Zur angebrochenen Fastenzeit bis Ostern empfiehlt sich besonders dieses Kochbuch der Diva Maria Callas. Wer weiß, dass die Callas im Alter von 29 Jahren immerhin 40 kg abgespeckt hat, um ab 30 als die schönste Operndiva aller Zeiten in die Geschichte einzugehen und mit ihren nunmehrigen Idealmaßen (59 Taille) am Strand von Lido Mannequin-Shootings im Badeanzug zu absolvieren, den wird es nicht verwundern, dass sich Maria Callas auch für das Kochen selbst sehr interessiert hat. Vielleicht auch als Kompensation für das Essen, wie Bruno Tosi, der Vorsitzende der Associazione Maria Callas und Herausgeber dieses Buches nicht ohne Ironie schreibt. Sie wollte immer eine perfekte Gastgeberin sein und verkehrte in den besten Restaurants der Welt, von wo sie viele Rezepte mitnahm, um sie zu Hause auszuprobieren. Wer sie als 108 kg schwere Vestalin in Spontinis gleichnamiger Oper gesehen hatte, wunderte sich dennoch, wie sie mit einem 800 (!) g Steak im Bauch noch singen konnte, so steht es zumindest in den Lebenserinnerungen ihres Mannes, Battista Meneghini.
Eine Drüsendysfunktion war der Grund für ihr Übergewicht, nicht etwa ihr Hunger auf Steaks, schreibt der Herausgeber Tosi, aber mit dreißig Jahren gelang es ihr dennoch, wovon sie so lange geträumt hatte, nämlich auszusehen wie die Hepburn. Gerüchten zufolge soll ihr das aber nicht mit Hilfe einer Diät, sondern durch das mit einem Glas Champagner hinuntergeschluckte Einführen eines Bandwurms gelungen sein. Tatsächlich beherbergte die Callas mal einen solchen, aber den hatte sie sich unabsichtlich durch ihren großen Fleischverzehr einverleibt. Bruno Tosi klärt alle falschen Gerüchte auf und erzählt auch die wahre Geschichte von Callas` unnatürlichem Gewichtsverlust. Dass sie dabei auch mit ihrem Leben und vor allem ihrer Stimme spielte, verheimlicht er nicht. Die strengen Essensgewohnheiten der Callas inkludierten durchaus auch einige Eskapaden: so erlaubte sie sich gerne ein fettes Stückchen Salami (O-Ton: „So riechen die Gäste beim Begrüßungskuss die Salami“) oder sogar Butter auf ihren Frühstückstoast, Steak zum Mittagessen und Eiscreme als Nachtisch. So macht Fasten richtig Spaß!
Die kulinarische Reise beginnt mit einem Carpaccio (Roastbeef) und überraschenderweise auf Mayonnaise nicht verzichtenden Saucen, auf italienisch „Salsa“ genannt. Von Venedig nach Verona ins 12 Apostoli, wo Kalbszunge serviert wird, oder gefüllte Weinblätte mit Lamm. Ein echtes Zabaglione (Weinschaumcreme) zum Nachtisch? Die Callas aß diesen kulinarischen Leckerbissen der italienischen Küche stets mit Pandoro (Hefekuchen) und frischen Erdbeeren, ob sie von der dem Zabaglione nachgesagten aphrodisierenden Wirkung wusste, könnte nur ihr Ehemann bezeugen. Das Ossobuco Mailänder Art zeichnet sich durch die Verwendung von Steinpilzen aus und ein Foto zeigt die Callas im Ristorante Savini in Mailand mit Luchino Visconti beim Verzehr eines solchen. Schlank wie ein Modell sitzt die Diva am Tisch und bricht sich herzhaft ein Stück Brot ab, bei dem es wohl nicht geblieben sein dürfte. Viele weitere Rezepte, die die Callas in den besten Restaurants der Welt gesammelt hat und ein Extrakapitel „Wegbegleiter“ mit Texten von Bruno Tosi, Luchino Visconti und Carla Fracci, Elvira Biki Bouyeure, Franco Zeffirelli sowie zahlreiche Farb- und S/W-Fotos runden diese wohl einzigartige Publikation zu einer wunderschönen Hommage ab. Das letzte Wort hat ohnehin die Callas selbst: auf der beigelegten CD finden sich ihre schönsten Arien aus „I Puritani“, „Norma“, „Lucia di Lammermoor“, „La Gioconda“, der „Tosca“, „Madame Butterfly“, „La Traviata“ (für dessen Rolle sie 1953 so abgespeckt hatte) und die „Aida“ sowie „Il Barbiere di Seviglia“.
Bruno Tosi (Hg.)
Maria Callas
La divina in cucina
Die Entdeckung ihrer kulinarischen Geheimnisse
Kochbuch mit CD der berühmtesten Arien der Diva