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Tom Drury - Die Traumjäger
Buchinformation
Drury, Tom - Die Traumjäger bestellen
Drury, Tom:
Die Traumjäger

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(Bücher frei Haus)

Gemeinsam einsam

Charles heißt der Mann. Er lebt mit seiner Frau Joan und zwei Kindern, Micah und Lyris, das mittlerweile durchaus verbreitete Modell der Patch Work Familie. Angesiedelt ist die Geschichte in einer wenig bemerkenswerten, durchschnittlichen Kleinstadt im mittleren Westen der Vereinigten Staaten von Amerika, umgeben von weiten Flächen Landwirtschaft.

Doch Charles hat noch eine andere Seite. Sehnsüchte. Zumindest einen ganz konkreten Traum. Das alte Gewehr seines Stiefvaters ist in den Besitz der Witwe des Pfarrers gelangt und er möchte es wieder haben. Im Verlauf des Buches wird deutlich, warum dieser Traum ihn antreibt und ihm fast jedes Mittel recht wäre, das Gewehr endlich zu erlangen.
Aber Charles ist nicht der einzige in seiner Familie mit unerfüllten Wünschen. Wenn er nicht gerade mit seinem Bruder auf Tour geht, um harmlose Teenager-Vergnügungen mit kindlich anmutenden Streichen zu sabotieren.
So unterschiedlich die Mitglieder der Familie sind, so unterschiedlichen Träumen hängen sie nach. Träume, die greifbar werden an den vier Tagen eines verlängerten Oktoberwochenendes. Die Geschichte dieser Tage und des sich allmählich auftauenden Unheils für jeden der Protagonisten erzählt die Geschichte des Romans.

Joan würde gerne die Zeit zurück drehen und wieder die ersten Jahre der Verliebtheit mit Charles in die Gegenwart ziehen. Als sie sich in einem schwachen Moment einem anderen Mann zuwendet, entflieht sie allerdings umgehend der heimischen Situation.

Ihre Tochter aus einer lang zurückliegenden Affäre, damals zur Adoption freigegeben, ist seit kurzem wieder Teil der Familie und wünscht sich nichts sehnlicher, als eine richtige Familie. Verwirrt und voller Konflikte reagiert sie auf das Verschwinden der Mutter. Trotz ihrer Sehnsucht nach verbindlicher Nähe wehrt sie Versuche andere ab.

Der jüngste im Bunde, Micah, eher ängstlich, wäre bereit für das Erleben von Abenteuern und findet sich mit seinem Spielzeugrevolver nachts auf den Straßen der Stadt wieder.

In der ersichtlichen Langeweile des alltäglichen Lebens künden dunkle Wolken von anstehender Eskalation. Der „amerikanische Traum“ vollzieht sich im Alltag eben in ganz andere und schwerer Weise, als es so manche Legende glauben machen will.

Tom Drury ist ein Meister der beiläufigen und dennoch genau beschreibenden Erzählweise. Das alltäglich triste Leben in der Kleinstadt inmitten Amerikas, ein Leben, das zur Umsetzung großer Träume wenig Raum bietet, ist nur an der Oberfläche harmonisch. In der Schilderung der entscheidenden Nacht dieser vier Tage entlarvt Drury lakonisch und gerade deshalb eindrücklich die innere Unausgeglichenheit der handelnden Personen. Die letztlich übermächtige Einsamkeit und Unfähigkeit, wirklich zueinander zu finden.
Durch den beständigen Perspektivwechsel in die Sicht der beteiligten Personen herein entwirft Drury ein differenziertes Bild eines ermattenden Lebens, das teilweise noch nicht einmal mehr an der Oberfläche energievoll fassbaren Zielen folgt.

Ein treffendes „Heimatbild“, dass in seiner mitschwingenden Trostlosigkeit die Unfähigkeit zur echten, inneren Öffnung füreinander und die niederdrückenden Folgen für das Leben an sich generalisierend über Iowa und Amerika hinaus nahegehend schildert. In ganz einfacher Weise erzählt und gerade deswegen nachhaltig beeindruckend.

[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-05-19)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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