"Wenn man nur westliche Medien zur Verfügung hat und plötzlich an den Ort des Geschehens kommt, stellt man fest, wie Berichte und Realität auseinanderdriften ..."
Das ist ganz pauschal mit allem geschriebenen so. Man selbst erlebt es immer anders. Das kritische Moment bei der Berichterstattung ist, ob jemand bewusst verkürzt, weglässt und Geschehnisse frei erfindet, um einer Sache zu dienen, so wie zum Beispiel Julius Streichers "Der Stürmer" und russische Sender á la "RussiaToday". Oder ob jemand wie Jessenin schöne naturbeschreibende Gedichte verfasste, die nichts mit der Ödnis, in der er gelebt hat, zu tun hatten. Jessenin allerdings hat nicht behauptet, mit seinen Texten realitätsbezogene Wahrheiten zu sagen. Die Hetzorgane tun das schon - mit verheerenden Folgen.
Wir haben den Vorteil, in einem Land ohne Zensur zu leben und können uns frei informieren. Im Ukraine-Konflikt kann sich hier daher jeder mit den manchmal notwendigen Sprachkenntnissen über die Standpunkte aller Seiten informieren. Und: Dank der Orangenen Revolution 2004 kann man auch einfach so ohne Visum in die Ukraine reisen und sich selbst ein Bild machen, mit den Menschen reden. Ich war bereits etliche Male dort, auch dieses Jahr.
Ich höre in Diskussionen zur Ukraine-Krise oft, dass es darum ginge, die Ukraine in dieses oder jenens "Lager" zu ziehen. Aber darum geht es nicht, sollte es nicht gehen. Zuerst einmal ist es wichtig, dass die Ukraine, und das sind die Menschen, die in ihr leben, ihr Schicksal vollkommen demokratisch selbst bestimmen dürfen, dass das Land seine territoriale Integrität gegen die russischen Feinde verteidigt, dass die allgegenwärtige Korruption eingedämmt wird, dass das Leben in der Ukraine ein lebenswertes wird - nicht nur für die wenigen, welche das Geld und die Macht haben. Recht und Freiheit sind universelle Werte, hier hat die Ukraine einen Riesenschritt nach vorn getan, sie hat den Diktator zum Teufel gejagt - und doch noch enorm viele Schritte vor sich. Der Weg ist hart und lang, das haben wir am Beispiel Polens gesehen, aber heute steht diese Nation phantastisch da, allerdings musste sie sich auch nicht gegen einen aggressiven, imperialen Nachbarn, der ein Mafiastaat ist, durchsetzen. Deswegen braucht die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit Beistand. Es ist traurig, dass erst ein Passagierflugzeug abgeschossen werden musste, damit sich die freie Welt daran erinnert. Viele der hiesigen Medien haben ja von dem Konflikt kaum noch berichtet; die Politiker scheuen die Schritte, die auch uns ein wenig wehtun werden. Schon 2008 hat man Russland in Georgien einfach machen lassen, was es wollte.
Zitat:
Es könnte die totale Konfrontation mit Russland bedeuten. Die Folgen würden wir alle zu spüren bekommen, wenn die Gasleitungen dann einmal im Winter zugedreht werden.
Daher also weht der Wind. Seien wir froh, dass jemand wie der Schröder, der uns für ein Gläschen Wodka noch tiefer in die Energieabhängigkeit von Russland treiben wollte, nicht noch einmal gewählt worden ist. Vielleicht muss man sich entscheiden, was wichtiger ist: Man kann aus Angst und Feigheit den offenen Gashahn, mit dem uns Russland jederzeit knebeln kann, wenn wir nicht machen, was es will, wählen - oder die Freiheit. Ich wähle die Freiheit.