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-- Prosa
--- Kleine Gedanken für New York

poetry - 16.06.2007 um 02:14 Uhr

Kleine Gedanken für New York


Da stehst du nun und wartest dort unten. Blickst auf Tafeln mit Buchstaben und Zahlen, obwohl du weißt, wo du dich hinführst. Starrst Menschen an, welche im Inneren schöner sind als dein Äußeres. Starrst auf solche, die am Boden von Realität gegen kalte Kacheln lehnen, ihr Leben geben und Spritzen lieben, sie brauchen und nutzen. Du denkst du bist die Mitte der Gesellschaft und gehst brav deinen eigenen Weg.
Doch auch dein Herz beginnt zu schwitzen, wenn ein Windstoß dein Haupthaar durchweht und langsam ein immer lauter werdendes Pfeifen aus Dunkelheit und Trauer entflieht. Zwei helle Punkte werden größer, zeigen dir was kommt, die Angst und Furcht, die Macht aus dem Schacht. Maschinerie, unkontrolliertes Rauschen auf metallischen Trägern, bebender Boden, der so langsam den Kopf erklimmt. Mehr und mehr Menschen umringen, drücken und schieben. Kontrollierst dich in der Masse um nicht in drei geteilt zu werden. Blickst noch einmal kurz auf diese Tafel, auf entzifferten Code, die Korrektheit einer Aneinanderreihung der Buchstaben und Zahlen, auf dein Ziel, das vor dem Tod dominiert und doch nur eine Abzweigung vor ihm ist. Wind wird wieder nochmals stärker. Plötzlich wird sie sichtbar, von matten Leuchtstoffröhren, die sich an Augen, deiner und denen, der unterschiedlichsten Menschen hier spiegelt. Immer länger wird ihr Körper, entgleitet aus dieser engenumschlungenen Finsternis, Respekt fliegt voran, das Pfeifen sinkt ohrenbetäubend in tiefere Töne, in eine Gleichmäßigkeit, wie das leben deines Lebens. Die Stelle des Glücks. Das Zenit deiner Existenz. Die Wahrheit deiner Existenz besteht, die besagt, das Existenz existiert, egal ob du im Grabe liegst oder brav deinen Weg zum hunderttausendsten Mal gehst, deinen Weg der Lebendigkeit. Und immer wieder, immer wieder und immer wieder siehst du, das was du siehst. Wiederkehrend, in der Schleife deines charakterlich ehrlichen Charakters, genau wie der Fahrer es sieht, der nur den Blick nach vorne wagt, in nächste Ungewissheit, wieder und wieder, wie Augenblinzeln, in einer noch langsameren Zeitlupe als sie selbst überhaupt sein kann.
Nach Stillstand öffnen Türen seitwärts, betrittst wenn andere verlassen haben. Soeben stand ich noch neben dir. Steige jetzt auch ein. Mir bleibt nur Hoffnung, im
Untergrund New Yorks.




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