzustoßen. Almuth Hickl lässt ihre Figuren gleichsam durch die Bildhaut hindurch auftauchen und leibliche Präsenz evozieren, und darüber hinaus gibt sie dem Menschsein wieder ein Gesicht. Die Natur wird zum Vorbild einer Arbeit, die nach ebenso überraschenden Kunstgriffen sucht, wie sie der Schweif des Pferdes darstellt. So gesehen, ist das Stilleben natürlich auch ein Bild über Kunst, über die Wirkung der plötzlich aufschlagenden Form und der überwältigenden Farbeffekte. Der weiche, flüchtige Strich, das im Moment eingefrorene Licht, das Antistatische ihrer Bilder belegt: das Bebende und Ruhelose der Malerei und Fotographie, das als direkter Ausdruck eines inneren Glühens verklärt wurde, kann von einem Rechner in Serie ausgedruckt werden.

Almuth Hickl ist ein inspirierender Geist, sie liebt die “Neuen Medien” und führt sie aber zugleich vor, indem sie diese Maschinen humanisieren will. Weil hier mediale Archäologie mit einer Entdeckerfreude zusammengeht, unterstreichen diese Arbeiten die zunehmende Bedeutung des Bildes, welches heute die Wortkultur überlagert hat und die Sinne usurpiert. Licht, Perspektive, Spiegelung und die Illusion von Bewegung verleihen den Abbildungen einen geheimnisvollen Charakter. Ihre Perspektive ist auch eine Anspielung auf die Tradition der Malerei bis in die Postmoderne. Seit der Erfindung der Zentralperspektive wurde ein Gemälde als Fenster in eine andere, höhere oder künstliche Wirklichkeit verstanden. Die Nachahmung der Welt war dafür die Bedingung. In der Postmoderne wird das Abbilden verworfen und die Bildfläche in ihrer Flächigkeit zum Gegenstand gemacht. Der Baukasten der Postmoderne generiert laufend neue Bilder, am Computer entworfen, vermischt sich die verfügbaren Ikonen miteinander. Virtuelle und wirkliche Welten überlagern sich, um sich zu einem Bild zusammenzufügen. Beim Betrachten ihrer Bilder fühlt man sich an Nikolaus Cusanus´ Schrift “De Visione Die” erinnert, in der ein blickendes Bild beschrieben wird, von dem sich der Betrachter immer schon wahrgenommen weiß. Hier wird der Sehende zum Gesehenen, der Suchende zum Gefundenen. So homogen ihre Werkgruppen sind, so heterogen erscheint die Handschrift der Artistin, wenn man die Werkgruppen nebeneinander stellt, vielfältig wie das Leben selbst.

14. Mai ab 17.00 Uhr „Freibank“ von Almuth Hickl, mit »Sexophismen« von Swantje Lichtenstein

Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811





Matze - 08.05.2011 um 08:20 Uhr

Sophisticated

Manchmal erscheinen Bücher mit einem Titel, bei denen man sich wundert, daß es sie noch nicht gibt. Mit ihren »Sexophismen« meldet sich eine kühne Stimme in der deutschsprachigen Lyrik zu Wort. Swantje Lichtensteins Verse sind ausdrucksstark; sie zeichnet mit Metaphern Sprachbilder in die Vorstellungen der Leser. Diese Lyrikerin ist eine große Wortverdreherin, eine Sprachspielerin am Abgrund des Unaussprechlichen, die das Gesagte und das Ungesagte, das Sagbare wie das Unsagbare jederzeit zu einem Wortwitz machen kann. Ein lyrisches Ich, das alles aufs Spiel setzt, welches vom Weltgefühl der Verlorenheit umzingelt ist und dennoch am Rande des Schweigens die Sprache zu Wort kommen läßt. Für diese existenzielle Zerreißprobe noch Wörter zu finden – das ist Poesie. Diese Gedichte machen Spaß, soviel Spaß, daß stummes Grinsen bei der Lektüre nicht reichen wird.

„Entlang der lebendigen Linie“ tastet sich diese Lyrikerin sophistisch zu ihren »Sexophismen«, welche mit sogenannten „Portalen“ den Lesern Zugang zum Schreiben der Dichterin und Wissenschaftlerin verschaffen. Lichtenstein läßt die deutsche Sprache in der Schwebe, geht ihrem Klang nach, ihrem Rhythmus, bis sich Assoziationsräume öffnen. Dieses Buch ist sperrig, kaum daß man glaubt, den Zyklus im Griff zu haben, verrutschen die Zeilen, man blättert zurück und will es genauer wissen. Die Mühe wird durch das Dechiffriersyndikat belohnt. Jede Zeile erzeugt einen neuen Text aus einer alten Leserin, dergestalt bewegt sich Swantje Lichtenstein augenzwinkernd zwischen Archaik und Moderne.

14. Mai ab 17.00 Uhr „Freibank“ von Almuth Hickl, mit »Sexophismen« von Swantje Lichtenstein

Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811





Matze - 21.06.2011 um 08:21 Uhr

Lost Books - next Generation

Die Arbeiten des Künstlers Dietmar Pokoyski sind der Beweis dafür, daß Avantgarde auch Spaß machen kann. Seine Bücher kann man als Skulptur betrachten, eingebunden in eine Multi-Media-Show. Dieser Artist gestattet sich einen spielerischen Umgang mit Büchern, jenseits der herkömmlichen Grenzen zwischen bildender Kunst und Literatur. Diese führte ihn gemeinsam mit Enno Stahl zur Gründung eines Verlags, bei dem der Name Programm wurde: KRASH. Diese Edition ist deshalb literaturgeschichtlich relevant, weil sich die Aktivisten einer allzu leichten Vernutzung widersetzten, die dem Wissen um die Form-Scharmützel der letzten Dekaden bereits in der Oberflächenstruktur Rechnung trägt.
Die Gönner der Verschreibkunst meinten damit sowohl Krach machen, und Zertrümmern die Kollision zweier Dinge. KRASH war niemals nur ein Verlag, der sich ausschließlich auf die Edition von Medien konzentrierte; der Focus wurde noch vor der Herausgabe von Print- und Art-Produkten beziehungsweise AV-Medien immer eher auf das Aktionistische, die Performance und auf Concept-Lit. und -Kunst gesetzt.
KRASH-Bücher sind daher auch nicht immer Bücher im herkömmlichen Sinne. Oftmals sprechen bereits die Titel für sich: Da gibt es 3-D-Lit.; einen Karteikartenkrimi; Nicht-Bücher, Kartonromane oder den 1. Stein als Buch mit einer ISBN, ein Putzlappenbuch. Oder aber tEXtile tEXte: Literatur auf Stoff, Kopfkissen-Kurzkrimis und literarische Sentenzen auf T-Shirts, Unterwäsche, Jacken, Socken, Teppichen: bedruckt, aufkopiert, bestempelt, handgeschrieben, beflockt. Ein weiteres KRASH-Produkt ist die Gossenheft-Reihe, noch eine wunderbare Fälschung: „Die Leute denken, es ist Jerry Cotton, und merken dann, daß man ihnen Literatur angedreht hat." (Aktuelle Stunde, WDR).
Die Existenzberechtigung für das KRASH-Programm liegt in einer konsequenten Fortführung der Moderne: von Dada und Surrealismus, den Experimenten von Laut- und gerade auch visueller Poesie zur Postmoderne oder Postpostmoderne oder was auch immer: ein Konzept, das „nicht nur das Gewesene, sondern etwas von der Möglichkeit der Aktualisierung und eines in diesem Sinne Darüber-Hinaus" beinhaltet, wie Karl Riha über die kollisionsfreudigen Krachmacher aus dem Rheinland bemerkte. Eine Tradition, die von KRASH NEUE EDITION in sozial-realistischer Manier fortgeführt wird.

Enno Stahl ist ein Erzähler von wildbachähnlicher Eloquenz. Bekenntnis und Befund scheinen anekdotisch, sind aber elementar. Diese Prosa lebt von einer erstaunlichen Schärfe der Wahrnehmung, gleichzeitig von einer ebenso erstaunlichen Ichbezogenheit. Stahl analysiert die Mittelstandsdeutschen in ihrer unüberbietbaren Mediokrität und präsentiert eine Kunstsprache mit teilweise abgehackten, repetitiven Stummelsätzen mit einer souveränen Nonchalance.
„Diese Seelen“ ist ein Dokument für das ausgekühlte, abgeklärt illusionslose Lebensgefühl einer Generation. Cool begegnen sich Menschen darin, gefangen im interessiert-desinteressierten Ichbezug, herrscht oft Berührungslosigkeit. Der Klimawandel hat auch im Beziehungsbiotop Rheinland stattgefunden. Der Roman balanciert auf der ununterscheidbaren Grenze von wahrer und falscher Lebendigkeit, gutem und schlechtem Symptomen. Als Soziologe verschreibt Stahl, daß die postmoderne Gesellschaft vor allem durch Bindungslosigkeit und Desinteresse funktioniert. Pluralisierte und individualisierte Gesellschaften fühlen sich durch Unverbindlichkeit verbunden. Abstand ist ihr Kennzeichen. Die Struktur der liberalisierten Arbeit - Isolierung, Austauschbarkeit, wenig Verbindlichkeit und hohes Risiko - bildet sich in diese Prosa ab.
Diese Literatur ist als eine Art Geigerzähler zu betrachten, welche die psychischen Strahlungen in einer endsolidarisierten Gesellschaft registriert. Stahl schildert die entleerende Postmoderne, in der sich Anstößiges mit Visionärem vermengt, die Banalität mit der Schwermut. Sie ist bevölkert von Egomanen ohne Ego, von Erotomanen ohne Eros. Dabei beschreibt er die Lebenswelt am ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert mit einer klinischen Kühle und Sterilität, als operiere er den Patienten am offenen Herzen. Stahl beschreibt die Folgen der sogenannten Globalisierung, Menschen an denen alles abperlt: die Natur, Mitgefühl, Sympathie, Moral, die skrupellosen Umstände, unter denen ihr Reichtum entstanden ist. Diese Haltung kritisiert er. Als sozial-realistischer Romanautor will Stahl den Glauben an die Veränderbarkeit einer schlecht eingerichteten Welt befördern.

25. Juni „Lost Books - next Generation “ von Dietmar Pokoyski und Enno Stahl




Matze - 19.07.2011 um 14:54 Uhr

Wortkompositionen


Ein Formerfinder trifft auf einen Allegorienschöpfer. Als gegenseitig befruchtender Dialog zwischen bildender und lyrischer Kunst sollte man das neue Künstlerbuch »Prægnarien« verstehen. Hieß es früher „Wer nicht hören will, muss fühlen.“, könnte man jetzt einfach behaupten „Wer nicht fühlend sehen will, muss lesen.“

Idiosynkrasie, schrieb Jürgen Habermas in seiner "Theorie des kommunikativen Handelns", ist privatistisch und irrational. Letzterem zumindest scheinen A.J. Weigoni und Haimo Hieronymus zuzustimmen, wenn sie über ihr neues Künstlerbuch »Prægnarien« sagen, es habe nichts mit Logik zu tun.

Hieronymus mag das Individuelle des Strichs, empfindet im Glattgebügelten reiner Ideenkunst beliebige Langeweile und gähnende Austauschbarkeit. Weigoni verachtet die Bewertungskultur der Medien. Beide Artisten wollen als Künstler nicht bewundert, sondern in treusorgender Ironie betrachtet werden, ein Augenzwinkern nicht ausgeschlossen.

Als Formenfinder verknüpft Hieronymus bei dem Künstlerbuch »Prægnarien«
Drahtzeichnungen von formierten und deformierten Figuren mit Prägedrucken.
Bilder sind für ihn taktiler Stoff, kein abstraktes Anschauungsmaterial.
Material, das zerstört werden kann, um es neu zu fügen, andere Gedanken zu
formulieren, neue Zusammenhänge zu erschließen. Hieronymus zerlegt den Wert
des Authentischen und differenziert klar nach dem, was anwesend und was
anschaulich ist. Dabei entsteht ein subtiler Dialog zwischen Bild und
Betrachter, zwischen Materie und Fügung. Anstatt eines beliebigen Dekors der
Geschwindigkeit entsteht eine leise Schwingung, eine Vibration in der
Oberfläche von Bild und Text. Diese fügt das Bild zusammen, nicht Linien
oder Linienkonstrukte für sich: Sie sind eingebunden in eine Gesamtabsicht
der Komposition. Aufgelöste Flächen in beständigem Schwingen, im Gespräch
mit den Lineaturen.

Weigoni veranstaltet in diesen »Prægnarien« ein furioses Stimmenkonzert aus
Reimen und Kalauern, den Tücken der deutschen Grammatik und ihren
Wortzusammensetzungen. Es gibt in diesen Gedichten Buchstaben als etwas
Hörbares und Buchstaben als etwas Sichtbares. In der künstlerischen
Auseinandersetzung treffen sich Weigoni und Haimo Hieronymus regelmäßig an
der Grenzlinie, dort, wo Schrift in Zeichnung übergeht und dort, wo der
Zeichenstift in die Notate übergeht. Unser Visualisierungssystem benutzt
Linien, um die Dinge zu begrenzen und damit zu zeigen, dass sie da sind.
Aber wenn das System nicht weiß, was etwas ist, dann kann es das auch nicht
erkennen und dir sagen, was es ist. So ergibt sich für den Nutzer des Buches
die Notwendigkeit der Begreifbarkeit eines Schattens

Weigoni und Hieronymus gehen daran, dass Exotische zu vereinnahmen und das
Randständige in die Lyrik des 21. Jahrhundert in Form des Künstlerbuches
»Prægnarien« einzugemeinden. Ausnahmeweise gaben sie Habermas Recht, die
Exekutive einer auf den privaten Raum ausgerichteten bürgerlichen
Distinktionsmaschinerie hört gemeinhin auf den Namen "Guter Geschmack".

Begleitet werden Weigoni und Hieronymus bei der Veranstaltung in Linz von Philip Bracht. Dieser Posaunist ist Teil der Band accord on bleu, die dieses Jahr die CD Funkreich veröffentlicht hat. Er beschäftigt sich mit Jazz und Funk Improvisationen und geht dabei meisterhaft mit seiner Hupe um. Durch die absolute Spielfreude, die Sucht nach Musik und seine fast schon penetrante Bühnenpräsenz (Fans sprechen von einer absoluten Rampensau) schafft er es die Zuhörer mitzureißen. Ihn von der Bühne zu kriegen, wenn er einmal angefangen und die richtige Laune hat, ist fast unmöglich. Bei einem seiner legendären Konzerte machte er erst nach fünf Stunden Schluss und das auch nur, weil er dazu genötigt wurde. Das kann ein heiterer Abend werden...


30. Juli „Praegnarien“ von Haimo Hieronymus und A.J. Weigoni, ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz


Ankündigungen und Künstlerportraits: http://editiondaslabor.blogspot.com/

Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811

Mehr über Künstlerbücher: http://www.bookrix.de/_title-de-matthias-hagedorn-kuenstlerbuecher




Matze - 14.08.2011 um 09:15 Uhr

Denkgitter

Einer fragmentierten Welt eine neue Struktur durch Denkgitter geben, dieser Aufgabe stellt sich die Künstlerin Denise Steger. Die Flut der Bilder, die das Internetzeitalter bestimmt: Verkleinerungen und die dem entsprechende Vermehrung optischer Reize sowie die Schnelligkeit der Bildübermittlung - erfordern ein neues Sehen und ein anderes Denken, welches zukünftige Generationen sicher beherrschen werden. Ihre Werke brauchen dieses ‘neue Hinsehen’ als Voraussetzung für das Bildverständnis. Stegers Kunst liegt nicht in der Beschränkung, sondern darin, sich der Vielfalt zu stellen. Die Tendenzen der ‘Reduktion’ in der Kunst des 20. Jahrhunderts werden von ihr zu Beginn des 21. Jahrhunderts umgekehrt: Komplexität wird bei dieser Artistin zur formalen und inhaltlichen Grundlage.

Ihr Studium der Kunst-, Literatur und Musikwissenschaften an der Universität Bonn führte die Artistin zur Auseinandersetzung mit Kunstprinzipien des Mittelalters und system-theoretischen Interpretationsansätzen. In ihren künstlerischen Arbeiten entwickelt sie Konzepte, in denen korrespondierende Bild- und Objektsysteme unter thematischen und persönlichen Aspekten ausgewählt und auf vielfältige Weise kombiniert werden. Diese Tätigkeiten erstrecken sich von kleinformatigen Zeichnungen bis zu raumgreifenden Installationen. Die Bildordnung erfolgt im ‘freien Raum’ - bestimmt durch Farbflächen und Liniengerüste.

Ihren Denkgittern liegen Baugitter zugrunde, deren Stäbe sie teilweise herausbrach, teilweise mit Objekten und Bildern füllte, sie mitten in einen Raum stellt oder hängt. Auf diese Art und Weise ergibt sich ein durchlässiger Bildgrund, der alles, was im Raum geschieht und gesagt wird, sei es Musik, Literatur, Bewegung und natürlich den Raum selbst, in sich aufnimmt und weitergibt. Die Vielfalt der Schöpfung in ihren Systemen und in der Verbindung von Systemen ist ein Beweggrund zur Darstellung. Individualität und Einzeldarstellungen treten zurück gegenüber einer Gesamtschau jenseits der real erfassbaren Welt. Stegers Bilder und Objekte stehen nicht für sich selbst, sondern werden unter thematischen oder auch persönlichen Aspekten in größere Zusammenhänge gestellt.

Das Brennglas der Sprache

Wann ein Gedicht gelungen ist, läßt sich pauschal kaum mehr sagen. Eine normative Poetik ist seit 250 Jahren ein undurchsichtiges Unterfangen. Die Gedichte von Peggy Neidel sind interessant, weil sie eine Ganzheitlichkeit von sinnlicher Erfahrung und von Sprachgenauigkeit und von Welterfahrung haben. Bei ihrer polytropischen Lyrik tut sich ein Riß auf, in dem ein Abgrund sichtbar wird, in dem uns die Folgen der Aufklärung zurückgelassen haben. Die Freuden des Lebens treffen auf das Leid der Geschichte. Man liest überall Zeichen der Vergänglichkeit, der Verlassenheit und der Bedrohung des Gewöhn¬lichen und hält erschrocken inne.

Deutungsvarianten tragen immer Unwägbarkeiten in sich. Neidel Klangrede negiert die romantische Immanenzen keineswegs. Es tönt ein von Trauerklang gefärbtes Indiz dafür, daß hier etwas zu Ende geht, was noch nicht zu Ende gelebt, geschweige denn zu Ende gedacht war: Vom Sehnen erzählen ihre Gedichte. Und genau das ist es, was hier geschieht. Die Menschen sehnen sich. Diese Augenblicke des jähen Erkennens, diese Augenblicke der Vergewis¬serung, daß die Einsam¬keit des Menschen in der Welt nicht aufhebbar ist, haben sich in die Gedichte von Peggy Neidel eingeschrieben.

20. August “Denkgitter” von Denise Steger, mit Peggy Neidel ab 19.30 im Rheintor, Linz

Ankündigungen und Künstlerportraits: http://editiondaslabor.blogspot.com/

Das Rheintor im Netz: http://www.panoramio.com/photo/3082811




Matze - 28.08.2011 um 09:54 Uhr

Aus dem Hinterland

An einem Themenabend präsentiert der LCD am 6. September drei Autoren, die ihre Position abseits der großen Metropolen formulieren: Francisca Ricinski, Andreas Noga und Theo Breuer.

Andreas Nogas Gedichte sind von einer spielerisch zweckfreien Verwendung der Sprache. Viel von dem zerebralen Aufwand, der nicht selten in der Gegenwartslyrik betrieben wird, um nur ja nicht in den Verdacht des Klischees oder der Gefühlslastigkeit zu geraten, erscheint nach der Lektüre beinahe pathetisch. Noga geht reduktionistisch mit der Sprache um. Elegant umgeht er die Untiefen und sucht stets nach den kühlsten Stellen. Auch was den Vortrag angeht, ist dieser Lyriker kein Lautsprecher. Noga spricht leise, aber mit Nachdruck und wirkt dabei souverän, höflich und eloquent. Sprachgenau bringt er in stimmungsintensiven Bildern die Natur zum Sprechen, ohne Pathos, ohne Klage entsagt er rostig gewordenen Utopien und lotet die Untiefen des gegenwärtigen Weltzustandes auf.

Unbekümmert, mit feinem stilistischem Gespür mischt sie Genres, verbindet Analysen mit Impressionen, gleitet vom Heute ins Gestern und wieder zurück. Francisca Ricinski schreibt präzise und sensibel, sie versteht es, die große Geschichte mit der kleinen zu verschränken, das Persönliche ins Allgemeine laufen oder besser: stürzen zu lassen. Wenige Skizzen reichen ihr, ihren Protagonisten ein persönliches Antlitz zu geben. Bestechend in ihrer Andersartigkeit und von hohem ästhetischem Reiz sind die kurzen Geschichten und poetischen Splitter in dem Band »Auf silikonweichen Pfoten«. Auf den ersten Blick wirken diese Texte wie kleine Knäuel. Die Gedanken und Sätze laufen hier in verschiedene Richtungen, scheinen weder Anfang noch Ende zu haben. Das alles ist mehr als erträglich, weil Francisca Ricinski dafür eine Sprache hat, die sich auf nichts ausschließlich einlässt, sondern immer mit Augenzwinkern erzählt. Über feine Wortschleifen und Bedeutungsverschiebungen verschlingt diese Rede sich immerzu neu – und läuft doch voran. Ein wundersames Buch. Und sehr anders. Handlung gibt es fast keine, dafür handelt es von umso gewichtigeren Dingen, vom Leben zum Beispiel und vom Tod und den Toten und davon, was das alles miteinander zu tun hat. Über alldem und um all das herum bilden Humor und Traurigkeit eine Dichotomie, die das Ganze auch da, wo es wirklich ernst ist – und wahrscheinlich ist es das fast das ganze Buch über –, nicht ins Bierernste kippen lässt. Francisca Ricinskis Handschrift ist eine Kennung, ein Ausweis, ein Biorhythmus.

Theo Breuer ist geradeheraus, höflich und bescheiden, macht nicht viele Worte und hat einen feinen Sinn für Humor. Es scheint, als habe er einen Handfeger genommen und ein paar jargonverdächtige Wörter aus dem Literaturhaus her¬ausgekehrt. Hinfort mit der kitschigen Sehnsucht nach Dichternähe und noch einmal von vorn anfangen. Die große Gabe von Breuer ist es, das, was man liest, wie soeben gesche¬hen wirken zu lassen. Immer wieder gibt es diese prächtigen Mo¬mente in sei¬nen wortstarken Gedichten, Szenen, die sich im Gedächtnis festsetzen, die nicht verlierbar sind – eine Art Triumph der Literatur. Um Max Bill zu paraphrasieren: Breuers Ge¬dichte sind »Gegenstände für den geistigen Gebrauch«.

Moderation: A.J. Weigoni

6. September 2011, Einlass: 20h, Beginn. 20.30h: LiteraturClubDüsseldorf (LCD)
im Salon des Amateurs, Grabbeplatz 4, Düsseldorf

Gefördert von der Kunststiftung NRW e.V. und dem Kulturamt der Stadt Düsseldorf

www.literaturclub-duesseldorf.de




Matze - 11.09.2011 um 08:35 Uhr

Wasserkur

Katja Butts Kunst fordert den Betrachter heraus, mehr von dem, was er sieht, auch ernst zu nehmen. Wir leben in einer bilderreichen Zeit und lassen uns von einer Pixelflut durch die Tage schwemmen. Die Videokünstlerin, Zeichnerin und Photographin Katja Butt befragt die umbaute Bewegung in einem Akt der Dissidens und bringt damit Bewegung in die starre Architektur. Transformation, lautet das Stichwort.
Die raumbezogenen Videoinstallationen von Katja Butt verwandeln die statische Architektur des Ausstellungsortes in ein dynamisches mediales Gefüge, in dem Außen und Innen, Oben und Unten, Gestern und Heute zu einer Einheit werden. Eindringlich minimalistische Videobilder werden zu rhythmisch strukturierten Sequenzen komponiert, die sich über mehrere Monitore hinweg zu einem geschlossenen Ablauf verbinden. Der einzelne Monitor funktioniert als gestalterisches Element und jenseits einer untergeordneten Funktion als neutraler Rahmen der Begrenzung eines Bildfeldes. In der Präsentation verschmelzen Raum, Bild und pointiert gesetzte Akustik zu einer neuen Dimension, zu einem eigenständigen Körper, dessen einzelne Bestandteile voneinander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen. Am Ende bleibt die Kamera im wahrsten Sinne des Wortes ein Werkzeug, ein Instrument, das man beherrschen muß, um mit ihm Sinnlichkeit darzustellen. Der Eros der Kunst von Katja Butt liegt in der Biologie der Existenz: der puren Freude und der Lust an Fleisch und Geist! Es verbleiben Pfeile mit Widerhaken, die lange im Gedächtnis des Betrachters verankert bleiben.


Rezitation

Heidrun Grote ist es leid, nur als Gesichtsverleiherin gefragt zu sein. Als darstellende Künstlerin, liebt sie die Literatur und leiht ihre Stimme gern einer Rolle, aber genauso gern einem Dichter. Daher ist Heidrun Grote das vernehmliche Gehör zu schenken. Diese Rezitatorin ist eine ironische Realistin, sie hat eine Stimme, die alle Nuancen der Welt- und Ich-Erfahrung aufnimmt und in Sprachklang umsetzt. Sie bringt die Ausdrucksebenen von Sprache und Gesang so amüsant wie gekonnt zum Schwingen. Grote trägt Literatur nicht einfach vor, sie gestaltet und verwirklicht sie.
Es gibt keine Stimme, zu der wir uns neutral verhalten können: Entweder wir lieben sie oder nicht. Grote hat wie kaum eine Rezitatorin sonst begriffen, daß Literatur Mundwerk im buchstäblichen Sinn ist: Es entsteht im Rachenraum. Da zischt und schnattert, da hämmert´s und gurgelt es. Manchmal versteht man nicht den Sinn, aber die Gedichte sind durch den Sprachgestus und -duktus immer evident. Unangestrengt schafft sie gesprochene Sprachkunstwerke. Das Mondäne vereinigt sich mit dem Musikalischen, der Intellekt mit dem Sinnlichen. Ihre Stimme erzeugt eine atemberaubende Intimität. Sie ist weich und schwingend wie der Körper einer Katze, und sie kann kalt leuchten wie Mondschein. Aber vor allem ist sie groß, wenn sie leise spricht. Dann bricht sie manchmal und zeigt raue Stellen; sie entzieht sich in Momenten der Heiserkeit, um dann umso schöner wiederzukommen.

17. September „Wasserkur“ von Katja Butt, Rezitation, Heidrun Grote ab 17.00 Uhr im Rheintor, Linz




Matze - 04.12.2011 um 09:02 Uhr

Zurück auf Anfang

Am 22. September 2000 startete die Wanderausstellung „UnderCover“ in Linz am Rhein, Standort Rheintor. Die nächsten Stationen waren die Werkstattgalerie Der Bogen in Arnsberg, mercure-Arts in Köln, der Kunstwechsel in Siegen, das Casino in Bad Mülheim, die Mini-Pressen-Messe in Mainz und die Galerie Andreas Brüning in Düsseldorf. Nun kehren die Arbeiten an ihren Ausgangspunkt zurück.

Das kleine Format ist bei bildenden Künstlern nicht sehr beliebt in einer Welt, in der Aussagen nur noch auf Plakatwänden auffallen, so scheint es. Das CD-Format ist 120 x 120 mm ein, kleines Format, das einen Versuch wert ist.

UnderCover sind und bleiben Minus-Bücher, schwarze Löcher der Buchmarktgalaxy. Sie stellen sich den Kriterien ISO 2108-1972 und DIN 1262 mit all dem entgegen, was sie auszeichnet: das Spiel mit den Gesetzen von Literatur, Handwerk und Markt.

UnderCover lugt über Grenzen als Multiple hinaus, wenn man Sprach- und Ordnungsmotive durch die Gattungen dekliniert: Rauminstallationen entstehen mit und/oder den Objektbüchern, die einen neuerlichen Zugriff auf das Medium Sprache ermöglichen.

10. Dezember „UnderCover“ im Kunstverein, Linz am Rhein
mit einer Lesung von Thomas Görden

Beteiligte Artisten: Tom Täger - Komposition & Produktion; Ioona Rauschan - Regie, A.J. Weigoni & Eva Kurowski - Rezitation; Marina Rother als Senora Nada; Lin Chung, Leeds; Klaus Urbons, Mülheim; Jürgen Diehl, Bruchhausen; Mike Grunzke, Linz am Rhein, Marcel Hardung, Düsseldorf; Margarete Hesse, Berlin; Haimo Hieronymus, Neheim; Sab Hoffmann, New York; Almuth Hickl, Düsseldorf; Karl-Heinz Hosse, Arnsberg; Klaus Krumscheid, Heeg; Mischa Kuball, Düsseldorf; Julia Lohmann, Düsseldorf; Martini, Dortmund; Peter Meilchen, Arnsberg; Stephanie Neuhaus, Niederense, Deborah Phillips, Berlin; Dietmar Pokoyski, Köln; Andreas Roseneder, Austria; Denise Steger, Linz am Rhein; Thomas Suder, Düsseldorf.

Am 10. Dezember erscheint der Katalog »Rheintor Linz - Anno Domini 2011«, der das Rheintorprojekt dokumentiert.

Ergänzend ein Essay als E-Book: http://www.bookrix.de/_title-de-matthias-hagedorn-enthierarchisierung-des-kultu r-betriebs

UnderCover: http://www.bilder-raum.de/html/werke.html

Kunstverein Linz: http://www.kunst-verein-linz.de/am-rhein.html




Matze - 18.12.2011 um 15:24 Uhr

Diese Nachricht wurde von Matze um 15:25:12 am 18.12.2011 editiert

Sammlerstücke für ein Last-Minute-Weihnachtsgeschenk


Zu begehrten Sammlerstücken entwickeln sich die Buchgestaltungen von Haimo Hieronymus. Er hat die letzten Bucher der Edition Das Labor mit Holzschnitten versehen. Der Artist verwendet damit eine traditionelle Drucktechnik um eine Graphik zu erzeugen. Zur Herstellung des Druckstocks hat der Künstler von einem glatt gehobelten Holzbrett mit Schneidemessern die nicht druckenden Teile entfernt und die erhabenen Teile danach eingefärbt und abgedruckt. Der Abdruck erfolgt durch eine Druckpresse. Hieronymus schneidet einen Holzblock so, daß eine etwa zwei bis vier Zentimeter starke Platte entsteht, deren Fasern in der Richtung der Bildfläche verlaufen. Am Ende dieses Prozesses bleiben die Linien und Flächen der Zeichnung als Grate, Stege oder Inseln stehen. Bei diesem so genannten Schwarzlinienschnitt wird die Figuration durch schwarze Linien auf weißem Grund gebildet. Den fertige Druckstock färbt Hieronymus mit Druckfarbe ein, was durch Aufdrücken eines faustgroßen, getränkten Ballens geschieht oder häufiger noch durch Überrollen mit einer Walze.

In limitierte und handsignierte Auflage erhältlich sind diese Preziosen:

http://editiondaslabor.blogspot.com/2011/12/rheintor-linz-anno-domini-2011.html

http://editiondaslabor.blogspot.com/2011/12/der-kunstlerpreis-das-hungertuch.html

http://editiondaslabor.blogspot.com/2011/12/herr-nipp.html


Erhältlich über: Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 02932 203 130




Matze - 08.01.2012 um 09:31 Uhr

3/4 der Auflage bereits vergriffen

Was die Artisten dieser Reihe verbindet, ist der Rhein. Alles im Fluß, in Fluß. Das Fachidiotentum ist perdü, das Labor dokumentiert die Durchlässigkeit zwischen den Kunstgattungen. Diese Artisten interessieren sich für eine Kunst, die nicht illustriert, sondern anders politisch relevant ist. Klaus Krumscheid, Andreas Noga, Charlotte Kons, Joachim Paul, Stephanie Neuhaus, Birgit Jensen, Francisca Ricinski, Almuth Hickl, Swantje Lichtenstein, Dietmar Pokoyski, Enno Stahl, Jesko Hagen, Haimo Hieronymus, A.J. Weigoni, Denise Steger, Peggy Neidel, Katja Butt, Heidrun Grote, Jürgen Diehl, Bernhard Hofer, Peter Meilchen, Holger Benkel, Theo Breuer, Thomas Suder und Stan Lafleur pflegen die Kunst des Unmöglichen. Es sind Künstler, die sich für Lebensentwürfe und das Zusammenleben interessieren und nicht für standardisierte Wege. Diese Art zu arbeiten, befreit diese Artisten von der Massenidentität, die gerade in der globalisierten Gesellschaft entsteht. Diese Künstler machen keine Kunst, um Antihelden einer Subkultur zu sein, sondern vor allem, um die Sinngebung durch Kunst zu retten, um unter der Arbeit zu zeigen, was es bedeutet, als selbstbestimmte Individuen zu überleben.

»Rheintor, Linz - Anno Domini 2011«, Edition Das Labor 2011

Limitierte und handsignierte Auflage von 100 Exemplaren
Exemplar 1 - 50 liegt ein Holzschnitt von Haimo Hieronymus bei.

Erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de

Links:

http://www.bilder-raum.de/html/rheintor.html

http://www.bookrix.de/_title-de-matthias-hagedorn-enthierarchisierung-des-kultu r-betriebs




Matze - 08.12.2013 um 09:30 Uhr

Im Essaymonat präsentiert KUNO einen sehr gelungenen ´Versuch´ von Jan Kuhlbrodt: http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=12944

Dieser Essay wurde ausgezeichnet mit dem KUNO-Essaypreis 2013. Die Begründung findet sich hier: http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=12856




Matze - 24.12.2013 um 13:10 Uhr

KUNO gratuliert Sophie Reyer, hier ist der preisgekrönte Essay der vielschichtig begabten Autorin zu lesen: http://www.editiondaslabor.de/blog/?p=17985



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