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ArnoAbendschoen - 25.07.2011 um 10:52 Uhr

Eine Falle, in die man leicht tappt ...

Von dieser windigen Geschäftspraxis hatte ich schon einmal gelesen, jetzt bin ich selbst auf sie hereingefallen. Doch der Reihe nach ...

Seit etwa zwanzig Jahren steht die Autobiographie von Maurice Sachs bei mir im Bücherschrank. Es handelt sich um eine Neuausgabe deutscher Übersetzung mit dem Titel "Der Sabbat". Der Originaltitel lautet fast genauso: "Le Sabbat". Die Darstellung seines eigenen Lebens endet dort kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs.

Mir wurde bekannt, dass Sachs nach Abschluss von "Le Sabbat" seine Autobiographie fortgesetzt hat und aus dem hinterlassenen Manuskripten posthum weitere Bände erschienen sind. Ich war neugierig, wie er sich und seine Zeitgenossen im besetzten Paris dargestellt hat. Also suchte ich bei einem der großen Anbieter im Internet. Ergebnis: Von Sachs insgesamt nur noch zwei Titel auf Deutsch lieferbar, beide nicht mehr vom Verlag, sondern allein antiquarisch. Und eines davon besaß ich ja schon. Ich bestellte das andere Werk, auf Deutsch betitelt: "Mein Leben ist ein Ärgernis".

Einige Tage später riss ich, von Vorfreude erfüllt, die Verpackung auf. Ich begann in dem angegilbten Exemplar zu blättern. Hm, die erste zufällig ausgewählte Seite kam mir bekannt vor. Da hat er wohl das gleiche Detail im späteren Text noch einmal behandelt ... Ich blätterte weiter. Man ahnt schon: Ich hatte noch mehr Déja-vu-Erlebnisse. Es war die mir schon bekannte Autobiographie, nur in einer früheren Übersetzung und von einem anderen Verlag herausgegeben. Dieser Kauf war ein Ärgernis.

Tatsächlich kommt es nicht selten vor, dass bei Neuübersetzungen ins Deutsche ein anderer Titel gewählt wird. Wenn man nicht gerade textkritische Vergleiche anstellen möchte, sind in der Regel zwei Versionen für den Leser nicht von Interesse. Ausnahmsweise wird bei Neuauflage sogar die gleiche Übersetzung aus Marketinggründen mit einem anderen Titel herausgebracht - besonders verwerflich!

Also, wenn Sie von einem Ihnen schon bekannten Schriftsteller ein weiteres Werk kaufen möchten, denken Sie an diese Möglichkeit eines Fehlkaufs. In der Buchhandlung kann man einen Blick in den Band werfen, sofern er vorrätig ist. Im Internet ist es schwieriger. Am besten, man sucht nach Detailinformationen über das weitere Buch.




Caesar - 20.09.2012 um 18:57 Uhr

Das ist mir auch schon des öfteren aufgefallen, dass auch die Titel manchmal geändert werden. Allerdings würde ich hier nicht von "windigen Geschäftspraktiken" sprechen.

Meiner Meinung nach ist es völlig legitim, wenn ein Übersetzer den Titel der Erstübersetzung für nicht gelungen erachten und ihn umdeutet. Z.B. wurden vor einigen Jahren mehrere Dostojewski-Werke neuübersetzt von Swetlana Geier und diese Dame hat unglaublich gute Arbeit geleistet. Auch und vor allem in Bezug auf die Titel.

Ein Titel ist häufig schon eine Interpretationshilfe des Werkes und die Übersetzung des weltberühmten Werkes "Pristuplenije i nakasanie" mit "Schuld und Sühne" lockt den deutschen Leser auf eine falsche Fährte. Swetlana Geier bügelte mit ihrer Neuübersetzung diesen Fehler wieder aus und nannte das Werk "Verbrechen und Strafe", was dem Originaltitel viel eher entspricht und damit auch den Leser nicht auf die angesprochenen falsche Fährte lockt.

Deshalb denke ich sind Neuübersetzungen generell positiv und auch der Titel sollte dabei immer überprüft werden. Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass in Ihrem Beispiel eine Neuübersetzung des Titel nicht sinnvoll erscheint. Und wenn lediglich aus Marketing-Gründen Titel neu gedeutet werden, ist dies in der Tat verwerflich.




ArnoAbendschoen - 23.09.2012 um 10:33 Uhr

Caesar, grundsätzlich haben Sie Recht. Mein Text behandelt nur einen Ausschnitt aus der Gesamtproblematik. Insofern freue ich mich über Ihre Ergänzung.

Das Problem besteht wohl darin, dass der Leser im Fall von Dostojewski (oder z.B. Flaubert) bei einem ihm noch unbekannten deutschen Titel kaum mit der Herausgabe eines bisher unveröffentlichten Textes rechnen wird. Bei relativ unbekannten und bisher nur zum Teil übersetzten Autoren wie Sachs sieht es natürlich anders aus. Je nachdem ist also entweder Vorsicht oder Neugierde die zweckmäßige Reaktion.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön




Rolf - 06.11.2012 um 12:50 Uhr

So etwas ähnliches ist mir schon bei Krimis passiert. Der Titel kam mir bekannt vor, aber das Cover hatte ich definitiv noch nicht gesehen. Schon auf der ersten Buchseite dämmerte es dann bei mir. Ein alter Titel mit neuem Cover.



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