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marmonemi - 30.03.2004 um 23:34 Uhr


Geboren in London.

Gestorben in Genf.

Und dazwischen?

Viersprachig wuchs der Sohn eines deutschen Journalisten russischer Abstammung und einer französischen Maskenbildnerin, deren Stammbaum sich bis nach Äthiopien und Italien erstreckt, auf und wurde Jahre später der Kosmopolit schlechthin. Eben ein wahrer „Weltbürger“:

Sir Peter Alexander von Ustinov
(*16.04.1921 - †28.03.2004)


Ausgebildet wurde Ustinov ab 1937 in der Eliteschule Westminster und verließ diese bereits nach drei Jahren, um seine Schauspielausbildung bei Michael St. Denis am London Theatre Studio zu beginnen. Schon im zweiten Jahr seiner Ausbildung stand er zum ersten Mal auf der Bühne: 1939 wurde sein erstes eigenes Stück „The Bishop of Limpopoland“ uraufgeführt und nur ein weiteres Jahr später stand Ustinov zum ersten Mal vor einer Filmkamera.

Mit seinem Antritt des Armeedienstes und dem Krieg von 1942-46 begann für Ustinov eine relativ ruhige Zeit. Er schloss sich der Film-Einheit an, um dort wenigstens einige Erfahrungen zu sammeln. Direkt nach Beendigung seines Militärdienstes entstand seine erste Regie-Arbeit: "School for Secrets" (1946) ist eine prominent besetzte Mischung aus Komödie, Drama und Dokumentation um die Erfindung des Radars. Seine Karriere als das Multitalent begann nach Ende seiner Militärzeit. 1951 gelang Ustinov der Sprung über den großen Teich. Hollywood macht den Schauspieler Peter Ustinov über Nacht zum Weltstar Ustinov.

In Mervin Le Roys römischem Antik-/Monumentalfilm „Quo Vadis“ erlangte Ustinov als vertrottelter Kaiser Nero den endgültigen Durchbruch. Eine weitere Glanzrolle folgte zum Beispiel 1960. Mit der Rolle des habgierigen Sklavenhändlers Lentulus Batiatus in dem Antikfilm Spartacus spielte Ustinov an der Seite der Titelhelden Kirk Douglas und Tony Curtis und wurde mit einem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Vier Jahre später folgte ein weiterer Oscar für seine Rolle in dem Agententhriller Topkapi. Ende der 70er Jahre avanciert Ustinov zum Serienheld Hercule Poirot in mehreren Agatha Christie-Verfilmungen. Insgesamt erhielt er neben unzähligen weiteren Auszeichnungen zwei Oskars und drei Emmys.

Ustinov verstand es, durch seine virtuosen Interpretationen der Nebenrollen auch durchschnittliche Filme sehenswert zu machen. Anfang der 60er Jahre war er sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur erfolgreich. 1961 entstand seine auf den Kalten Krieg zielende satirische Komödie "Romanoff und Juliet". Ein Jahr später produzierte er den sentimentalen Abenteuerfilm "Billy Budd".

Neben der Schauspielerei betätigte sich Ustinov u. v. a. als erfolgreicher Regisseur, als Maler, Bühnenbildner, Conférencier und natürlich als Schriftsteller.

Ich habe es nicht ein einziges Mal erlebt, dass er mich nicht mit irgend einem seiner Sprüche zum Lachen gebracht hat. Ein für mich besonderer Spruch lautete „Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt explodiert, wird die Stimme eines Experten sein, der sagt: ´Das ist technisch unmöglich!“ Diese Worte habe ich jahrelang in meinem Timer mit mir rumgeschleppt. Nichts konnte so schlimm sein, dass ich nach Lesen dieser Worte nicht doch lachen musste.

Parallel zu seinen ersten Erfolgen als Schauspieler und Regisseur entwickelte sich sein Talent, sich Geschichten auszudenken, zu formulieren und dramaturgisch perfekt, zum Beispiel für das Theater, aufzubereiten. Zwanzig Theaterstücke und zwölf Drehbücher (die Zahlen schwanken, je nach Quelle) hatte Ustinov verfasst. Seine Bücher werden regelmäßig neu aufgelegt, da sie an Aktualität und Witz nichts zu verlieren scheinen.

Ustinov war jedoch nicht nur Komiker. 1995 sprach er mit Jitzhak Rabin, Schimon Peres, Jassir Arafat und Hanna Aschrawi über den Frieden im Nahen Osten. In seinem Buch "Baumeister des Friedens" sind diese Gespräche festgehalten.

Die unzähligen Reisen als Botschafter der UNICEF, dem Kinderhilfswerk der UNO, haben Ustinov in den letzten über 25 Jahren mehrfach um den Globus in die entlegendsten Winkel der Erde gebracht. Sein Engagement war beispielhaft.

Ustinovs Talent als scharfsinniger Beobachter stellte er auch als Prosaautor unter Beweis. Mit feinsinniger Ironie und tiefgründigem Humor legte er den Finger auf Wunden, ohne mit seinem liebevollen Spott zu verletzen. Peter Ustinov war ein wirklicher Philanthrop.

Über 30 Jahre engagierte sich Peter Ustinov karitativ. Er setzte sich nicht nur als UNICEF-Botschafter für die Kinder dieser Welt ein, sondern rief selbst eine Stiftung ins Leben, die mit dem Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen eng zusammen arbeitet.

1990 wurde Peter Ustinov durch Königin Elizabeth II. von Großbritannien in den Adelsstand erhoben. Mit dem ihm so eigenen Sinn für Selbstironie betrachtet er selbst diese Auszeichnung. Ein sehr gern zitierter Ausspruch von ihm zu diesem Thema lautet:


Nachdem die Queen ihn zum Ritter geschlagen hatte, durfte er sich Sir Peter nennen. Als unsterblich galt er ohnehin bereits, seit seiner Berufung an die "Académie Française", bei der er die Nachfolge des verstorbenen Orson Welles antrat.

Peter Ustinov: Regisseur und schauspielerisches Multitalent (Arbeiten für Theater- und Opernbühnen, Film und Fernsehen), Wohltäter, beliebter Erzähler und Synchronsprecher, Musikclown, Autor, Journalist und Kosmopolit. All das ist fast jedem bekannt. Doch wie sieht es mit dem Menschen Peter Ustinov aus? Über das Privatleben dieses außergewöhnlichen Mannes ist nur sehr wenig bekannt.

Eines seiner Markenzeichen war seine Vorliebe, abschweifend zu werden. Mit großen Gesten und strahlendem Lächeln breitete er seinen Anekdotenschatz aus. Stets mit bissiger Pointe, nie ohne ein liebevolles Augenzwinkern.

Mit seiner dritten Frau Hélène lebte er zuletzt in einem Haus am Genfer See. Ein alter, stattlicher Mann, der auf vier Kinder, eine außergewöhnliche Karriere und jahrelanges humanitäres Engagement zurück blicken konnte und dennoch auch im hohen Alter und mit fortgeschrittener Diabetes sowie dem gefesselt Sein an einen Rollstuhl weit davon entfernt war, den wohlverdienten Ruhestand als solchen zu (er)leben.

Eine Beschreibung über ihn beeindruckte mich besonders und ich zitiere sie wie folgt:

Man nehme einen Menschen, gebe ihm Intelligenz, Talent, Humor, Bescheidenheit und ein weiches Herz. Was dabei herauskommt? Ein Mensch, der den Meisten, die seinen Namen kennen, ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, dem man Respekt zollt und Sympathie entgegen bringt. Ein Mensch, der Andere unterhält, zum Denken anregt, zum Lachen bringt und dabei doch immer er selbst geblieben ist. Ein Mensch wie ....

Sir Peter Alexander von Ustinov


Bei vielen Menschen artet heutzutage das willkommen Heißen von Prominenten auf Bühnen in Standing Ovations aus. Für meinen Geschmack bei ZU vielen, da ich diese Form der Ehrung als außerordentlich empfinde. Für mich gab es bisher nur sehr wenige Menschen, bei denen mir eine solche Ehrbezeugung ein Bedürfnis war. Ustinov gehörte ohne jede Frage dazu.

Meine Verehrung!




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