Für Philosophiegeschichte habe ich mich schon seit meinen Gymnasialzeiten interessiert, doch war es immer auffällig für mich, dass mich der von Jean-Paul Sartre, Albert Camus und anderen geprägte Existentialismus nie angesprochen hat. Als Theologe dann stand diese philosophische Richtung dann immer unter dem Verdacht, so ganz konträr zu dem zu sein, wonach ich sonst mein Leben, meine Beruf und meinen Alltag ausrichtete.
Dennoch bestanden all die Jahrzehnte über immer der Wunsch und das Bedürfnis, mich mit dieser Philosophie und Lebenseinstellung einmal auseinanderzusetzen. Das vorliegende Buch der Londoner Schriftstellerin Sarah Bakewell gab mir dazu endlich die Gelegenheit. Brillant und mit leichter Feder erzählt sie in einem absolut verständlichen und köstlich unterhaltsamen Buch die Geschichte des Existentialismus völlig neu.
Zentrale und philosophischen Laien vielleicht bislang unverständlich gebliebene Ideen bringt sie mit viel britischem Humor auf den Punkt.
Dabei wählt sie in einem gelungenen Mix aus Unterhaltung und Sachbuch den Weg, dem Leser die wichtigen und den Existentialismus prägenden Menschen zunächst mit ihrer persönlichen und privaten Seite nahezubringen. Wie war ihre Lebensgeschichte? Wie gestaltete sich ihr Verhältnis untereinander?
Das „Cafe“ als ein Ort der gesellschaftlichen, politischen und philosophischen Auseinandersetzung gibt es so nicht mehr. Seine moderne Form der Talkshows ist ein Abklatsch und eine Verhöhnung ernsthafter intellektueller Auseinandersetzung und Lebensdeutung.
Insofern habe ich aus der Lektüre dieses Buches nicht nur sehr viel über das für mich vorher eher dunkle Kapitel „Existentialismus“ gelernt, sondern auch viel über unsere heutige Armut in der Debattenkultur.
Sarah Bakewell, Das Cafe der Existentialisten, C. H. Beck 2016, ISBN 978-3-406-69764-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2016-12-01)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.