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Sophie Wahnich - Freiheit oder Tod. Über Terror und Terrorismus
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Wahnich, Sophie - Freiheit oder Tod. Über Terror und Terrorismus bestellen
Wahnich, Sophie:
Freiheit oder Tod. Über
Terror und Terrorismus

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(Bücher frei Haus)

Nach den Anschlägen in Paris/Frankreich wurde der Terrorismus des 21.Jahrhundert mit der Schreckensherrschaft der französischen Revolution von 1789 - „la terreur“ – allzu gerne gleichgesetzt, was die Empörung der Autorin, die selbst in Paris lebt, hervorrief und sie wohl auch dazu veranlasste die vorliegende Abhandlung über den Terror zu schreiben, zu dem auch der slowenische Philosoph Slavoj Zizek ein Vorwort verfasst hat, das die Thesen der Autorin inhaltlich unterstützt. Beide Arten des Terrors würden nämlich gänzlich entgegengesetzte symbolische Projekte verfolgen: Emanzipation einerseits, eine religiöse Verdichtung als regressive Ideologie anderseits. „Die beiden Gestalten der Gewalt stellen so ein zugleich analoges und gegensätzliches Paar dar“, schreibt Wahnich in ihrem Nachwort, das sie vor allem der aktuellen Situation in Frankreich (2015) widmet.

La Terreur vs. Terrorismus
Schon vor dem Terrorismus des 21. Jahrhundert wurde die Terreur mit dem Nationalsozialismus verglichen, was wohl eine ebenso inadäquater Vergleich ist, wie jener erste oben geschilderte. „Par pitié, par amour pour l`humanité, soyez inhumains“ (Aus Liebe, aus Liebe zur Menschheit müssen wir unmenschlich sein.) hieß einer der radikalsten Aussprüche der Jakobiner, für die die schiere und bloße Existenz eines Königs schon ein Verbrechen (gegen die Menschlichkeit) war. Denn wer sich aus purem Egoismus und Eigennutz über andere erhebe, sei an und für sich ja schon unmenschlich, da er das Wesentliche und Charakteristische des Menschen – die Gemeinschaft – negiere und in ihr eine Hierarchie aufbaue, die unnatürlich – also gegen die menschliche Natur gerichtet – sei. Schon bei Cicero finde sich dieser Gedanke, dass jener aus der universellen Gemeinschaft der Menschen ausscheide, der sein Eigeninteresse über das der anderen stelle und so gegen das natürlich Gesetz inhuman handle. Cicero will den Inhumanen sogar verbannen, ein Mensch mit dem keinerlei Gemeinschaft möglich sei, müsse sogar getötet werden.

Schreckensherrschaft: Antidot zur Vergeltung des Volkes
Sophie Wahnich versucht in ihrem Essay nichts Geringeres nachzuweisen als, dass selbst die Schreckensherrschaft nur ein Mittel zur Kanalisierung des (berechtigten) Volkszorns gewesen sei, denn der Ruf nach Vergeltung für die jahrhundertelange Unterdrückung und Knechtschaft sei ja ursprünglich aus dem Volk gekommen. Die Tribunale der Revolution hätten ja nichts Anderes versucht, als die Wut und den Zorn in geregelte Bahnen zu lenken. Tatsächlich gingen der Schreckensherrschaft ja auch die Exzesse der Septembermorde (1792) voraus, nach denen Danton die Revolutionstribunale somit als „Antidot zur `Vergeltung des Volkes´“ gefordert habe: „Seien wir furchtbar, damit das Volk es nicht sein muss (...) auf dass das Schwert des Gesetzes auf das Haupt all seiner Feinde niedergehe, auf dass die Welt gerächt werde.“, forderte Danton, der später selbst demselben Tribunal zum Opfer fallen sollte. Mehrere Jahrhunderte der „Torheit“ (Saint-Just) sollten in fünf Jahren des Widerstands ausgemerzt werden, denn mehr Zeit blieb den Jakobinern selbst nicht.

Eine lesenswerte Lektüre über die Entstehung unserer europäischen Gesellschaftsordnung, die zeigt, wie Dinge vermischt werden, die nur scheinbar etwas miteinander zu tun haben, um daraus ideologische Motive für die Gegenwart zu kreieren. Denn wer Terreur und Terrorismus gleichsetzt, will die Republik an und für sich abschaffen oder zumindest perpetuieren.

Sophie Wahnich
Freiheit oder Tod
Über Terror und Terrorismus
Matthes & Seitz Berlin

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-06-01)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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