Morgane Theodor Storm An regentrüben Sommertagen, Wenn Luft und Flut zusammenragen Und ohne Regung schläft die See, Dann steht an unserm grauen Strande Das Wunder aus dem Morgenlande, Morgane, die berufne Fee.
Arglistig halb und halb von Sinne, Verschmachtend nach dem Kelch der Minne, Der stets an ihrem Mund versiegt, Umgaukelt sie des Wandrers Pfade Und lockt ihn an ein Scheingestade, Das in des Todes Reichen liegt.
Von ihrem Zauberspiel geblendet, Ruht manches Haupt in Nacht gewendet, Begraben in der Wüste Schlucht; Denn ihre Liebe ist Verderben, Ihr Hauch ist Gift, ihr Kuß ist Sterben, Die schönen Augen sind verflucht.
So steht sie jetzt im hohen Norden An unsres Meeres dunklen Borden, So schreibt sie fingernd in den Dunst; Und quellend aus den luft'gen Spuren Erstehn in dämmernden Konturen Die Bilder ihrer argen Kunst.
Doch hebt sich nicht wie dort im Süden Auf rosigen Karyatiden Ein Wundermärchenschloß ins Blau; Nur einer Hauberg graues Bildnis Schwimmt einsam in der Nebelwildnis, Und keinen lockt der Hexenbau.
Bald wechselt sie die dunkle Küste Mit Libyens sonnengelber Wüste Und mit der Tropenwälder Duft; Dann bläst sie lachend durch die Hände, Dann schwankt das Haus, und Fach und Wände Verrinnen quirlend in die Luft.
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