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Philip Roth - Nemesis
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Roth, Philip:
Nemesis

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(Bücher frei Haus)

Philip Roth, dessen letzte Romane ohne jeden Zweifel die Signatur eines Alterswerkes verdienen, geht noch intensiver auf die Implikationen des konkreten Daseins auf die Entwicklung des Individuums ein als in den zweifelsfrei auch durch diesen Aspekt sehr reichen früheren Romane. Doch sowohl in Jedermann als auch in der Demütigung wird jenseits der jüdischen Sozialisation in einem demokratischen Amerika und dem daraus resultierenden Konflikt zwischen den in den USA aufgewachsenen Jungen und den im alten Europa groß gewordenen Alten eine andere Dramaturgie zum wesentlichen Movens der Handlung. Es geht um das, was man in früheren Zeiten getrost als Schicksalsschlag bezeichnet und vom Wesen her dadurch gut getroffen hätte.

Folie des Romans ist eine jüdische Zone in Newark, der gegenüber New York liegenden Metropole, die durch ihre Industrie und Geschäftigkeit dem gegenüberliegenden metropolitanen Handels-, Finanz- und Kulturzentrum den erforderlichen produktiven Rückraum lieferte. Dort, wo vor allem die europäischen Einwanderer jüdischer Herkunft, Italiens und Irlands das harte, von Mühsal geprägte Drehbuch des amerikanischen Traums schrieben.

Es ist eine Geschichte, die wahrend des II. Weltkrieges spielt, in dessen Endphase alle waffentauglichen Freunde der Hauptperson, Buck Cantor, in Übersee den Kampf gegen das faschistische Monster führen. Mr. Cantor, wie er in dem Roman von einem Leidensgenossen genannt wird, der dessen Geschichte erzählt, Mr. Cantor ist ein junger Mann mit hervorragenden Aussichten, ein guter Sportler und erfolgreicher Speerwerfer, der unter dem Handicap einer starken Sehschwäche leidet. Nicht zum Militärdienst tauglich, betreut er in dem heißen Sommer 1944 wahrend der Sommerferien die Kinder des jüdischen Viertels in Newark bei ihren sportlichen Aktivitäten.

Brisanz erhalt dieser Auftrag mit einer Polioepidemie, die immer mehr der von ihm zu betreuenden Kinder dahinrafft, die mehr und mehr von Hysterie getriebenen und interpretiert wird und sich letztendlich auf Cantors Gemütszustand auswirkt. Von vielen Seiten bedrängt, vor allem von der sich in einem Sommercamp in den Bergen befindenden großen Liebe, folgt er letztendlich dieser, geplagt von einer teils irrationalen Schuld verweigerter Verantwortung.

Die Geschichte, die Roth in einem Ton der leisen und weisen Melancholie erzählt, mündet in das vorgeahnte Fiasko. Mr. Cantor wird selbst zum Opfer der Epidemie, die er als Krüppel überlebt und deren Konsequenz für ihn nur sein kann, mit seinem Restleben den durch ihn verschuldeten Verlauf mit dem eigenen Unglück zu bezahlen. Als selbst die große Liebe seines noch jungen Lebens an ihm festhalten will, verweigert er sich schroff und lebt die nächsten Jahrzehnte als Nobody am unteren Level der Gesellschaft.

Der Roman ist nicht nur durch eine große epische Qualität gekennzeichnet und von seiner Dramaturgie eine meisterhafte textliche Inszenierung, sondern bewegt sich auch in einer Dimension, die durchaus als postmoderne Katharsis bezeichnet werden kann. Philip Roth, dem durch Werke wie Sabbaths Theater oder Portnoys Beschwerden in jüngeren Jahren durchaus ein Faible für den exzentrischen Destruktionismus nachgesagt werden konnte, findet mit Nemesis zurück in die Arme eines von tiefer Solidarität und Hingabe geprägten Humanismus, der als das eigentliche Erbe des alten Europas gelten kann.

[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-06-11)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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