Mit ihrem zweiten Roman „Und jetzt lass uns tanzen“ stellt sich die belgische Schriftstellerin Karine Lambert zum ersten Mal bei dem deutschen Publikum vor, nachdem sie mit ihrem Debüt in Belgien 2014 mit dem Prix Saga Cafe für das beste Debüt des Jahres ausgezeichnet wurde.
Es ist ein Liebesroman mit zwei ganz ungewöhnlichen Protagonisten. Ein Roman, der zeigen will, dass es für eine auch romantische Liebe kein bestimmtes ( vorzugsweise junges) Alter braucht. Bis sich Marguerite, eine 78- jährige Witwe und der 73-jährige aus Algerien stammende Marcel treffen, dauert es etwas. Zunächst beschreibt Karine Lambert das bisherige Leben der beiden. Marguerite war 55 Jahre mit ihrem Mann Henri verheiratet, in einer eher förmlichen Beziehung ohne Gefühle und Sex. Als es den in den ersten Jahren noch einmal im Monat mechanisch gab, wurde der Sohn Frederic geboren, der seinerseits später einen Sohn namens Ludovico bekommt, der für einen Tag in der Woche das Leben der nunmehr zur Witwe gewordenen Frau erhellt. Marguerite trauert nicht, sie fühlt sich befreit, vermisst aber auch den äußeren Rahmen, den ihr die Ehe mit dem erfolgreichen Notar Henri gegeben hat. Dennoch ist ihre Sehnsucht nach Leben und Leidenschaft groß - zum großen Unverständnis ihres Sohnes, der zu einer genauen Kopie seiner steifen Vaters mutiert ist.
Der 73-jährige Marcel hingegen war sein ganzes Leben mit seiner Kindheitsliebe Nora glücklich, nachdem diese Marcels Familie nach deren Emiragtion viele Jahre später aus Algerien nach Vincennes in Frankreich gefolgt ist. Doch auch Nora ist gestorben und Marcel ist einsam.
Nun fügt es der Zufall, dass die beiden einsamen alten Menschen zur gleichen Zeit eine Thermalkur in den Bergen unternehmen, wo sie sich begegnen und sich fortan nicht mehr loslassen. Gegen alle Widerstände der jüngeren Mitglieder ihrer beiden Familien führen sie ihre Beziehung nach der Kur weiter und sie öffnen sich wieder dem Leben und der Liebe. Sie wagen es, sich neu auf einen anderen Menschen einzulassen. Sie schaffen es, sich ihr bisheriges Leben zu lassen und es zu würdigen und können so miteinander etwas völlig Neues erleben. Ja, auch im Alter geht das, sich neu einzulassen und trotz knapper Zukunft noch einmal neu zu beginnen.
Karine Lamberts Roman geht nahe, weil er seinen Leser konfrontiert mit der Möglichkeit, irgendwann im Alter auch allein zu sein. Ich habe den Roman mit großer Anteilnahme gelesen und mich mit den beiden alten Menschen gefreut und dem, was sie aus ihrem Leben noch einmal machen.
Karine Lambert, Und jetzt lass uns tanzen, Diana Verlag 2017, ISBN 978-3-453-29191-1
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2017-03-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.