Pedro
Mitglied
4 Forenbeiträge seit dem 21.06.2011
|
Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 11.07.2011 um 22:38 Uhr |
So eine Scheiße! Am Samstag ein Spülklo installieren!
Der Meister wird immer bekloppter! Die ganze Arbeit musste er wohl alleine machen. Der blödsinnige Student, der dabei helfen sollte, hat doch keine Ahnung. In den Ferien jobben, Geld kassieren und obergescheit daherreden. Mehr können doch diese Schwengel nicht; glauben, sie seien etwas Besseres! Haben alle zwei linke Hände.
Er hätte sicher auch studieren, Doktor oder so was Ähnliches werden können. Sein Verstand konnte sich sehen lassen! Überall konnte er mithalten!
Der altersschwache Pritschenwagen müsste längst ausrangiert werden, kam ja kaum den Berg hoch, würde sicherlich bald auseinanderfallen.
Auf dem Beifahrersitz pfiff der Student, der hieß auch noch Zäsar. Ausländische Namen mussten es jetzt sein, wo es doch so viele deutsche gab. Rüdiger z.B., so hieß er. Zu viele Ausländer hier, die alle von der Sozialhilfe lebten, auf seine Kosten!
Er holte den Zettel aus der Brusttasche, auf dem die Adresse stand. „Hasenheide 36“, las er laut und übersah dabei ein Schlagloch auf dem Feldweg. Der Wagen schleuderte, fast wäre er den Abhang hinunter gefahren. Das hätte gerade noch gefehlt!
Hier in der Hasenheide waren Wochenendhäuser von reichen Pinkeln und Lehrern, die immer Ferien hatten. Einen kannte der Meister, spielte öfter mit ihm Schach. Auch so ein blödsinniges Spiel! Stundenlang vor irgendwelchen Figuren sitzen und die hin und her schieben.
Dem sollte ein Spülklo installiert werden, als wenn er nicht weiter auf sein Plumpsklosett rennen könnte.
Mühsam brachte er den Wagen wieder in Bewegung und dann waren sie schon beim Haus Nummer 36.
Ein frisch gestrichenes Holzhaus, grüner niedriger Gartenzaun, alles wild zugewachsen von irgendwelchem Grünzeug. Das müsste man mal alles rausreißen und eine anständige Pflanzung anlegen mit Wegen und Gartenzwergen. Sein Meister hatte ihm das Haus etwas anders beschrieben. Na ja, das war nicht sein Bier.
Er stieg aus und ging zur Haustür. Den Schlüssel hatte er vom Meister bekommen. Er steckte ihn ins Schloss, versuchte aufzusperren, aber nichts tat sich. Der Scheißschlüssel passt auch nicht mehr, sicherlich ist das Schloss verrostet. Er versuchte es noch einige Male. Nichts tat sich. Der blödsinnige Zäsar fragte auch noch, ob die Adresse richtig sei. Am liebsten hätte er ihm eine geknallt, ihn so einen Scheiß zu fragen, der hielt ihn wohl für einen Analbeten! Auf dem Gymnasium war er zwar nicht gewesen, aber neun Jahre in der Hauptschule. Das neunte Schuljahr hatte er nicht erreicht, war früher abgegangen, hätte auch nichts Gescheites mehr gelernt. Berufserfahrung war viel wichtiger.
Er ging zum Auto zurück, brachte eine Werkzeugkiste an, nahm ein Stemmeisen heraus und hebelte die Tür auf.
„Zäsar, so muss man das machen“, sagte er. „Guck nicht so dämlich, immer erst nachdenken und dann richtig handeln! Das hat schon der alte Göte gesagt. Bring mal den Kasten Bier aus dem Auto her, es ist schon ziemlich heiß. Vor Flüssigkeitsverlust muss man sich bei der Arbeit schützen, das kann sonst sehr gefährlich werden.“
Cesar stellte das Bier in den Schatten, dann luden sie zusammen Material ab, dicke und dünne Plastikrohre, Gewinde, einen Gasbrenner, eine Kloschüssel und einen Klositz mit Deckel.
Sie gingen ins Haus und suchten das Bad. Da war nur ein großes Waschbecken drin, kein Klo. Das stand etwas entfernt vom Haus, ein Holzhäuschen, ein Plumpsklo. Es lag etwas tiefer als das Haus, eine Sickergrube war auch da.
Zuerst sollten sie mal einen Schluck Bier zu sich nehmen, dann liefe die Arbeit besser, meinte Rüdiger. Cesar brachte das Bier und Rüdiger erzählte aus seiner Jugendzeit.
„Als ich noch ein Junge war, wohnte ich mit meiner Mutter auf einem Bauernhof. Da war auch nur ein Plumpsklosett, über den Hof musste man gehen. Im Sommer stank es immer mächtig, im Winter kaum, dafür war der Scheißberg wie ein Kegel gewachsen, immer höher geworden, die Spitze hat dann fast mein Hinterteil beim Kacken berührt.“
Nicht mal Klopapier hatten wir, ich musste Zeitungen zerreißen, die Blätter auf eine Schnur fädeln und aufhängen.
Heute ist alles besser.“
Cesar lud dann Werkzeug ab, Rüdiger leerte seine zweite Flasche Bier und erklärte ihm, welche Arbeiten zunächst ausgeführt werden müssten.
„Wir müssen einen Graben vom Haus zur Sickergrube graben, immer abschüssig, damit der Dreck auch schön ablaufen kann. Scheiße schwimmt nämlich immer bergab!“
Mit Pickel, Spaten und Schaufel gruben sie immer weiter, gegen Mittag waren sie bei der Sickergrube angekommen, legten und verbanden Plastikrohre von der Grube bis unter das Haus, das auf Holzpfosten stand, etwa ein Meter über dem Boden.
Mittagspause.
Sie setzten sich in den Schatten neben dem Bierkasten, in dem schon viele leere Flaschen standen. Es war ja ziemlich heiß gewesen, sie hatten tüchtig gearbeitet, auch Zäsar hatte sich nicht schlecht angestellt. Man musste ihm nur genau sagen, was zu machen war.
Rüdiger packte seinen Rucksack aus, holte Bauernbrot und ein Stück Speck raus und fing an zu essen.
Misstrauisch schaute er auf Cesars Vesper, Toastbrot mit Käse, ein Apfel.
„Sag mal Bub, was studierst du eigentlich?“
„Philosophie.“
„Und um was geht es da?“
„Wir studieren, was Menschen früher einmal über das Leben gedacht haben, wie man leben soll. Das hat die Menschen schon immer beschäftigt, schon vor 2500 Jahren haben Männer, die noch heute berühmt sind, ihre Gedanken aufgeschrieben.“
„Das ist doch alles klar, die damals haben auch nichts anderes gedacht als wir heute, reine Zeitverschwendung so was zu studieren.“
Das war nun schon der zweite Student, mit dem er arbeitete, dachte Rüdiger. Der Vorgänger von Zäsar hatte viel Unsinn geredet und wenig gearbeitet.
Bei einer Kloinstallation hatte der ihm doch tatsächlich einen wirren Vortrag über die Geschichte des Spülklosetts gehalten.
„Kulturgeschichte des Abtritts“ hatte er seine Ausführungen genannt, dass die vor langer Zeit Backe an Backe gesessen, sich beim Kacken unterhalten hätten, das sei aber nur in Städten passiert.
Auf dem Land sei alles flächendeckend zugeschissen worden, man schiss aus Erkern von Burgen, Hausfenstern, in Kommoden, in Flüsse, Gräben und Löcher.
Man reinigte sich mit Stroh, Blättern, Maiskolben oder mit einer hölzernen Schaufel.
Adlige nahmen Wolltücher und in Russland sogar Hälse von Gänsen.
Dann wurde von einem Engländer das Spülklosett erfunden, ein Deutscher erfand die Klopapierrolle, ein Engländer experimentierte an einem geruchlosen Klosett mit Sprengstoff, verlor dabei zuerst seinen Hund, dann sein Dienstmädchen, schließlich sein Haus und zuletzt sein Leben.
Was Studenten heute alles lernten!
Nach der Mittagspause gingen sie ins Haus und kamen mit der Kloschüssel ins Bad. Rüdiger überlegte längere Zeit, an welcher Stelle sie hier das Klobecken montieren sollten. Es würde ziemlich eng werden, meinte er. Direkt neben dem Waschbecken sei der beste Platz. Man könne dann zwar die Badtür nicht mehr ganz öffnen, je nach Statur musste man sich vielleicht etwas durchquetschen.
Dafür hätte der Lehrer einen großen Vorteil, wenn es ihm einmal nicht so gut gehe, könne er sich gleichzeitig nach vorne und nach hinten entleeren, ohne das Bad zu versauen, sagte er zu Cesar.
Der schaute etwas merkwürdig drein, brachte dann aber die Stichsäge. Rüdiger sägte ein Loch in den Holzboden.
Die Kloschüssel wurde am Boden verschraubt und mit Brille und Deckel versehen. Nun musste nur noch alles mit den Plastikrohren verbunden werden. Die Zuleitung an die Wasserleitung konnte man an einem anderen Tag machen. Es war ja nun auch ziemlich spät. Bier war auch nicht mehr da.
Cesar musste einen Eimer Wasser ins Klo gießen, es lief ab. „Du siehst also, ich hatte recht, Flüssigkeiten laufen immer bergab“, rief Rüdiger fröhlich.
Sie quetschten sich dann durch die Badtür und kamen so in den Flur.
Bei einem kleinen Rundgang durch das Haus besichtigten sie Küche, Wohn-Esszimmer und Schlafzimmer, aber keine Bücher waren da. Rüdiger sagte, er habe immer gehört, Lehrer würden viel lesen, das stimme also auch nicht.
Danach luden sie die Werkzeuge und übrig gebliebenen Rohre wieder auf den Wagen. Die Haustür hing zwar etwas schief, aber war geschlossen. Rüdiger holte den Bierkasten mit den leeren Flaschen und lud ihn auch auf.
Beim Bücken fiel ihm der Zettel mit der Adresse aus der Brusttasche, Cesar hob ihn auf, schaute drauf und sagte: „Irgendetwas ist hier falsch, da steht nicht 36 sondern 63 drauf.“
|