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Olivier Le Carter - Die Vermessung der Ozeane
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Le Carter, Olivier - Die Vermessung der Ozeane bestellen
Le Carter, Olivier:
Die Vermessung der
Ozeane

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(Bücher frei Haus)

Die Vermessung der Welt, die Vermessung der Ozeane. Die Vision Homers aus der Ilias un der Odyssee aus dem 9. Jahrhundert vor Christus stellte die Erde als Scheibe dar, aufgehängt zwischen den Gewölben von Himmel und Hölle. Im Zentrum der Scheibe befand sich die „Oekumene“, der den Griechen bekannte Lebensbereich, der vom weiten Ozeanfluss umspült wurde. Diese symbolische Illustration zierte bei Homer auch den Schild des Achilles, der in heiligem Zorn über die Trojaner herfiel, um ihr Bild der Welt auszulöschen. „Den Zorn singe, Göttin, des Peleussohns Achilles, den Unheil bringenden Zorn, der tausend Leid den Achäern schuf und viele stattliche Seelen zum Hades hinab stieß.“

Zorn könnte einen erfassen, wenn man bedenkt, dass das meiste, was wir heute von der Welt wissen, in der Antike eigentlich schon vorhanden war. Thales etwa hatte erkannt, dass das Mondlicht von der Sonne kommt (!) und man die Höhe eines Objekts mit Hilfe seines Schattens bestimmen kann. Auf diese Weise konnte er auch die Sonnenfinsternis von 555 v. Chr. Vorhersagen, die die Medischen Kriege beendete. Hekataios, der heute als „Vater der Geographie“ bezeichnet wurde, hatte schon zu Zeiten Pythagoras` (* um 570 v. Chr.; † nach 510 v. Chr) eine genaue Karte der bekannten Welt gezeichnet, der Welt des Mittelmeers. Um 400 vor Christus (!) war auch schon bekannt, dass die Erde rund sein müsste, Anaxagoras und Aristoteles hatten bereits stichhaltige Argumente bezüglich der Mondphasen gesammelt. Von Aristoteles, Schüler des Platon, kommt auch die logische Erläuterung, dass der Erdschatten auf dem Mond immer rund ist und folglich auch die Erde rund sein muss. Auch das bekannte Beispiel des am Horizont auftauchenden Segels stammt von Aristoteles. Noch verblüffender ist aber die Erkenntnis eines gewissen Eratosthenes, der sogar den Umfang der Welt ziemlich exakt bemessen konnte, nämlich mit 250.000 Stadien, was etwa 39.000 Kilometern entspricht, also eine erstaunliche Treffsicherheit für jemanden, der vor 2200 Jahren lebte und 1700 Jahre vor Kopernikus zu demselben Ergebnis gekommen war!

Doch dann kam das, was der Autor vorsichtig „eine geistige Verdunkelung der Wissenschaften“ nennt, die die Entwicklung der Wissenschaften in Europa jahrhundertelang lähmte: die Herrschaft der katholischen Kirche. „Ein sehr langer Schlaf“ heißt denn auch das zweite Kapitel dieses Geographen-Schatzes, in dem es von der Zeit des Ptolemäus bis zum Mittelalter führt. „Periplus“ nennt sich eine Küstenbeschreibung anhand derer sich die damaligen Seefahrer orientieren konnten, um in das Unbekannte vorzudringen. Die meisten Entdeckungen geschahen also eher zufällig, wie der Autor betont, etwa durch das Abtreiben durch einen Sturm. Aber nach Aristoteles und Eratosthenes wurden allmählich auch die Erkenntnisse der Mathematiker und Astronomen allmählich in die Praxis umgesetzt. Der Autor entschuldigt sich auch bald, dass er vor allem die graeco-romanische Welt berücksichtigt, aber für die anderen Welten – etwa Amerika – gäbe es leider keine seriösen Quellen, die Auskunft über die Entstehung der Karto- oder Geographie geben könnten.

Die weiteren Kapitel beschäftigen sich mit der Pisaner Karte, der Schule von Mallorca, dem Atlas catalan von Magellan, Seebüchern und Seeatlanten, sowie dem Depot des cartes et plans zum GPS. Wunderschöne Illustrationen mit Reproduktionen alter Seekarten lassen das Piratenherz höher schlagen und erweitern in jedem Sinne den geistigen und materiellen Horizont. Das vorliegende Buch ist eine Bereicherung nicht nur bezüglich der ästhetischen Aspekte, sondern auch was den wunderschönen und gut recherchierten Text betrifft. Also ein durch und durch kosmologisches Erlebnis und ein wahres Gnomon in Zeiten der Krise und Orientierungslosigkeit.

Olivier Le Carter
Die Vermessung der Ozeane
Welt- und Seekarten von der Antike bis zur Neuzeit
Aus dem Französischen von Dr. Jürgen Hassel

2009
Delius Klasing Verlag
128 Seiten 100 farbige Abbildungen Großformat 27 x 36,5cm
ISBN 978-3-768826204
39,90.-

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-01-24)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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