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-- Lektüregespräche
--- Dezember 2025

Kenon - 20.12.2025 um 14:24 Uhr

Robert Walser – Phantasieren. Prosa aus der Berliner und Bieler Zeit

Robert, nicht Martin Walser, ist eine meiner sehr späten persönlichen Entdeckungen. Seine “Kleine[n] Dichtungen” (1914), die thematisch vom Spazieren, Schlendern, Umherschweifen dominiert werden, waren mir zu sentimental-naiv, zu repetitiv, mit “Phantasieren” kann ich jedoch wesentlich mehr anfangen: Walser war ein großer Stilist, jemand, der leise, kultiviert und vornehm gelitten hat.

Grigol Robakidse – “Die gemordete Seele” (1933)

Einer der ersten anti-stalinistischen Romane. Erzählt wird die Geschichte von Tamas, einem Schriftsteller, der in Tiflis als Redakteur für den staatlichen Filmkonzern GOSKINO arbeitet.

Robakidse agiert als zu dominanter Erzähler: Er interpretiert, wo der Roman eigentlich selbst atmen müsste. Dass die klare Botschaft über der erzählerischen Entfaltung steht, ist der historischen Schwere des Stoffes geschuldet – dennoch wirkt die Romanform hier eher wie ein Mittel zum Zweck denn als autonomes Kunstwerk.

Ungeachtet dessen ist „Die gemordete Seele“ ein wichtiges Zeitzeugnis. Gut, dass der Arco-Verlag das Buch 2018 neu aufgelegt hat.




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