Aus zahlreichen früheren Veröffentlichungen des mittlerweile nach schwerer Krankheit an den Rollstuhl gefesselten Jesper Juul hat der Herausgeber Mathias Voelchert ein Buch gemacht, das mit kurzen Theorieteilen und vielen Fallberichten und Gesprächsprotokollen ein besonderes Erziehungsthema in den Fokus nimmt: die Beziehung der beiden Eltern. „Familie braucht Eltern, die mehr an sich denken“ ist der für manche vielleicht paradox klingende Untertitel eines Buches, das die These vertritt, dass Eltern sich selbst und ihre Beziehung, auch die romantischen Seite ihrer Liebe, nicht vergessen und verkümmern lassen dürfen, wollen sie glückliche Kinder haben.
Als besonders hilfreich empfand ich das vierte Kapitel mit dem Titel „Wann ist eine Trennung der bessere Weg?“, das viele positive Wege aufzeigt, die Kinder nicht unter einer Trennung leiden zu lassen.
Drei Regeln, die Jesper Juul für alle Eltern empfiehlt, können, recht beachtet und mit Leben gefüllt, vielleicht so manche Trennung vermeiden.
1. „Wir können von unserem Partner niemals verlangen, sich zu ändern oder auf der persönlichen Ebene zu wachsen. Wenn wir in einer Beziehung unglücklich sind, sollten wir daran arbeiten, unser eigenes Verhalten zu ändern.“ Der dadurch angestoßene Wandel wirkt sich positiv auf die Familiendynamik aus.
2. „Wir sollten unsere Partnerin oder unseren Partner fragen, wie wir sie oder ihn im Veränderungs- und Reifeprozess unterstützen können, und dabei nach Möglichkeit helfen.“
3. „Wir alle können uns nur ändern, wenn wir uns anerkannt und geliebt fühlen, so, wie wir sind. Und wenn wir uns selbst uneingeschränkt akzeptieren. Liebe und Anerkennung sind die Grundvoraussetzungen für Veränderung.“
Ein wichtiges, ein hilfreiches Buch für alle Eltern, die bei aller Sorge und Liebe für ihre Kinder das Gefühl haben, selbst auf der Strecke zu bleiben.
Jesper Juul, Liebende bleiben, Beltz Verlag 2017, ISBN 978-3-407-86440-6
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2017-02-13)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.