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Hector Wittwer - Sterben und Tod
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Wittwer, Hector:
Sterben und Tod

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(Bücher frei Haus)

Hector Wittwer, Daniel Schäfer u.a. (Hersg.) – Sterben und Tod. Ein interdisziplinäres Handbuch

Breiter Zugang zum Thema

In der Reihe der interdisziplinären Handbücher des Metzler Verlages, in dem bereits profunde Bände zum Thema „Gedächtnis und Erinnerung“, „Raum“ u.a. erschienen sind, liegt nun der breit angelegte und umfassend betrachtende Band zum Thema „Sterben und Tod“ vor. Ein Thema in der Spannung einerseits eines zunehmend wissenschaftlichen Interesses und andererseits in einer das Alter, die Gebrechlichkeit, das Sterben und den Tod zunehmend tabuisierenden Gesellschaft. Nicht nur aus dieser Spannung aber erhält das Buch seinen intensiven Charakter, wie auch zu den anderen Themen haben sich die Herausgeber dieses Buches samt der Vielzahl der Autoren zu den einzelnen Themen im Buch in profunder und einen weiten Bogen spannender Weise diesem existenziellsten menschlichen Thema zugewandt.

Schon das erste Kapitel, welches die Einlassungen zum Thema aus der Sicht der verschiedenen Wissenschaften und Religionen auf knapp 75 Seiten darstellt im Blick der Geschichte , Philosophie, Religionswissenschaft, Medizin, Psychologie und Soziologie motiviert in bester Weise zur Vertiefung der 370 Seiten des Buches. Allein schon die knappe Darstellung der Technisierung und die damit einhergehende Verlagerung des Sterbens aus dem öffentlichen Raum heraus, zumeist in das Krankenhaus hinein, spricht Bände über die massive Veränderung, die Sterben, Tod und dazugehörige Prozesse in der Gesellschaft erlebt haben.

Grundlagen und Konzepte von Sterben und Tod aus medizinischer Sicht einerseits bis hin zum Begriff des sozialen Todes andererseits, allgemeine Haltungen zu Sterben und Tod von der medizinischen Lebensverlängerung über die Todesfurcht als Thema der Philosophie bis hin zur Trauer und der Rezeption von Tod und Sterben in der bildenden Kunst, konkrete Ausdrucksformen (Bestattungsformen, Sterbebegleitung, Obduktion, Testament) und (unbedingt lesen) der Blick auf die Extreme der Praxis von Tod und Sterben (Abtreibung, Euthanasie, Kannibalismus, Mord u.a.) setzen im weiteren Verlauf des Buches die Wegmarken.

In all den Einlassungen aus den verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen und Betrachtungswinkeln trägt das Buch drei wesentlichen Momenten der Moderne Rechnung. Zum ersten dem raschen Wandel der Umgangsweisen mit Tod und Sterben, ein Wandel, der sich allein schon in den starken Veränderungen traditioneller Bestattungsformen niederschlägt. Zum zweiten dem Wachstum an naturwissenschaftlich-technischen Möglichkeiten des Eingriffes am Ende des Lebens und zum dritten die breiter werdende Diskrepanz zwischen diesen technischen Möglichkeiten und Fortschritten einerseits und dem Status vorherrschender Moral andererseits. Sowohl der gesellschaftliche Umgang mit Sterben und Tod als auch der kulturwissenschaftliche und medizinische Zugang zum Geschehen unterliegt in den letzten Jahrzehnten einem raschen, in der Geschwindigkeit zunehmendem Wandel, dem eine klare innere gesellschaftliche Haltung nicht immer korrespondiert.

In die genannten Schnittstellen hinein bietet das Handbuch nun eine Bestandsaufnahme und Vergewisserung des aktuellen Standes und der Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit, zudem liegen in den verschiedenen Zugängen durchweg genügend Impulse für ein eigene Reflektion von Möglichkeiten zukünftiger Gestaltung des Umganges mit dem Thema vor.

Sprachlich wissenschaftlich komplex konzipiert bedarf das Lesen einer notwendigen Konzentration, die allerdings dem Thema an sich und der Tiefe der Beiträge nur angemessen ist. Insgesamt bildet das Handbuch einen wichtigen Markstein in einer zunehmenden Unübersichtlichkeit im Umgang und der Grundhaltung zu Sterben und Tod und ist damit einer orientierenden Systematisierung höchst zuträglich.
Hohe Qualität und thematische Breite zeichnen dieses Handbuch dabei durchgängig aus.

[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-10-07)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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