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--- Literaturnobelpreis 2004

Kenon - 08.10.2004 um 10:59 Uhr

Die Österreicherin Elfriede Jelinek ist die zehnte Frau, die seit Stiftung des Literaturnobelpreises 1901 mit selbigem ausgezeichnet wurde. Bekannt ist sie mit ihren Romanen «Die Klavierspielerin» und «Lust» sowie dem Theaterstück «Raststätte oder sie machen´s alle» geworden. Ich kenne noch keines ihrer Werke, ihre Titel schrecken mich jedoch ob ihres Gossenniveaus schon jetzt ein wenig ab.

Über den Sinn des Literaturnobelpreises an sich kann man streiten, er ist aber wohl doch eine schöne Sache, um dem Massenpublikum auch mal einen wahrscheinlich anspruchsvolleren Schriftsteller näherzubringen. Und obwohl ich die Jelinek nicht kenne, der 1989 verstorbene Österreicher Thomas Bernhard hätte den Preis sicher besser verdient gehabt.

In den Weltkriegsjahren wurde der Nobelpreis nicht verliehen; wir kommen aber trotzdem auf ein ungefähres Verhältnis von 10:1 Schriftstellern zu Schriftstellerinnen. Woran liegt das? Ist das geschlechtliche Ungerechtigkeit, Bevorzugung des Mannes? Nein, es ist nur die geschlechtliche Ungleichheit. Die Denkstrukturen von Frauen sind ganz anders als die von Männern, daher können sie auch nur ganz anders schreiben. Schauen wir uns z.B. die als größte deutsche Dichterin bezeichnete Else Lasker-Schüler an: Sie hat nur ein einziges großartiges Gedicht geschrieben, nämlich Weltenende. Der Rest ist honigsüßes Frauengesäusel.

In der Süddeutschen Zeitung findet sich übrigens ein etwas lesenswerterer Artikel zur Nobelpreisvergabe als dieser hier.




Kenon - 10.10.2004 um 00:51 Uhr

Die Netzseite der Frau Jelinek ist:

http://ourworld.compuserve.com/homepages/elfriede/

Ein durchaus grässlicher Stil.




Jasmin - 04.12.2004 um 12:31 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasminmeer um 12:06:34 am 05.12.2004 editiert

Diese Nachricht wurde von Jasminmeer um 04:12:47 am 05.12.2004 editiert

Ich finde es interessant, dass dich Jelineks Romane aufgrund des angeblichen „Gossenniveaus“ ihrer Titel abgeschreckt haben. Ich habe vor ein paar Jahren die „Klavierspielerin“ gelesen. Die „Liebhaberinnen“ und die „Gier“ habe ich mehrfach angefangen und wieder abgebrochen. Nicht wegen des angeblichen „Gossenniveaus“ der Jelinekschen Sprache, nein, vielmehr weil diese sehr begabte Schriftstellerin sich für mich sehr kalt anfühlt. Sie seziert Menschen, Situationen, gesellschaftliche Strukturen mit sprachlich-chirurgischer Präzision. Diabolisch explizit und gemein. Lieblos, entseelt. Da ist keine Liebe zu spüren für den Menschen, stattdessen Misanthropie in puristisch-absoluter Form. Vielleicht ist der Vatikan deshalb nicht so erfreut gewesen ob dieser Nobelpreisverkündung…





Annemarie - 06.12.2004 um 14:03 Uhr

Manchmal gibt es für die Unglaublichkeiten, die Menschen aneinander antun, nur ein bestimmte Sprache und Ausdrucksweise.
Elfriede Jelinik benutzt m.E. diese kalte Distanziert ganz bewusst als stilistisches Mittel. Ich habe die Klavierspielerin gelesen, und da in diesem Buch ja sehr viel Autobiographisches verarabeitet wurde (z.B. die Beziehung zur Mutter) ist E.J. vielleicht auch gar nicht in der Lage, anders darüber zu schreiben. Hätte sie die Geschichte mit "mehr Herz" geschrieben, wäre es nicht diese Geschichte geworden. Nicht unähnlich einem traumatisierten Menschen, den man, wenn man als Therapeut arbeitet, eine Bühne erfinden lässt, auf der das geschehen darf, was erlebt wurde und nicht direkt konfrontiert werden kann, schafft sich E.J. diese Bühne in Form eines Buches. - Ist jedenfalls meine Meinung, und ich denke, daß sich sehr viele Schriftsteller "dieser Bühne" bedienen.




Uve Eichler - 06.12.2004 um 18:27 Uhr

Hallo Annemarie,

du schreibst:

---schafft sich E.J. diese Bühne in Form eines Buches. - Ist jedenfalls meine Meinung, und ich denke, daß sich sehr viele Schriftsteller "dieser Bühne" bedienen. ---

Ist denn nicht das Buch die Bühne eines Schriftstellers ?


Liebe Grüße
Uve




Jasmin - 06.12.2004 um 22:24 Uhr

Zitat:

Manchmal gibt es für die Unglaublichkeiten, die Menschen aneinander antun, nur ein bestimmte Sprache und Ausdrucksweise.

Ja, das mag stimmen. Bei der Jelinek ist es aber so, dass sie ihre ganz eigene, individuelle Sprache hat. Und die ist so extrem, so krass, dass es einen manchmal schaudert. Dennoch ist diese Sprache genial. Oder gerade deshalb. Das eiskalt Sezierende muss man ja nicht unbedingt negativ auffassen. Ein Chirurg muss beim Operieren auch schneiden und sezieren. Manchmal ist gerade das angebracht. Letzten Endes ist es Geschmackssache. Ich habe die „Klavierspielerin“ gerne gelesen, habe oft über die gelungenen Zynismen und Manierismen lächeln müssen. Dennoch habe ich die Empfindung gehabt, hier schreibt ein Mensch, der aus seiner Verzweiflung alles Lebendige in sich hat abtöten müssen, um überhaupt seelisch überleben zu können. Die „Klavierspielerin“ ist eine tragische Geschichte, die Abrechnung mit einer „dämonischen“ Mutter, wie Elfriede Jelinek oft ihre Mutter nennt. Ein fast tödlicher Konflikt, der nie aufgelöst werden konnte. Vollkommen fühllos, in einer Mischung aus Beamtenjargon und wissenschaftlich-präziser Beobachtung, Lakonismen und Kalauern, beschreibt die personale Erzählerin ihre tragische Figur Erika, die seelisch an die diabolische, besitzergreifende, dominante Mutter gekettet ist:

Die Mutter rechnet Erika vor, sie, Erika, sei nicht eine von vielen, sondern einzig und allein. Diese Rechnung geht bei der Mutter immer auf. Erika sagt heute schon von sich, sie sei eine Individualistin. Sie gibt an, dass sie sich nichts und niemandem unterordnen kann. Sie ordnet sich auch nur schwer ein. Etwas wie Erika gibt es nur ein einziges Mal und dann nicht noch einmal. Wenn etwas besonders unverwechselbar ist, dann nennt man es Erika. Was sie verabscheut ist Gleichmacherei in jeder Form, auch beispielsweise in der Schulreform, die auf Eigenschaften keine Rücksicht nimmt. Erika lässt sich nicht mit anderen zusammenfassen und seien sie noch so gleichgesinnt mit ihr. Sie würde sofort hervorstechen. Sie ist eben sie. Sie ist so wie sie ist, und daran kann sie nichts ändern. Die Mutter wittert schlechte Einflüsse dort, wo sie sie nicht sehen kann, und will Erika vor allem davor bewahren, dass ein Mann sie zu etwas anderem umformt. Denn: Erika ist ein Einzelwesen, allerdings voller Widersprüche. Diese Widersprüche in Erika zwingen sie auch, gegen Vermassung entschieden aufzutreten. Erika ist eine stark ausgeprägte Einzelpersönlichkeit und steht der breiten Masse ihrer Schüler ganz allein gegenüber, eine gegen alle, und sie dreht am Steuerrad des Kunstschiffchens. Nie könnte eine Zusammenfassung ihr gerecht werden. Wenn ein Schüler nach ihrem Ziel fragt, so nennt sie die Humanität, in diesem Sinn fasst sie den Inhalt des Heiligenstädter Testaments von Beethoven für die Schüler zusammen, sich neben den Heros der Tonkunst mit aufs Postamt zwängend.

Aus: Elfriede Jelinek, Die Klavierspielerin (Seite 14)




Gast - 08.12.2004 um 16:47 Uhr

Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki zeigte sich "außerordentlich erfreut" über den Nobelpreis für Elfriede Jelinek. Es sei gut, dass zum ersten Mal seit Nelly Sachs wieder eine Repräsentantin der deutschsprachigen Literatur diese hohe Auszeichnung erhalten habe. Reich-Ranicki bezeichnete Jelinek als "äußerst extreme und radikale" Schriftstellerin.

"Meine Bewunderung für ihr Werk hält sich in Grenzen. Meine Sympathie für ihren Mut, ihre Radikalität, ihre Entschlossenheit und ihre Wut ist enorm", sagte er in Frankfurt.


Quelle: ZDFheute




Gast - 09.12.2004 um 13:38 Uhr

Ratlose Worte aus dem Abseits

Hier einige Ausschnitte aus Jelineks auf Video aufgezeichneter Dankesrede:

"Man achtet meiner nicht. Man achtet mich vielleicht schon, aber meiner achtet man nicht."

"Der Dichter steht immer im Abseits. Von dort sieht er einerseits besser, andererseits kann er selbst auf dem Weg der Wirklichkeit nicht bleiben. Er hat dort keinen Platz. Sein Platz ist immer außerhalb."

"Was bleiben soll, ist immer fort. Es ist jedenfalls nicht da. Was bleibt einem also übrig."


Schreiben sei eine "Art Lustkotzen"...

Man wolle es nicht, aber man müsse - und es sei ein unglaublich befreiendes Gefühl, wenn alles rauskommen dürfe. "Man tut ja immer, was man muss. Jetzt möchte ich einmal ausprobieren, wie es ist, wenn man tut, was man will", betonte sie zugleich. "Aber ich glaube, das kann ich nicht."


http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,331803,00.html






Annemarie - 09.12.2004 um 15:20 Uhr

Man sollte sich darüber im klaren sein, daß Frau Jelinik erstens mal eine zeitgenössische Autorin ist und zweitens, was eben bei manchen Menschen, die stark polarisierend wirken, hinzukommt, auch eine Figur der öffentlichen Diskussion darstellt.
Ähnlich vielleicht wie bei MIchel Houellebecq, beim dem sich die Kritiker auch in zwei extreme Lager spalten.

Wenn ein Mensch in seiner Rolle als Autor eben das auskotzt, was andere sich nicht trauen auszukotzen, so liegt es vielleicht auche nahe, daß ein gewisses Maß an Neid und Mißgunst mit im Spiele ist. Warum sich denn sonst über eine Frau so aufregen, wenn es da im eigenen Inneren nichts gibt, wo sich etwas "einhaken" könnte?

Hermann Hesse hat zu diesem Thema einmal im "Klein und Wagner" ein paar sehr sehr schöne Sätze geschrieben. Sinngemäß geht es darum, daß, wenn ein Mensch sich über die Unmöglichkeiten, die Verfehlungen eines anderes Menschen über die Maßen aufregt, dann könnte ja mit ihm diesbezüglich auch etwas nicht ganz in Ordnung sein....

Etwas auszukotzen, ist nicht fein und schön. Und so MUSS ihre Sprache auch durchaus hässlich sein, weil sie sonst als Stilmittel nicht mehr stimmen würde. Ja, Uve, ich gebe Dir Recht, für den Autor ist das Buch die Bühne. Frau Jelinek ist sich dieser Tatsache m.E. sehr bewusst. Wenn wir uns das Moderne Schauspiel, den Modernen Tanz, die Moderne Musik anschauen, auch die Moderne Malerei, so können wir doch eigentlich selten von reiner Schönheit sprechen, oder?

Also ist die moderne Kunst, egal welchen Genres, verpflichtet, das Hässliche hervorzuzerren, herauszuwürgen, um es in die Welt zu schleudern, auf dass einigen ob dieses Aktes die Augen aufgehen mögen.
Auf daß sie das Hässliche in etwas Schöneres verwandeln mögen. Könnte dies der Auftrag der Modernen Kunst sein?

Annemarie




Uve Eichler - 09.12.2004 um 15:35 Uhr

Hallo Annemarie,

ich greife mal einen Satz von dir auf.

----Auf daß sie das Hässliche in etwas Schöneres verwandeln mögen. Könnte dies der Auftrag der Modernen Kunst sein?----

Ich bin der Meinung, dass nicht das Hässliche schön geformt werden soll, vielmehr sollte die Aufmerksamkeit auf eine Situation gelenkt werden, und das wird auf jeden Fall getan.
Natürlich können die Argumetationen und Kritiken nicht immer das Wohlgefallen eines Künstlers finden. Das ist gut so. Würde es nicht so sein, dann wäre es sinnlos über geschaffene künstlerische Dinge zu reden. Insoweit muss ich mich Deinen Ausführungen anschließen, die ja schon im vorigen Satz gefallen sind.

-----Also ist die moderne Kunst, egal welchen Genres, verpflichtet, das Hässliche hervorzuzerren, herauszuwürgen, um es in die Welt zu schleudern, auf dass einigen ob dieses Aktes die Augen aufgehen mögen.-----

Damit wird doch einiges ausgedrückt.

Viele Grüße
Uve




Gast - 09.12.2004 um 20:03 Uhr

@ Uve:

Meine volle Zustimmung!

Besser hätte man es nicht ausdrücken können.
Es geht hier wirklich primär um Aufmerksamkeitslenkung, die dann als "Kunst" bezeichnet wird.
Freue mich auf eine spannende Diskussion.




Gast - 10.12.2004 um 09:48 Uhr

Thomas Steinfeld hat in einem Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 08.12.2004 andere Akzente gesetzt in seiner Wiedergabe der Videorede. Er geht dabei äußerst ungnädig mit Elfriede Jelinek ins Gericht, stellt sie als einen psychisch schwer gestörten Menschen dar, der mit seiner Umwelt nicht mehr direkt kommunizieren kann, dem es eigentlich gar nicht mehr um echte Kommunikation geht. Aber nicht nur Steinfeld muss das so empfunden haben, sondern auch Horace Engdahl, der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie. Im Gegensatz zur Preisträgerin durchaus um Höflichkeit bemüht, kommentierte er ihre Rede folgendermaßen:

„Wir müssen uns vorstellen, dies sei eine Szene aus ,Star Wars, und eine Prinzessin spricht zu uns von einem anderen Planeten.“

Steinfeld meint, das sei noch freundlich ausgefallen, denn die Schriftstellerin wolle oder könne nicht mehr wahrnehmen, dass da noch ein Gegenüber existiere:

“Elfriede Jelinek hingegen will nicht mehr wahrnehmen, ob willentlich oder nicht, dass sie überhaupt noch ein Gegenüber hat.“

[…]

“Von einer „Rede“ mag man bei diesem Vortrag nicht sprechen: Ganz und gar fehlte ihm die Hinwendung zu einem anderen, zum Publikum, der Gestus des „du“. Der verlesene Text blieb Text, kam daher ohne Ansprache, ohne Dramaturgie und ohne Abschluss, ein gleichförmiges Tableau von prinzipiell gleichartigen Sätzen, in denen die Autorin wie ein klaustrophobischer Hamster um sich selbst rotierte.“

Nach dem Abschluss der Rede soll es Applaus gegeben haben und Steinfeld nimmt an, dass manch einer im Publikum sich deswegen gewundert haben muss:

“Für wen, mochte sich manch einer im Publikum gefragt haben, und warum?“

Wen wundert es, wenn Elfriede Jelinek die Zuhörerschaft mit nihilistischen Aussagen wie dieser konfrontiert:

„Mir sagt meine Sprache nichts, wie soll sie dann anderen etwas sagen?“

Steinfeld assoziiert dann auch Psychopathisches mit dieser Art von Selbstzweifeln:

“Diese Art von selbstreferentieller Skepsis neigt nicht zufällig zur verschärften Koketterie. Oder zum Wahn.“

Aber das wäre ja nichts Neues in Bezug auf Elfriede Jelinek, man weiß um ihren nervenkranken Vater, man kennt ihre Geschichte. Wenn ihr aber sogar kitschige Sentimentalität vorgeworfen wird, dann ist endgültig der Ofen aus und eine legendäre Kultur-Ikone von ihrem hohen Podest gestürzt:

“Bald schon verliert sich der Reiz und weicht einer gleichförmigen Sprache mit einigen schon fast unerträglich kitschigen Passagen:

„Das Leere ist der Weg. Ich bin sogar abseits der Leere. Ich habe den Weg verlassen.“

Oder auch: „Ich bin übernächtig davon, meiner Sprache nachzuschauen wie ein Leuchtturm aufs Meer, der jemandem heimleuchten soll und daher selbst erhellt worden ist, der im sich Drehen immer etwas anderes aus dem Dunkel herausschält, das aber ohnehin da ist, ob man es nun erhellt oder nicht.“

Wenn diese Sentimentalität dann übermächtig wird, wenn die Sprache sich auch noch in einen Hund verwandelt, der nach seiner Herrin schnappt, in eine Mutter, die ihr Kind verlässt, oder in ein Kind, das seiner Mutter entwächst und riesengroß wird, dann bemerkt der Leser, dass es sich innerhalb dieser so genannten Sprachkritik zuweilen sehr gemütlich leben lässt: Sie kostet nichts, kann aber jederzeit und überall als unendliche Forderung eingesetzt werden.“


Weiter geht es dann mit Vorwürfen in Bezug auf ihre „fatale Witzelsucht“ und ihren „manischen Zwang“, Worte zu entfremden:

“Es ist, als triebe eine fatale Witzelsucht diese Maschine an, ein manischer Zwang, keine Silbe stehen zu lassen, ohne zugleich nach ihrer Verwertbarkeit für einen fremden Sinn zu suchen.“

Abschließend wird gesagt, dass manche diese Rede als Provokation aufgefasst haben:

“Manche, und dazu zählen in den jüngsten Tagen nicht zuletzt einige schwedische Kritiker wie Maria Schottenius von Dagens Nyheter, halten solche Litaneien der Selbstbezogenheit, der Selbstqual und der Selbstgefälligkeit für eine „Provokation“.“

Steinfeld meint hingegen, dass Elfriede Jelinek ihr Publikum vor den Kopf gestoßen und es sich dabei selber "sehr gemütlich" gemacht habe:

“Sagen wir lieber: Elfriede Jelinek ist mit ihrem Publikum äußerst ungnädig umgegangen. Und hat es sich dabei sehr gemütlich gemacht.“

Immerhin hat sie aber den Nobelpreis bekommen. Das kann ihr keiner mehr nehmen…

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/374/44330/




Gast - 10.12.2004 um 10:04 Uhr

Wer hat Angst vor Elfriede J.?

Die Überraschung war groß als Horace Engdahl, Präsident der Stockholmer
Nobelpreisjury, am 7. Oktober 2004 vor die Kameras trat und den Namen
der neuen Nobelpreisträgerin verkündete: Elfriede Jelinek. Seit ihren
Anfängen als experimentelle Popautorin ("Wir sind Lockvögel, Baby") hat
die österreichische Autorin Hass und Bewunderung gleichermaßen auf sich
gezogen. Zwischen feministischer Militanz und höhnischem Pessimismus
war Elfriede Jelinek stets eine Polarisierungskünstlerin, eine Autorin,
die hitzige Reaktionen hervorgerufen hat. Der Film zeichnet ein
kritisches Porträt der Schriftstellerin.

+++ Samstag, 11.12., 22.00 Uhr



Mehr Informationen:
http://www.3sat.de/3sat.php?specials/73766/index.html




Gast - 10.12.2004 um 17:01 Uhr

Zitat:

Zwischen feministischer Militanz und höhnischem Pessimismus
war Elfriede Jelinek stets eine Polarisierungskünstlerin

Der extreme Feminismus hat schon lange ausgespielt. Nur die Frauen, die lieber Männer wären, haben das noch nicht so ganz mitbekommen.




Jasmin - 11.12.2004 um 11:44 Uhr

Habe eben die Rede der Elfriede Jelinek gelesen und bin tief erschüttert. Es ist das Fieber-Delirium einer Wahnsinnigen, einer tief verzweifelten Wahnsinnigen, einer außergewöhnlich genialen Wahnsinnigen. Ich bin vor allem auch erschüttert über das Unverständnis, dem sie begegnet. Aber was will man erwarten. Die Gesellschaft hatte noch nie Sympathien für das Andersartige, das aus der Art Geschlagene...Ich habe keine Spur von Kitsch oder Sentimentalität in dieser Rede entdecken können. Nur abgrundtiefe Verzweiflung, über die Grenze hinausgegangenen Schmerz, grenzenlose Einsamkeit.

„Etwas stimmt jetzt noch weniger. Das Geschriebene, das vom Geschehen handelt, läuft einem unter der Hand davon wie die Zeit, und nicht nur die Zeit, während der es geschrieben wurde, während der nicht gelebt wurde. Niemand hat etwas versäumt, wenn nicht gelebt worden ist. Nicht der Lebende und nicht die getötete Zeit, und der Tote schon gar nicht. Die Zeit ist, als man noch geschrieben hat, in die Werke andrer Dichter eingedrungen.“

Da ist so viel Bitterkeit zu spüren. Das Schreiben als Hindernis am wirklichen Leben, am Leben da draußen, das ohne einen weiter geht, während man einsam schreibt und schreibt. Aber es macht nichts. Niemand hat etwas verpasst. Denn das Leben, das wirklich Leben, erscheint nicht Glück verheißender als das andere, einsame Leben.

“Wie soll der Dichter die Wirklichkeit kennen, wenn sie es ist, die in ihn fährt und ihn davon reißt, immer ins Abseits. Von dort sieht er einerseits besser, andrerseits kann er selbst auf dem Weg der Wirklichkeit nicht bleiben. Er hat dort keinen Platz. Sein Platz ist immer außerhalb.

Hier sagt sie ganz deutlich, warum sie im Abseits, in der Einsamkeit bleiben muss. Sie hat keinen Platz in der Wirklichkeit, in der materiellen, nicht-geistigen Welt. Deshalb muss sie dieser Preisverleihung auch fernbleiben. Sie kann nicht anders. Sie kann sich nicht plötzlich aus der Scheinwelt, in der sie lebt, lösen und in die materielle Welt der Wirklichkeit eintreten, um den Preis entgegen zu nehmen. Das hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun, sondern mit einer inneren Not, die Elfriede Jelinek mehrfach in dieser Rede andeutet. Es ist ein Ringen um Verständnis, aber da die Botschaften gut verschlüsselt werden, kann sie fast niemand verstehen und fühlt sich so vor den Kopf gestoßen.

Das Außerhalb dient dem Leben, das genau dort nicht stattfindet, sonst wären wir alle ja nicht mitten drinnen, im Vollen, im vollen Menschenleben, und es dient der Beobachtung des Lebens, das immer woanders stattfindet. Dort, wo man nicht ist. Warum jemanden beschimpfen, weil er auf den Weg des Reisens, des Lebens, des Lebensreisens nicht zurückfindet, wenn es ihn vertragen hat - und dieses Vertragen ist kein sich mit jemand anderem Vertragen, aber auch kein Weitertragen -, einfach zufällig vertragen hat wie den Staub an den Schuhen, der von der Hausfrau unerbittlich verfolgt wird… .“

Hier findet man einen weiteren verschlüsselten Hinweis auf ihre Not, die sie daran hindert dabei zu sein, teilzunehmen, zusammen zu sein mit „den anderen“, an der Gesellschaft teilzuhaben, denn sie ist eine, die auf ihrem Lebensweg davongetragen wurde. Sie hat sich verirrt, ist vom Weg abgekommen. Zufällig. Willenlos. Ohne etwas dagegen unternehmen zu können, wie ein Staubkorn vom Winde verweht…

“Wenn man im Abseits ist, muss man immer bereit sein, noch ein Stück und noch ein Stück zur Seite zu springen, ins Nichts, das gleich neben dem Abseits liegt. Und das Abseits hat seine Abseitsfalle auch gleich mitgebracht, die ist jederzeit bereit, sie klafft auf, um einen noch weiter fortzulocken. Das Fortlocken ist ein Hereinlocken. Bitte, ich möchte jetzt den Weg nicht aus den Augen verlieren, auf dem ich nicht bin. Ich möchte ihn doch ordentlich und vor allem richtig und genau beschreiben. Wenn ich ihn schon anschaue, soll es auch etwas bringen. Aber dieser Weg erspart mir nichts. Er lässt mir nichts. Was bleibt mir also übrig? Auch das Unterwegs ist mir versperrt, ich kann mich ja kaum fortbewegen. Ich bin fort, indem ich nicht fortgehe. Und auch dort möchte ich zur Sicherheit Schutz haben vor meiner eigenen Unsicherheit, aber auch vor der Unsicherheit des Bodens, auf dem ich stehe.“

Hier ist vielleicht ein weiterer Hinweis darauf, warum sie nicht dabei sein kann. Das „Unterwegs“, also das Reisen ist ihr „versperrt“, denn sie kann sich ja nicht „fortbewegen“. Eine eigentlich offene Erklärung. Sie leidet an Klaustrophobie. Sie ist „fort“, also nicht anwesend, indem sie nicht fortgeht. Aber auch da braucht sie noch Schutz vor ihrer eigenen „Unsicherheit“.

Und diesen Schutz hat sie in der Sprache gesucht, aber diese hat sie nun verraten, denn nun steht sie durch die Preisverleihung im Rampenlicht. Das Versteck ist aufgeflogen:

Weil ich im Schreiben Schutz gesucht habe, kehrt sich dieses Unterwegssein, die Sprache, die in der Bewegung, im Sprechen, mir ein sicherer Unterstand zu sein schien, gegen mich. Kein Wunder. Ich habe ihr doch sofort misstraut. Was ist das für eine Tarnung, die dazu da ist, dass man nicht unsichtbar wird, sondern immer deutlicher?

Und dann die bittere Erklärung ihrer Einsamkeit. Es hat sogar keinen Sinn, sich einem „lieben Menschen“ anzuvertrauen, einem Menschen, der einen versteht, weil er selber „gefallen“ ist, ein gefallener Engel, so wie sie, nicht einmal das hat Sinn:

…[…]“denn noch weniger Sinn hätte es, sich einmal auszusprechen mit einem lieben Menschen, der der Fall ist und dem man vertrauen kann, weil er gefallen ist und nicht so schnell wieder aufstehen kann, um einen zu verfolgen und ein wenig, ja, zu plaudern. Es hat keinen Sinn.“

Ja, und dann verirrt sie sich immer mehr in ihrer Rede, wird immer wirrer und unverständlicher:

“Ich werde gehört, obwohl mir meine Sprache nicht gehört, obwohl ich sie kaum noch sehen kann. Man sagt ihr vieles nach. So muss sie selber nicht mehr viel sagen, auch gut. Man hört ihr nach, wie sie langsam nachspricht, während irgendwo ein roter Knopf gedrückt wird, der eine schreckliche Explosion auslöst. Es bleibt nur noch übrig zu sagen: Vater unser, der du bist.“

Und dann erklärt sie einerseits, dass ihre Sprache ihr nichts zu sagen hat, andererseits nicht nichts sagend ist. Widersprüche über Widersprüche. Die ganze Rede ist voller Widersprüche. Plus Eins minus Eins gleich Null…Funktioniert so Nihilismus?

“Wie erreiche ich, dass all diese Worte von mir etwas sagen, das uns etwas sagen könnte? Nicht, indem ich spreche. Ich kann ja gar nicht sprechen, meine Sprache ist derzeit nämlich leider nicht zu Hause. Dort drüben sagt sie was andres, das ich ihr auch nicht aufgetragen habe, aber meinen Befehl an sie hat sie von Beginn an schon vergessen. Mir sagt sie es nicht, obwohl sie doch mir gehört. Mir sagt meine Sprache nichts, wie soll sie dann anderen etwas sagen? Sie ist aber auch nicht nichts sagend, das müssen Sie zugeben! Sie sagt umso mehr, je ferner sie mir ist, ja, erst dann traut sie sich, etwas zu sagen, das sie selber sagen will, dann traut sie sich, mir nicht zu gehorchen, sich mir zu widersetzen. Wenn man schaut, entfernt man sich von seinem Gegenstand, je länger man ihn ansieht.“

Immer wieder spricht sie von „dort drüben“ und meint damit die wirkliche Welt im Allgemeinen und die den Ort der Preisverleihung im Einzelnen:

“Je mehr die Sprache sich dort drüben davonmacht, umso lauter hört man sie. Sie ist in aller Munde, nur in meinem Mund ist sie nicht. Ich bin umnachtet. Ich bin nicht ohnmächtig, aber ich bin umnachtet.“




Jasmin - 11.12.2004 um 11:46 Uhr

Und hier der Rest. Mein Text beträgt 9.370 Zeichen.

Und die Sprache, ein Teil von ihr, ein abgespaltener Teil, der nun sein Eigenleben führt, fern von ihr, diese Sprache hält sie gefangen:

“Ich bin die Gefangene meiner Sprache, die mein Gefängniswärter ist. Komisch - sie passt ja gar nicht auf mich auf! Weil sie meiner so sicher ist? Weil sie so sicher ist, dass ich nicht wegrenne, glaubt sie deshalb, sie kann selber von mir fort?“

Eine Gefangene, die aber sowieso nicht wegrennen kann…Eine Gefangene, die festgenagelt ist in ihrem Wahn und die stattdessen ihr Alter Ego, ihre Sprache in die Welt der Wirklichkeit schickt:

“Ich bin ihr [der Sprache] zu Handen, aber dafür ist sie mir abhanden gekommen. Ich aber bleibe. Was aber bleibt, stiften nicht die Dichter. Was bleibt, ist fort. Der Höhenflug wurde gestrichen. Es ist nichts und niemand eingetroffen. Und wenn doch, wider jede Vernunft, etwas, das gar nicht angekommen ist, doch ein wenig bleiben möchte, dann ist dafür das, was bleibt, das Flüchtigste, die Sprache, verschwunden. Sie hat auf ein neues Stellenangebot geantwortet. Was bleiben soll, ist immer fort. Es ist jedenfalls nicht da. Was bleibt einem also übrig.“

Das ist für mich der bitterste Satz in der ganzen Rede: “Der Höhenflug wurde gestrichen“. Sie musste sich dieses Gefühl, von dem viele Schriftsteller ein ganzes Leben lang träumen, versagen. Sie durfte es sich nicht gönnen. Weil sie ein „nichts“ ist. Ein „niemand“. „Nichts und niemand ist eingetroffen.“ Und nun ist sie noch einsamer als vorher. Vor der Preisverkündung. Davor hatte sie noch ihre Sprache. Ihre Sprache, die ihre Einsamkeit bevölkerte. Aber nun wurde ihr auch das genommen.

“Was bleiben soll, ist immer fort.“

http://www.3sat.de/3sat.php?specials/73766/index.html





Uve Eichler - 11.12.2004 um 12:04 Uhr

Hallo lieber Gast,

irgendwie komme ich bei diesen Ausführungen immer wieder auf den gleichen Ausgangspunkt.
Ich nehme an, dass Jasminmeer nicht mit mir sprechen möchte und deshalb melde ich mich aus dieser (für mich eigentlich informativen und freundlichen Diskussion) ab.

Bis bald

Uve




Jasmin - 11.12.2004 um 12:16 Uhr

Zitat:

Hallo lieber Gast,

irgendwie komme ich bei diesen Ausführungen immer wieder auf den gleichen Ausgangspunkt.
Ich nehme an, dass Jasminmeer nicht mit mir sprechen möchte und deshalb melde ich mich aus dieser (für mich eigentlich informativen und freundlichen Diskussion) ab.

Bis bald

Uve

Hallo Uve,

wie kommst du denn darauf, dass ich nicht mit dir sprechen moechte? Bitte, zieh dich nicht zurueck. Was ist denn jetzt los?

Verwirrte Gruesse
Jasminmeer




Uve Eichler - 11.12.2004 um 16:29 Uhr

@ Jasminmeer

Entschuldigung, da habe ich ganz falsch gepostet.

%-)

Uve




Jasmin - 11.12.2004 um 19:02 Uhr

Zitat:

@ Jasminmeer

Entschuldigung, da habe ich ganz falsch gepostet.

%-)

Uve

Wie muss es denn richtig heissen?




Uve Eichler - 11.12.2004 um 19:40 Uhr

----Wie muss es denn richtig heissen?----


Entschuldigung, da habe ich etwas falsch verstanden.

Uve




Jasmin - 13.12.2004 um 21:44 Uhr

Zitat:

----Wie muss es denn richtig heissen?----


Entschuldigung, da habe ich etwas falsch verstanden.

Uve

Lieber Uve,

ich habe leider bei manchen Beiträgen versäumt, mich unter dem Namen "Jasminmeer" einzuloggen. Das hat dich vielleicht etwas verwirrt, wie ich aus deinen letzten Beiträgen schließe. Deshalb möchte ich dir mitteilen, dass die 7., 11. und 12. Antwort von mir stammen. Vielleicht hilft dir das ein bisschen weiter.

Liebe Grüße




Nachrichten - 11.10.2005 um 15:14 Uhr

Ein später Nachtrag:

Zitat:

Aufregung vor der Verleihung des Literaturnobelpreises: Nach langem Streit beendete Jurymitglied Knut Ahnlund seine Mitgliedschaft in der Akademie wegen der letztjährigen Ehrung Elfriede Jelineks. Die Preisträgerin habe das Ansehen der Auszeichnung "zerstört".

[...]

Er sei sich sicher, dass nur ein Bruchteil der 18 Jurymitglieder überhaupt ein Buch Jelineks gelesen haben. Dazu warf er der Autorin "monomane und eingleisige" Autorenschaft und "klagende und lustlose Gewaltpornografie" vor. Dazu bezeichnete er ihr Werk als "armselig und dürftig".

Quelle: Rücktrittseklat wegen Jelinek (SpOn)




Jasmin - 11.10.2005 um 15:50 Uhr

Zitat:

Nach langem Streit beendete Jurymitglied Knut Ahnlund seine Mitgliedschaft in der Akademie wegen der letztjährigen Ehrung Elfriede Jelineks. Die Preisträgerin habe das Ansehen der Auszeichnung "zerstört".

Nun ja. So eine Berichterstattung nenne ich "biased". Man moege doch bitte weiter lesen:

Zitat:

Ahnlund selbst hatte wegen persönlicher Konflikte mit vielen Mitgliedern seit 1996 nur sporadisch an der Arbeit der Jury teilgenommen. Seit dieser Zeit übte er immer wieder Kritik an den Entscheidungen.

[...]

Aus diesem Grund reagierte die Jury auch gelassen auf den Vorstoß Ahnlunds. In einer schriftlichen Erklärung bezeichnete Englund laut dpa den Rücktritt als "Pseudo-Neuhheit". Ahnlund habe seit 1996 nur an zwei bis drei Festlichkeiten teilgenommen, weshalb der Rückzug nichts Besonderes sei.

[...]

Stockholmer Kulturjournalisten begründen den Vorstoß damit, dass Ahnlund die größtmögliche Aufmerksamkeit erreichen wollte. Er wolle persönliche Fehden mit Rivalen in die Öffentlichkeit tragen und habe deshalb auf einen günstigen Zeitpunkt gewartet.

[...]

Der Stockholmer Verleger Svante Weyler meinte sogar, dass das Verhalten Ahnlunds die Akademie zusammenschweißen würde. Ohnehin sei ein Rücktritt nicht möglich: "Die Mitglieder sind auf Lebenszeit gewählt und können ihr Amt auch nicht selbst abgeben", sagte Weyler zu dpa.

Quelle ebenda.




Kenon - 11.10.2005 um 17:27 Uhr

Zitat:

So eine Berichterstattung nenne ich "biased".

Kannst Du gern so nennen, meinetwegen auch voreingenommen / befangen, falls Dir die deutsche Sprache liegt. Recht hat der Mann ja trotzdem, ganz gleich, ob ihm andere niedere Motive unterstellen. Vielleicht steht dieses Jahr eine weitere Fehlentscheidung des Nobelpreiskommitees an, von der sich Herr Ahnlund im Voraus distanzieren will. Ich könnte mir das gut vorstellen, aber das ist natürlich nur eine ganz parteiische Vermutung.




Jasmin - 11.10.2005 um 17:34 Uhr

Zitat:

Kannst Du gern so nennen, meinetwegen auch parteiisch, falls Dir die deutsche Sprache liegt.

Mir liegt die deutsche Sprache, ich liebe sie sogar, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht ab und zu auch einmal fremdgehen kann, wenn mir ein anderes, fremdes Wort attraktiver erscheint. Parteiisch - das riecht so nach Parteitag und Parteivorstand.

Zitat:

Recht hat der Mann ja trotzdem, ganz gleich, ob ihm andere niedere Motive unterstellen.

Wieso hat er Recht? Ich wette, dass Du kein einziges Buch von der Jelinek im Regal stehen, geschweige denn gelesen hast.

Zitat:

Vielleicht steht dieses Jahr eine weitere Fehlentscheidung des Nobelpreiskommitees an, von der sich Herr Ahnlund im Voraus distanzieren will. Ich könnte mir das gut vorstellen, aber das ist natürlich nur eine ganz parteiische Vermutung.

Wer will denn beurteilen, was eine Fehlenscheidung ist? Gibt es objektiv messbare Kriterien, nach denen man Literatur beurteilen kann?




Kenon - 11.10.2005 um 17:38 Uhr

Zitat:

Ich wette, dass Du kein einziges Buch von der Jelinek im Regal stehen, geschweige denn gelesen hast.

Richtig, denn ich bekomme von der Frau schon absatzweise das Kotzen. Mehr sage ich zu dem Thema nicht.

Zitat:

Wer will denn beurteilen, was eine Fehlenscheidung ist?

Und wer will beurteilen, was eine richtige Entscheidung ist? Das solltest Du Dich selbst dann auch fragen.




Jasmin - 11.10.2005 um 17:43 Uhr

Zitat:

Und wer will beurteilen, was eine richtige Entscheidung ist? Das solltest Du Dich selbst dann auch fragen.

Das ist doch das Gleiche. Ich finde es nur laecherlich, wenn jemand so ein Theater macht, wie dieser Nobel-Heini, der selber Schriftsteller ist und vor Wut nicht schlafen kann, weil die Jelinek den Preis bekommen hat. Und nicht er. Und dieses Jahr wieder ein anderer und nicht er. Es wird immer Leute geben, die mit der jeweiligen Preisvergabe nicht einverstanden sind.




Kenon - 11.10.2005 um 18:02 Uhr

Zitat:

Ich finde es nur laecherlich, wenn jemand so ein Theater macht, wie dieser Nobel-Heini, der selber Schriftsteller ist und vor Wut nicht schlafen kann, weil die Jelinek den Preis bekommen hat.

Wie kommst Du denn darauf, dass er selbst gern den Preis bekommen möchte? Gibt es dafür Quellen? Es ist ja wohl das unwahrscheinlichste, dass dann ein solcher jemand selbst Mitglied der Jury ist.

Zitat:

Es wird immer Leute geben, die mit der jeweiligen Preisvergabe nicht einverstanden sind.

Natürlich. Eigentlich ist der Preis an sich Unsinn, jeder Preis. Die Werke der Autoren stehen ja für sich, aber meist glotzt das Publikum erst hin, wenn darum so ein Theater wie in Stockholm veranstaltet wird. Da wir ja öfter über Übersetzungen sprechen: aus einer amazon.com-Rezension zu "Lust":

Zitat:

It should then come as no surprise that Lust is trash. Garbage. Its terribly written. Admittedly, I dont speak German, so am unable to definitely judge who is at fault here - the author or the translator. I suspect its largely the author.

Man kann sich nur wundern, wie Jelinek in eine Reihe mit Hamsun, Heyse, Reymont, Sillanpää, Hesse, Jiménez, Camus, Scholochow, Beckett, Neruda und Paz gestellt werden konnte. Sartre hat den Preis zum Glück abgelehnt.




Jasmin - 11.10.2005 um 18:34 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasmin um 18:36:30 am 11.10.2005 editiert

Zitat:

Wie kommst Du denn darauf, dass er selbst gern den Preis bekommen möchte? Gibt es dafür Quellen? Es ist ja wohl das unwahrscheinlichste, dass dann ein solcher jemand selbst Mitglied der Jury ist.

Nein, es gibt keine Quellen dafür. Ich habe das phantasiert aufgrund der wenigen Informationen und dem Foto, das ich von diesem Mann gesehen habe. Er ist Schriftsteller, er ist 82, er ist unbekannt. Erst durch diese Jelinek-Geschichte ist man auf ihn aufmerksam geworden. Man findet kaum was im Netz über ihn. Ich musste an Salieri denken, als ich sein Bild sah.

Zitat:

Man kann sich nur wundern, wie Jelinek in eine Reihe mit Hamsun, Heyse, Reymont, Sillanpää, Hesse, Jiménez, Camus, Scholochow, Beckett, Neruda und Paz gestellt werden konnte. Sartre hat den Preis zum Glück abgelehnt.

Arne, Du hast kaum etwas von der Jelinek gelesen. Sie schreibt nicht schön, ich kann verstehen, dass es einem Ästheten den Magen umdreht, aber sie beherrscht die deutsche Sprache, wie es wenige tun. Sie spielt Klavier auf der Tastatur der Sprache, ja, sie entlockt den Tasten so manchen Tritonus, aber die Jelinek ist eine Sprachvirtuosin. Du kannst Dir, finde ich, kein umfassendes Urteil erlauben, wenn Du nur ein paar Absätze gelesen hast und selbst wenn es Dir Brechreiz verursacht - manchmal muss Literatur das, wenn sie auf Mißstände aufmerksam machen will. Gewalt und Pornographie sind Teil der Gesellschaft und in diese Wunden hat Elfriede Jelinek ihren schreibenden Finger gelegt.
Dreht denn nicht auch Thomas Bernhards Prosa uns manchmal den Magen um? Oder manche Gedichte Trakls?

Literatur muss nicht immer schön sein.




Jasmin - 11.10.2005 um 19:07 Uhr

Zitat:

Erika sieht auf ihrem Schulweg beinahe zwanghaft überall das Absterben von Menschen und Esswaren, sie sieht nur selten, dass etwas wächst und gedeiht. Höchstens im Rathauspark oder im Volksgarten, wo sich die Rosen und die Tulpen fleischig hervordrängen. Doch auch die freuen sich zu früh, weil die Zeit der Welke schon in ihnen steckt. Das denkt sich Erika aus. Alles bestätigt sie in ihrem Denken. Nur die Kunst hat, ihrer Meinung nach, einen längeren Bestand. Sie wird von Erika gehegt, gestutzt, zurück gebunden, gejätet und schließlich abgeerntet. Doch wer weiß, was von ihr schon ohne jede Berechtigung verschwunden und verklungen ist? Jeden Tag stirbt ein Musikstück, eine Novelle oder ein Gedicht, weil es keine Berechtigung in heutiger Zeit mehr hat. Und vermeintlich Unvergängliches wieder ist trotzdem vergangen, keiner kennt es mehr. Obwohl es Fortdauer verdient hätte. In Erikas Klavierklasse hacken selbst Kinder schon auf Mozart und Haydn los, die Fortgeschrittenen gleiten über die Kufen von Brahms und Schumann dahin, den Waldboden der Klavierliteratur mit ihrem Schneckenschleim überziehend.

Elfriede Jelinek, Die Klavierspielerin




Kenon - 11.10.2005 um 20:18 Uhr

Zitat:

umdreht, aber sie beherrscht die deutsche Sprache, wie es wenige tun. Sie spielt Klavier auf der Tastatur der Sprache, ja, sie entlockt den Tasten so manchen Tritonus, aber die Jelinek ist eine Sprachvirtuosin.

Das ist Deine Meinung, die Du mir schon einmal so ähnlich dargelegt hast. Ich nehme sie zur Kenntnis.

Zitat:

Dreht denn nicht auch Thomas Bernhards Prosa uns manchmal den Magen um?

Von welchem Wir sprichst Du? Bernhard war ein Genie.

Zitat:

Gewalt und Pornographie sind Teil der Gesellschaft und in diese Wunden hat Elfriede Jelinek ihren schreibenden Finger gelegt.

Schreibt sie nur mit einem Finger? Das wäre ja ein Erklärungsansatz...

Zitat:

Literatur muss nicht immer schön sein.

Aber wenn man sie zum Kotzen findet, gibt es keinen Grund, sie sich anzutun. Das gilt selbstverständlich für alle.




Jasmin - 11.10.2005 um 21:07 Uhr

Zitat:

Das ist Deine Meinung, die Du mir schon einmal so ähnlich dargelegt hast. Ich nehme sie zur Kenntnis.

Deine Meinung zum Thema Jelinek ist mir auch nicht gerade neu. Schade nur, dass sie sich fast ausschließlich auf anonyme Amazon-Rezensionen zu stützen scheint...

Zitat:

Von welchem Wir sprichst Du?

Das ist Pluralis Majestatis.

Zitat:

Bernhard war ein Genie.

Ist das jetzt Deine Meinung oder ein literaturwissenschaftliches Axiom?
Was ist das Geniale an Bernhard?

Zitat:

Schreibt sie nur mit einem Finger? Das wäre ja ein Erklärungsansatz...

Für Dich vielleicht.

---

Hier noch ein Ausschnitt aus einem Interview in der FAZ mit Elfriede Jelinek in Bezug auf die Rezeption ihres Werkes in Deutschland :

Zitat:

Wir meinten weniger das Urteil der Kritik. Bei Ihren Büchern stellt sich doch die Frage, ob sie überhaupt übersetzbar sind. Ist als Leser nicht verloren, wer den österreichischen Hintergrund nicht kennt?

Das stimmt, das ist das größte Problem. Deswegen wundere ich mich auch so sehr über den Preis, weil ich eigentlich eine Provinzautorin bin, die in einer bestimmten Weise mit einer bestimmten Sprache arbeitet, die man schon in Deutschland nicht mehr versteht. Ich stehe in der Traditionslinie der Wiener Gruppe. Vom frühen Wittgenstein über Karl Kraus bis zur Wiener Gruppe ist das eine sehr sprachzentrierte Literatur, die eigentlich weniger mit Inhalten arbeitet als mit der Lautlichkeit, mit dem Klang von Sprache. Und das läßt sich nicht übersetzen.

Viele Deutsche verstehen auch meinen Witz überhaupt nicht, die finden das nicht komisch. Ich habe das Gefühl, ich stoße vor allem in Deutschland in ein vollkommen leeres Rezeptionsfeld, in eine Rezeptionswüste. Meine Vermutung ist, daß das mit dem verschwundenen jüdischen Biotop zu tun hat, von dessen Rändern ich doch irgendwie herkomme. Ob das jetzt das Wiener Kabarett ist mit Karl Farkas und all den anderen oder ob ich das mit meiner Familie bin, da ist einfach ein ständiges Gewitzel. Das ist ein unaufhörliches Sprachspiel. In Deutschland ist das kaputtgemacht worden, einfach zerstört. Karl Kraus hat Dramolette geschrieben, die im Caféhaus spielen, wo man sich totlacht, aber die Leute haben das decodieren und goutieren können. Kraus hat den kulturellen Dung vorgefunden, wo das dann aufgegangen ist. Und das würde ich brauchen. Ich schreibe eigentlich aus dieser Tradition heraus und habe das Gefühl, ich schreibe ins Leere hinein.




Kenon - 11.10.2005 um 21:45 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 21:46:00 am 11.10.2005 editiert

Zitat:

Meine Vermutung ist, daß das mit dem verschwundenen jüdischen Biotop zu tun hat, von dessen Rändern ich doch irgendwie herkomme.

Jaja, der Holocaust ist schuld.

Als ob man heute keine jüdischen Schriftsteller mehr in Deutschland lesen würde.




Jasmin - 11.10.2005 um 22:02 Uhr

Zitat:

Jaja, der Holocaust ist schuld.

Als ob man heute keine jüdischen Schriftsteller mehr in Deutschland lesen würde.

Dass Du Dir nun gerade diese Stelle heraus pickst und auf Deine Art und Weise interpretierst, finde ich bezeichnend. Wenn Du Dir einmal eine Meinung gebildet hast, auf welchem Weg auch immer, dann bleibst Du dabei, koste es, was es wolle. Wahrscheinlich magst du die Jelinek vor allem deshalb nicht, weil sie männliche Wesen in einem besonders unvorteilhaften Licht erscheinen lässt.

Schade eigentlich. Ich finde das, was Elfriede Jelinek zur Schwierigkeit des Übersetzens ihrer Werke äußert, sehr bemerkenswert. Aber wenn Du wieder einmal nur Lust auf Polemisieren hast, dann ist keine konstruktive Diskussion möglich.

Vielleicht ist der Monolog tatsächlich die am besten geeignete Kommunikationsform für Dich.




Kenon - 11.10.2005 um 22:33 Uhr

Manche mögen die Jelinek, manche nicht. Es kann jeder sagen, wo er steht. So einfach ist das.

Ich habe einem Freund gerade Begründungen für einzelne Literaturnobelpreise vorgelesen. Seine Meinung: Hört sich alles an wie aus einer Phrasendreschmaschine.

Zitat:

Aber wenn Du wieder einmal nur Lust auf Polemisieren hast, dann ist keine konstruktive Diskussion möglich.

Was möchtest Du denn konstruieren?




Undine - 11.10.2005 um 22:37 Uhr

Zitat:

Und obwohl ich die Jelinek nicht kenne, der 1989 verstorbene Österreicher Thomas Bernhard hätte den Preis sicher besser verdient gehabt.
Aber überhaupt nicht. Pure Schimpferei sonst nichts. Und wenn du selbst eingestehst, dass du "die Jelinek" nicht kennst- woher nimmst du dir dann das Recht zu einem solchen Urteil?
Diese Frau "hat was drauf". Zugegebener Maßen: Ästhetisch ist ihr Werk keineswegs. Aber der Bernhard ist auch weit von jeglicher Ästhetik entfernt. Am besten, du liest einfach mal was von ihr... und biographische Daten dazu wären nicht schlecht, dann versteht man vielleicht einiges etwas leichter.
Liebe Grüße




Jasmin - 11.10.2005 um 22:48 Uhr

Zitat:

Manche mögen die Jelinek, manche nicht. Es kann jeder sagen, wo er steht. So einfach ist das.

Eben nicht. Du sagst nur, Du hast ein paar Absätze gelesen und findest sie zum Kotzen. Mehr nicht. Du begründest es nicht, weil Du es nicht kannst, denn Du hast ja kein Buch von der Jelinek gelesen. Auf perlentaucher. de findet man zahlreiche Rezensionen zu Jelinekwerken und da kann ich etwas mit anfangen, aber mit Deinem Jelinek = zum Kotzen und Bernhard = genial kann ich nichts anfangen.

Zitat:

Was möchtest Du denn konstruieren?

Einen Zusammenhang zwischen Deiner Meinung und dem Werk Jelineks. Ich reagiere so empfindlich, weil es mich aufregt, wenn jemand einen Schriftsteller dermaßen abkanzelt und ihn nicht einmal gelesen hat.

Und auf die Frage, was an Bernhard genial sei, hast Du auch nicht geantwortet.

Übrigens habe ich Gier und Die Liebhaberinnen geschenkt bekommen, angebrochen und nicht zu Ende lesen können. Ich kann Deine Abneigung schon nachvollziehen. So ist es nicht. Aber die Klavierspielerin ist sehr gut und deshalb möchte ich die Jelinek verteidigen. Es tut mir weh, wenn jemand, wenn ein Schriftsteller so niedergemacht wird, wenn man ihm Unrecht antut, vor allem aus Ignoranz [das hast Du mir ja auch einmal zu Recht in Bezug auf Pasolini vorgeworfen.]




Kenon - 11.10.2005 um 23:01 Uhr

Zitat:

Ich reagiere so empfindlich, weil es mich aufregt, wenn jemand einen Schriftsteller dermaßen abkanzelt und ihn nicht einmal gelesen hat.

Ich habe genug von ihr gelesen, um eine solche Meinung haben zu können. Ich muss mir auch nicht den ganzen Stuckrad-Barre antun, um ihn scheisse zu finden, oder Bukowski, Max Frisch, John Irving, Plenzdorf, Lessing usw. usf.; das Leben ist viel zu kurz, um jeden Stuhlgang im Labor zu prüfen.

Zitat:

Und auf die Frage, was an Bernhard genial sei, hast Du auch nicht geantwortet.

Warum auch? Ich habe Rezensionen zu seinen Werken, die ich gelesen habe, geschrieben, die kann man hier finden. Sie sind vielleicht so dürftig und ekelhaft wie mein Erstbeitrag in dieser Diskussion und vieles andere - und? Man kann etwas damit anfangen, oder nicht.


Zitat:

das hast Du mir ja auch einmal zu Recht in Bezug auf Pasolini vorgeworfen

An das Pasolini-Thema hatte ich heute auch schon gedacht. Alles Ruinen.




Jasmin - 12.10.2005 um 01:43 Uhr

Zitat:

Es gibt schöne deutsche Ausdrücke, die leider weder literaturnobelpreisverdächtig noch schadlos ins Schwedische zu übersetzen sind. Plaudertasche beispielsweise, Kraftmeier und beleidigte Leberwurst. Alle drei Charakteristika treffen auf den Schriftsteller Knut Ahnlund zu, der jetzt seine Mitgliedschaft in der Schwedischen Akademie für beendet erklärt hat.

[...]


Zum anderen ist der alte Schwede im ganzen Land als Querulant bekannt, dessen Sendungsbewußtsein das Wirken der Akademie schon mehr als einmal in Verruf gebracht hat. So hat Ahnlund, der wegen seiner Streitlust schon seit 1996 nicht mehr an den Findungsprozeduren teilnimmt, kaum eine Gelegenheit verstreichen lassen, gegen Jurykollegen und Preisträger zu wettern. [...] Die Wahl Dario Fos 1997 kritisierte er - übrigens gleichfalls in seinem Haussprachrohr "Svenska Dagbladet" - so wortreich wie heftig. [...] Und die Entscheidung für Jose Saramago anno 1998 bezeichnete er als Ergebnis einer professionell gesteuerten PR-Kampagne.


Gegen Exzentriker in Akademien ist prinzipiell nichts einzuwenden. Nur sollten sie weder so geschwätzig noch so sehr auf die Rolle des Selbstdarstellers abonniert sein wie Ahnlund. Ihm muß man nun ausgerechnet jenen Vorwurf machen, mit dem er die Auszeichnung Elfriede Jelineks bedacht hat: den Wert des Literaturnobelpreises auf absehbare Zeit zerstört zu haben.

Blick zurück im Zorn




Nachrichten - 12.10.2005 um 09:47 Uhr

Zitat:

Die vorjährige Vergabe an Elfriede Jelinek habe den Wert des Preises für lange Zeit zerstört und die "allgemeine Auffassung von Literatur als Kunst verwirrt", schrieb der 82-jährige Knut Ahnlund am Dienstag in einer geharnischten Kritik in "Svenska Dagbladet"

[...]

Deshalb habe das Nobelgremium Jelineks "Selbstcharakteristik gekauft": von der mutigen Außenseiterin, die mit einzigartigem sprachlichen Einfühlvermögen die "Absurdität sozialer Klischees" bloßlege, wie es die Akademie formuliert hat. "Unzutreffender kann man ihr Werk nicht beschreiben", ätzt Ahnlund.

Er hingegen habe "Monomanie und Eingleisigkeit" gefunden, "klagende und unlustvolle Gewaltpornografie", einen endlosen Strom an Worten, mit dem nichts gesagt werde. Dafür habe Jelinek von einer "überrumpelten und immer opportunistischeren" literarischen Szene eine Menge Anerkennung erhalten, bis zum Nobelpreis. Der sei "zum Schaden aller progressiven Kräfte" gewesen und werfe einen Schatten auch auf alle früheren und künftigen Auszeichnungen, poltert Ahnlund, der, als er noch voll mitmachte, zum inneren Kreis zählte, der die Nobelpreis-Kandidaten wählt.

Quelle: Nobelpreisjuror geht im Zorn (Die Presse)

Zitat:

"Eine monomanisch, eingleisige Verfasserschaft, eine Textmasse, die ohne die Spur einer künstlerischen Strukturierung zusammengeschaufelt ist." Ahnlund spricht von "Massenunterhaltung", die bestens zu den "Realitysoaps mit ihrem übel gelauntem und böswilligen Privatgezänke" passe.

Jelineks Verlag Rowohlt und denen, die ihre Bücher positiv rezensieren, wirft Ahnlund Verbrauchertäuschung vor: "Elementares Durcheinander wird als ,Reichtum an Assoziationen' verkauft, ein Übermaß an Gräulichkeiten als ,Freisein von Tabus', der sprachliche Zerfall als ,virtuoses Spiel mit der Sprache' oder gar als ,meisterliche Sprachdeformation'." Dabei sei ihr Werk "arm und dürftig", weil sie andere Aspekte des Menschen als "Erniedrigung, Unterdrückung, Schändung, Ekel vor sich selbst, Sadismus und Masochismus" nicht sehe. Vielmehr seien ihre Bücher "Gewaltpornografie".

Quelle: Ruf zerstört (taz)




HermannSachs - 15.10.2005 um 17:50 Uhr

Es ist immer wieder entzückend was für ein Quatsch man liest und manchmal fragt man sich selber, warum lese ich das jetzt das ist doch Mist.
Sein ganzes Leben kann man vergessen danach, ja das ganze Leben ist praktisch umsonst, egal und alles nur weil man so einen Quatsch liest.
Ach Frau Jelinek, ich hab sie so lieb :-)




woyzeck - 16.10.2005 um 02:40 Uhr

Jelinek will aber nicht geliebt werden. Sie ergötzt sich an Hass. Der einzige Grund sie zu lieben . . .



HermannSachs - 16.10.2005 um 13:41 Uhr

Na ja, wenn Du sie persönlich kennst ist es natürlich etwas anderes.
In ihren Texten ist auf alle Fälle nirgendwo Hass und wenn dann gegen Faschisten oder Haider oder Haiderfreunde.
Auch den Rassismus hasst sie und den
Alltagsfaschismus und die Humorlosigkeit,
na ja ich weiß ja auch nicht, ist Unsinn darüber etwas zu schreiben.
Wer sie nicht mag, mag sie nicht, aber er sollte
sie nicht hassen, das ist Schwachsinn.
Ich mag Harry Potter auch nicht, aber hassen tu ich ihn nicht, wie auch, er hat mir doch gar nichts getan.




HermannSachs - 16.10.2005 um 13:42 Uhr

Warum nennst Du dich eigentlich Wiyzeck, hast Du Büchner gelesen? Den haben die Leute damals auch nicht gemocht.
Die Vorstellung der hätte damals denLiteraturnobelpreis bekommen.




bodhi - 17.10.2005 um 23:16 Uhr

Lesen - und lesen lassen.
Leben - und leben lassen.
Lieben - und lieben lassen.
Hassen - besser lassen.




Sophia - 29.10.2005 um 11:28 Uhr

Hab in den Sommerferien die Liebhaberinnen von Elfriede Jelinek gelesen und war ziemlich begeistert davon. So eine klare treffende Sprache habe ich bis jetzt bei wenigen Autoren erlebt. Trotzdem stelle ich mir die Frage, ob Frau Jelinek etwas im Leben wichtig ist und ob sie glaubt mit ihren Büchern etwas bewirken zu können. (Entschuldigt, wenn ich dumm frage, aber ich weiß nicht viel)



LX.C - 29.10.2005 um 14:36 Uhr

Hallo Sophia,

wie sagt man so schön, es gibt keine dummen Fragen. Also immer frag.
Nun bin ich kein Jelinek Spezialist, hab auch noch nicht mal ein einziges Buch von ihr gelesen, lediglich den Film "Die Klavierspielerin" gesehen. In der Hinsicht weiß ich also noch viel weniger als du.
Antworten auf deine Fragen findest du vielleicht auf dem von Arne schon angegebenen Link (1. Antwort).
Wichtig wird ihr sicher so einiges im Leben sein. Und sicher möchte sie etwas mit ihrer Literatur bewirken.
Ob sie glaubt, das wirklich zu können, ist eine andere Frage. Bewirkt hat sie jedenfalls schon mal eine Menge Aufruhe in Österreich und ein Aufrütteln in anderen Ländern, wie Deutschland, über die Thematik einer nicht gerade rühmlichen konservativen Seite Österreichs. So hab ich ihr Gesamtwerk übergreifend aus Berichten und Artikeln zumindest verstanden.




Jasmin - 07.11.2005 um 22:17 Uhr

Eigentlich habe ich mich dieser unheilvollen Diskussion für immer enthalten wollen, aber wie es den Täter wieder zum Tatort zieht, so zieht es mich auch wieder hierhin, dieses Mal aber mit einem versöhnlichen Zitat, einem zur Diskussionsthematik passenden Ausschnitt aus der Rede von Albert Camus anlässlich der Entgegennahme des Nobelpreises am 10. Dezember 1957 in Stockholm:

Zitat:

Die Ehre, die Ihre freie Akademie mir mit ihrem Preis zuteil werden lässt, hat in mir ein umso tieferes Gefühl der Dankbarkeit geweckt, als ich ermesse, wie sehr diese Auszeichnung meine persönlichen Verdienste übersteigt. Jeder Mensch und erst recht jeder Künstler hegt den Wunsch, anerkannt zu werden. So auch ich. Und doch – als ich von Ihrem Entscheid entfuhr, konnte ich nicht umhin, seine Tragweite mit dem zu vergleichen, was ich wirklich bin. Wie hätte ein verhältnismäßig junger Mann, dessen einziger Reichtum in seinen Zweifeln und seinem noch im Werden begriffenen Werk besteht, der gewohnt ist, in der Einsamkeit der Arbeit oder der Zurückgezogenheit der Freundschaft zu leben, wie hätte er nicht mit einer Art Panik den Spruch vernehmen sollen, der ihn, allein und nur auf sich gestellt, mit einem Schlag in den Brennpunkt eines grellen Lichtes rückt? Und wie musste ihm bei dieser Ehrung zumute sein, zu einer Zeit, da in Europa andere, zu den Größten zählende Schriftsteller zum Schweigen verurteilt sind, und da seine Heimaterde von nicht endenwollendem Unglück betroffen ist?

[…]

Ich für mein Teil kann ohne meine Kunst nicht leben. Aber ich habe diese Kunst nie höher gestellt als alles Übrige. Ich bedarf ihrer vielmehr notwendig, weil sie sich von niemand absondert und mir erlaubt, so wie ich bin, auf der allen Menschen gemeinsamen Ebene zu leben. Die Kunst ist in meinen Augen kein einsiedlerisches Vergnügen. Sie ist ein Mittel, die größtmögliche Zahl von Menschen anzurühren, indem sie ihnen ein beispielhaftes Bild der gemeinsamen Leiden und Freuden vorhält. Sie verlangt also vom Künstler, sich nicht abzukapseln; sie unterwirft ihn der bescheidensten und zugleich allumfassendsten Wahrheit. Und wer, wie es hie und da vorkommt, sein Künstlerschicksal gewählt hat, weil er sich anders fühlte, merkt bald, dass er seiner Kunst und seiner Andersartigkeit nur Nahrung bieten kann, indem er seine Ähnlichkeit bekennt. In diesem ständigen Hin und Her zwischen sich und den anderen, auf halbem Wege zwischen der Schönheit, der er nicht entraten kann, und der Gemeinschaft, der er sich nicht zu entziehen vermag, bildet sich der Künstler. Darum betrachten die Künstler nichts mit Verachtung; sie fühlen sich verpflichtet, zu verstehen, nicht zu richten. Und wenn sie in der Welt Stellung zu beziehen haben, so können sie sich nur für eine Gesellschaft entscheiden, in der nach Nietzsches großem Wort nicht mehr der Richter herrschen wird, sondern der Schaffende, sei er nun Arbeiter oder Intellektueller.




Kenon - 08.11.2005 um 00:18 Uhr

Zitat:

Darum betrachten die Künstler nichts mit Verachtung; sie fühlen sich verpflichtet, zu verstehen, nicht zu richten.

Es ist fast immer weiser, einem Übel in der Kunst etwas eigenes, positives entgegenzusetzen, als dieses Übel nur vernichten zu wollen. Wenn sich einem das Übel aber allerorten - beispielsweise in der Form permanent-pubertärer-aufgesetzt-asozialer "Lyrik" oder Prosa - aufdrängt, wird man nicht umhin kommen, sich mit stärkeren Mitteln dagegen zu wenden.




Jasmin - 08.11.2005 um 00:36 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasmin um 00:37:52 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

Wenn sich einem das Übel aber allerorten - beispielsweise in der Form permanent-pubertärer-aufgesetzt-asozialer "Lyrik" oder Prosa - aufdrängt, wird man nicht umhin kommen, sich mit stärkeren Mitteln dagegen zu wenden.

Ja, aber das ist ja wohl keine Kunst, sondern etwas anderes. Vielleicht Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung oder Profilierungssucht.

Es erscheint mir wichtig, Kunst nicht zu richten, wenn sie von einer Künstlerseele stammt. Und Elfriede Jelinek hat eine Künstlerseele. In der "Klavierspielerin" ist so viel Schmerz und Leid, so viel verpasstes, verhindertes Leben. Eine Tochter, die ihrer Mutter nicht entfliehen kann. Das hat mich zutiefst berührt. Die anderen Bücher habe ich nicht gelesen, aber die "Klavierspielerin" ist ein sehr schmerzvolles Buch. Gerade wegen seiner kalten, unemotionalen Sprache. Was mich grade an Thomas Mann erinnert, der sagte, dass man vollkommen emotionslos schreiben soll, wenn man andere Menschen berühren will. Das Pathetische lasse kalt.




Kenon - 08.11.2005 um 00:45 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 00:49:28 am 08.11.2005 editiert

Zu der Jelinek sage ich besser nichts mehr, sondern widme mich dem interessanteren Teil:

Zitat:

Was mich grade an Thomas Mann erinnert, der sagte, dass man vollkommen emotionslos schreiben soll, wenn man andere Menschen berühren will.

Das kann ich bestätigen, und zwar ist es mir besonders bei Schocholows Don-Erzählungen aufgefallen. Der kalte Realismus der Schilderung ist viel wirkungsvoller als eine vorstellbare pathetisch-künstlerische Gestaltung. Pathos kann den Leser beeindrucken oder begeistern (wenn er ihm nicht generell zuwider ist), ruft aber meist eine natürliche Skepsis an der Wahrhaftigkeit bzw. möglichen Wahrhaftigkeit der Schilderung auf den Plan. Was man in seinem Wahrheitsgehalt bezweifeln muss, berührt einen schon nicht mehr so sehr.




Jasmin - 08.11.2005 um 00:51 Uhr

Zitat:

Pathos beeindruckt den Leser eher (wenn er ihm nicht generell zuwider ist), ruft aber eine natürliche Skepsis auf den Plan. Was man bezweifelt, berührt einen schon nicht mehr so sehr.

Skepsis in Bezug auf die Ehrlichkeit und Authentizitaet des Schreibenden?

Fuer mich hat Pathos auch etwas mit einem Mangel an Intelligenz und Intellektualitaet zu tun. Man denke zum Beispiel an die Wirkung von Alkohol auf das Gehirn und die Texte, die unter Alkoholeinfluss entstehen. Das ist oftmals dermassen sentimental, dass es einfach unbrauchbar ist.




Jasmin - 08.11.2005 um 00:55 Uhr

P.S. Jetzt muss ich grade an Deine Worte denken - die Sprache, die dem Verstande fern ist, ist die genaueste. Dabei meintest Du aber nicht die pathetische Sprache, oder?



Kenon - 08.11.2005 um 01:00 Uhr

Ich habe meinen Text, bevor Du ihn beantworten konntest aber nachdem Du ihn als Zitat für Deine Antwort übernommen hast, noch einmal präzisiert, vielleicht erübrigt sich Deine Frage bereits dadurch?

Zitat:

Man denke zum Beispiel an die Wirkung von Alkohol auf das Gehirn und die Texte, die unter Alkoholeinfluss entstehen. Das ist oftmals dermassen sentimental, dass es einfach unbrauchbar ist.

Vielleicht sollte man solche Texte dann besoffen lesen, um sie, sich so auf ihr Entstehungsniveau begebend, nachvollziehen zu können? (Das ist natürlich Ironie)

Durch den Gebrauch von Drogen sind sicherlich viele interessante Kunstwerke entstanden, welche die steinerne Vernunft sonst verhindert hätte.




Kenon - 08.11.2005 um 01:07 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 01:08:08 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

P.S. Jetzt muss ich grade an Deine Worte denken - die Sprache, die dem Verstande fern ist, ist die genaueste. Dabei meintest Du aber nicht die pathetische Sprache, oder?

Die genaueste Sprache ist so genau, dass sie mit dem, was sie beschreiben will, absolut identisch, also es selbst ist. Sie hört damit auf, das zu sein, was wir unter Sprache gemeinhin verstehen. Sprache muss also immer ungenau sein, damit wir etwas verstehen. Das ist sie ohnehin.




Jasmin - 08.11.2005 um 01:07 Uhr

Zitat:

Vielleicht sollte man solche Texte dann besoffen lesen, um sie, sich so auf ihr Entstehungsniveau begebend, nachvollziehen zu können? (Das ist natürlich Ironie)

Man sollte sie am besten löschen oder sich wieder betrinken, um die Tatsache zu ertragen, dass man so einen Text verfasst hat.

Zitat:

Durch den Gebrauch von Drogen sind sicherlich viele interessante Kunstwerke entstanden, welche die steinerne Vernunft sonst verhindert hätte.

Ja, sicher. Interessant waere, Vergleiche anzustellen. Kann man das Werk eines Alkoholikers von dem eines Morphinisten unterscheiden? Ich denke ja.

Grade faellt mir eins der genialsten Gedichte der Weltliteratur ein, Kubla Khan von S.T. Coleridge. Das ist im Laudanum-Rausch entstanden. Und die Kritiker haben sich den Kopf zerbrochen, um das Gedicht zu interpretieren. Ueber 100 Interpretationen gibt es zu diesem Werk.




Kenon - 08.11.2005 um 01:19 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 01:22:53 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

Kann man das Werk eines Alkoholikers von dem eines Morphinisten unterscheiden? Ich denke ja.

Bechers frühe Gedichte sind wohl oft im Morphiumrausch entstanden. Das erklärt dann vielleicht auch die Lebewesenwerdung von Brücken, Laternen, Gebäuden usw., insgesamt die sintflutartige Ausschüttung von Wörtern, die sonst vom nicht alterierten Bewußtsein im Zaum gehalten werden, aber sie können nicht aus dem Nichts kommen. In der Bewertung der Gedichte spielt das allerdings, so meine ich, keine Rolle. Man nimmt sie allein für das, was sie sind. Becher selbst hat diese Lebensphase später scharf verurteilt, obwohl er in ihr - meiner Meinung nach - die genialsten Schöpfungen hervorgebracht hat.

Nietzsche war es, glaube ich, der zwischen appollinischer und dionysischer Dichtung unterschied.




Jasmin - 08.11.2005 um 01:28 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasmin um 01:29:33 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

...aber sie können nicht aus dem Nichts kommen. In der Bewertung der Gedichte spielt das allerdings, so meine ich, keine Rolle. Man nimmt sie allein für das, was sie sind.

In der Bewertung spielt es sicher keine Rolle, vor allem nicht in Bezug auf das subjektive Empfinden. Oder doch? Vielleicht loesen besonders drogeninduzierte Texte Angst aus bei weniger gefestigten Individuen? Ich muss gerade an Trakl denken, dessen Gedichte mich teilweise sehr bedruecken, auch wenn sie sehr schoen sind.

Zu dem "aus dem Nichts": Hier musste ich an unser Universum denken, das vielleicht auch aus dem Nichts heraus entstanden ist. Oder vielleicht auch nicht.

Gute Nacht!




Joseph_Maronni - 15.12.2007 um 18:20 Uhr

ich habe mich verliebt. ja, laestert nur, fallt ueber mich her, brandmarkt mich, es aendert nichts dran. wir sind ja hier ein literaturforum. also, wenn auch 3 jahre danach, wer es schauen moechte, der klicke nach anklicken des linkes auf "see a video...". man kann in german oder in german mit english subtitles. wollte es erst unter "lieblingsfilme" einstellen, aber das schien mir dann doch unpassend. und nun bekenne ich es, weil es so brachial aus mir rausdraengt: elfriede, solltest du dich jemals lesend, surfend, wieauchimmer hierher verirren: ich schaue es mir ein ums andre mal an. sowat von gut.

hier




LX.C - 15.12.2007 um 19:37 Uhr

*lol* :-))



Gast873 - 03.04.2008 um 22:16 Uhr

Sie redet über ihre Haare. ^^

Auch nicht schlecht, so über die Wirklichkeit zu reden!

Gruß,
Hyperion




Der_Geist - 04.04.2008 um 09:04 Uhr

Zitat:

Auch nicht schlecht, so über die Wirklichkeit zu reden!

Ja, ne? Schon gelesen: "Sie haben gut reden"? (Unter Aktuelles 2008)




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