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--- Fotoausstellung Walker Evans in Berlin

ArnoAbendschoen - 21.08.2014 um 12:22 Uhr

Der US-Amerikaner Walker Evans (1903 – 1975) gilt als einer der Groß- oder Altmeister des dokumentarischen Stils in der Fotokunst. Der Berliner Martin-Gropius-Bau nennt seine große Ausstellung „Walker Evans. Ein Lebenswerk“. Der Titel deutet den Anspruch an, nicht nur den populären Dokumentaristen der Depressionszeit zu würdigen. Das ist weitgehend gelungen. Schon am Beginn des Rundgangs überrascht uns eine frühe Gladiolenserie - in Schwarz-Weiß, wie auch alles Übrige.

Blumen bekommen wir danach nicht mehr zu sehen, sondern: die viktorianische, dem Untergang geweihte Architektur im Nordosten der USA um 1930, Bilder von Reisen nach Kuba und Tahiti, die Dokumentation einer Ausstellung afrikanischer Kunst in New York und vor allem die Aufnahmen von seinen Reisen in die Südstaaten während der Großen Depression: Menschen und ihre Häuser, ihre Arbeitsstätten. Ein „Nigger Quarter“ könnte eine Illustration zu Thomas Wolfes „Schau heimwärts, Engel“ sein.

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die Präsentation von Porträtaufnahmen, die Evans in den späten dreißiger Jahren mit versteckter Kamera von anonymen Fahrgästen in der New Yorker U-Bahn gemacht hat. Porträts, auch von Künstlern und Schriftstellern, sind jahrzehntelang ein Hauptgebiet seiner Tätigkeit. So finden wir aus den frühen Sechzigern ein Bild von Tennessee Williams.

Evans hat lange Jahre für das Magazin „Fortune“ gearbeitet und die Palette seiner Themen beibehalten, nicht mehr erweitert. Insgesamt schuf er eine sehr umfangreiche Dokumentation des Lebens in den USA von etwa 1930 – 1970. Sein Anspruch ging jedoch über das Dokumentarische hinaus. Dabei wirkt die Ästhetik wie ein verborgenes Skelett, eine geheime Inszenierung, die zumal die Menschen lebensecht und alltagsnah eindrucksvoll vor Augen führt. Evans liebte nicht: den krassen Effekt, das ins Auge springende Posieren. Seine Bilder leben von dem starken sowohl sinnlichen wie geistigen Eindruck, den das Dargestellte vermittelt. Gute Beispiele dafür sind gerade auch die sehr individuellen Porträts seiner beiden Frauen.

Die Ausstellung dauert noch bis zum 9.11.2014. Ort der Ausstellung: Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin (zwischen Potsdamer Platz und Anhalter Bahnhof).




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