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Robert Doisneau - Mein Paris
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Doisneau, Robert:
Mein Paris

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(Bücher frei Haus)

„Tu ne peux pas t`figurer comme je t`aime“ (Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr ich Dich liebe), heißt ein Lied, das die bildhübsche Akkordeonspielerin Pierette in den Vierteln um die Markthalle, die Ilot Chalon oder Canal Saint-Martin gesungen hat. Der Blick, den Doisneau von der unbekannten Schönen aus dem Osten einfängt ist dermaßen eindringlich, dass man glaubt sie würde vor einem stehen, ebenso lebendig, jung und wundervoll wie am Tag, an dem das Foto 1953 geschossen wurde. In einer wunderschönen Bildkomposition steht sie auf der linken Seite des Bildrandes, sieht dem Betrachter direkt in die Augen und hinter ihr schlängelt sich der Canal Saint-Martin aus dem rechten Bildrand hinaus. Es waren damals sicherlich nicht die reichsten Viertel, die Doisneau mit seiner Kamera und die geheimnisvolle Pierette mit ihrem Akkordeon besuchte. Die Gegend um die Rue Tiquetonne oder Rue Mouffetard waren arme Gegenden, besiedelt von Arbeitern aus der Auvergne oder Damen mit Meerjungfrauen auf ihren Oberschenkeln tätowiert, die diese auch gerne lüfteten und stolz den männlichen Betrachtern darboten. „Die katzenhafte Geschmeidigkeit mit der sie sich bewegte ließ auf eine Spur von Gemeinheit schließen. Sie war von einer derart geheimnisvollen Aurag umgeben, dass sie im Mittelalter vermutlich auf dem Scheiterhaufen geendet hätte“, setzt Doisneau seine Anmerkungen zu den Fotos von Pierette fort und man lässt sich gerne weiter von ihm in diese versunkene Welt der Pariser Kneipen entführen.

Das wohl bekannteste und auch berühmteste Foto von Robert Doisneau zeigt zwei sich vor dem Hotel de Ville, dem Pariser Rathaus, Küssende und beinhaltet wie kaum ein anderes Foto die Symphonie des Zufalls, der sich der Fotograf wie so viele seiner Generation verschrieben hatte. Der Moment, der Zufall, die Improvisation stand im Zentrum nicht nur Doisneaus Fotografie, dem „Flaneur mit der Kamera“, der sich in vorliegendem Fotoband sein ganz eigenes Paris, erobert. Robert Doisneau zeigt das Paris seiner Bewohner, fernab von den prunkvollen Hallen oder Repräsentationsbauten der „Grande Nation“, ein Paris der einfachen Leute, seiner Menschen, ihrer Sorgen und Ängste, ihrer Vergnügungen. Zudem sind die meisten Fotos mit erklärenden Anmerkungen des Fotografen selbst versehen und erzählen so noch mehr über die Entstehung und Bedeutung der abgebildeten Sujets, seien es Hotelpagen, der Regisseur Louis Bunuel mit Zigarette vor einem Flipper oder die lederbekleidete Motorradfahrerin Dominique Blanc im Vin des Rues, wie sie gerade nachdenklich eine Zigarette ausdämpft. Schlicht und einfach „Chez Tourette“ nennt Dosneau ein anderes Foto, das Männer beim Karten spielen zeigt, die ganz bestimmt nicht unter dem Tourette Syndrom leiden, dafür sprächen sie viel zu wenig und sind wohl viel zu schweigsam. Nachdenklich machen einen dann auch die Bilder von den Barrikaden, die während der Befreiung von Paris entstanden. Robert Doisneau zeigt aber auch das Paris der Gaukler und Gauner, der Schausteller und Zirkusartisten, der Künstler und Can-Can Tänzerinnen.

„Ich erinnere mich an das Paris der Mützen, der Melonen und der Revolten, an das Paris der Schmach, an das bigotte, das spießbürgerliche Paris, an das geheimnisvolle Paris der Huren, an das Paris der Barrikaden, an Paris im Freudentaumel und an das Paris der Autos, der wehenden Unterröcke, der Jogger...“ Robert Doisneau`s zeigen Paris in all seiner Pracht und Armseligkeit, ein wahres, ein echtes Paris, das alle jene anziehen wird, die sich nach der guten alten Zeit zurücksehnen, in der die Menschen noch miteinander sprachen und nicht dem Geld hinterherliefen. Wer Paris liebt, wird auch dieses Buch lieben: „Tu ne peux pas t`figurer comme je t`aime“.

Robert Doisneau
Mein Paris
Schirmer/Mosel Verlag

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2010-10-19)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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