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Jörg Fauser - Die Tournee. Roman aus dem Nachlass
Buchinformation

"Sobald du das System durchschaut hast, bist du ein Außenseiter", schrieb der am Höhepunkt seines Schaffens, 1987, verunglückte Schriftsteller. Sein letzter Roman, der hier in einer Neuausgabe wieder vorliegt, blieb bruchstückhaft. Nur der erste von drei Teilen des Romans liegt vollständig vor.

Kaleidoskop Bundesrepublik

Ein Plot lässt sich dennoch vorhersehen. Der mysteriöse Kuhn verliebt sich in die Schauspielerin Natascha und sie brennen gemeinsam durch. Vicky, eine Journalistin, heftet sich ihnen in der Hoffnung auf eine gute Story an die Fersen und Lipschitz, das "alte Eisen" ist die moralische Kraft, die die anderen stellt, so Fauser selbst in seinen Notizen über den weiteren Verlauf seines Romans. Aber das bruchstückhafte, sperrige, das hier in einer neuen kommentierten Edition vorliegt, passt eigentlich ganz gut zu dem Roman, der ohnehin von Kritikern als "Kaleidoskop" bezeichnet wird. "Der Roman als Apfelsine, die Schale, die einzelne Scheiben, zusammenhängend, aber ohne Gehäuse", so entwarf Hauser in Anlehnung an Benn's Orange seinen Roman "Die Tournee". Fauser wollte den Alltag der Achtzigerjahre in der Bundesrepublik und in Berlin einfangen, aber auch ganz Deutschland zum Schauplatz machen. Fauser "hat diesen Leuten (dem kleinen Mann, JW) ein Denkmal gesetzt. Er hat sie ernst genommen, genau beobachtet und verstanden. In seinen Texten hat er sie verewigt und gezeigt, dass Würde auch unter ungünstigen Umständen bewahrt werden kann, dass Selbstaufgabe nicht die naheliegende Option sein muss", so Detlef Bernd Blettenberg in seinem Nachwort.

Neue Edition mit Manuskriptseiten und Kommentaren

Im Anhang befindet sich außerdem noch der Text "Die Wunde der Komödianten" von Jörg Fauser. Jan Bürger beschreibt in seinem Beitrag Fauser Arbeit an seinem letzten Buch und weiters befinden sich neben dem Haupttext noch Exposés und Entwürfe in vorliegender Neuausgabe des diogenes Verlages. "Dieses Land ist kein Land für Menschen wie uns, jeder Meter verbaut und verplant. Menschen wie wir brauchen den Dschungel, den Dschungel der großen Städte, den Dschungel Asiens", meint Charles Kuhn, die wohl rätselhafteste Figur in vorliegendem Roman. Aber auch das SPD-Mitglied Harry Lipschitz befindet sich im Niedergang, da er Probleme mit dem Herzen hat. Der Münchner Galerist und gescheiterte Lebenskünstler Guido Franck plant hingegen den großen Coup und will noch mal so richtig groß rauskommen. Die alternde Schauspielerin Natascha Liebling, die mit einem Provinztheater durch die Lande tingelt und die ehrgeizige Journalistin Vicky Borchers-Bohne übernehmen die Frauenrollen in diesem hartgesottenen Ausbrecher-Roman der Achtziger Jahre, der zwei Jahre vor der Wende geschrieben wurde und genau das Deutschland und seine Bewohner abbildete, die es schon wenig später nicht mehr gab.


Der Autor starb nach seiner 43. Geburtstagsfete beim Überqueren einer Bundesautobahn: ein Laster erfasste ihn und er war sofort tot. Das war am 17. Juli, vor nunmehr 35 Jahren. In "Die Tournee" schreibt er seinem Kuhn auf den Leib: "Aber abhauen war sinnlos. Das wenigstens hatte er mit 42 gelernt, abhauen war sinnlos. Entweder macht man ganz Schluss, oder man machte weiter."

Jörg Fauser
Die Tournee
Roman aus dem Nachlass
Mit einem Nachwort von Detlef Bernd Blettenberg
2022, Hardcover Leinen, 288 Seiten
ISBN: 978-3-257-07186-3
€ (D) 24.00 / sFr 32.00* / € (A) 24.70
diogenes

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2022-08-12)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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