Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Rezensionen


 
Tomas Sedlacek - Die Ökonomie von Gut und Böse
Buchinformation
Sedlacek, Tomas - Die Ökonomie von Gut und Böse bestellen
Sedlacek, Tomas:
Die Ökonomie von Gut
und Böse

Bei amazon bestellen

(Bücher frei Haus)

Eine positive Auswirkung der Weltfinanzkrise, welche seit 2008 unzählige Volkswirtschaften in Mitleidenschaft gezogen hat, ist die wachsende Kritik an der gegenwärtigen Befindlichkeit der ökonomischen Wissenschaften. Letztere hat sich in den Jahren der Globalisierung und der wachsenden Hegemonie der Börsen zu einer alle Motive menschlichen und gesellschaftlichen Handelns leugnenden Ideologie entwickelt, die nichts mehr erklärt. Die Fokussierung auf Zahlenreihen, mathematische Formeln und Excel Sheets, die seit der kaum bemerkten Verwandlung von Analytikern zu Analysten ihren Lauf genommen hat, bewirkte eine Apotheose des positivistischen Deskriptivismus, eine Orgie in den Sphären der so genannten Wertneutralität und Welt der kalten Fakten, die nichts mehr aussagen und von den Ursachen wirtschaftlichen Handelns nichts mehr erwähnt lassen.

So ist es quasi folgerichtig, dass ein ausgebildeter Ökonom, Tomas Sedlacek, seinerseits Lehrer an der ältesten europäischen Universität zu Prag und seinerseits wirtschaftlichem Berater des ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel ein Buch mit dem Titel Die Ökonomie von Gut und Böse geschrieben hat, das der Misere der formularen Mystifikation in der Ökonomie ein Ende setzen soll. Die Ökonomie von Gut und Böse ist in zwei Kapitel gegliedert, eines bezieht sich auf die Ökonomie in früheren Zeiten und das andere befasst sich mit blasphemischen Gedanken zur gegenwärtigen Verfasstheit der ökonomischen Wissenschaften und ihre Implikation auf die gesellschaftlichen Erklärungsmodelle wirtschaftlichen Handelns.

Der historische Teil beginnt mit dem Gilgamesch-Epos, der ältesten schriftlichen Überlieferung überhaupt, setzt sich mit dem Alten Testament und dem antiken Griechenland auseinander, befasst sich mit dem Christentum und landet dann bei Descartes, Bernard Mandeville und Adam Smith. Von den alten Überlieferungen bis hin zu den Urvätern des modernen ökonomischen Denkens untermauert die Darstellung die These, dass wirtschaftliches Handeln nie frei von ethischen Werten betrachtet wurde, dass Kategorien wie Gut und Böse immer eine motivationale Relevanz in Bezug auf das Wirtschaften hatte. Interessant ist bei diesen sorgfältigen Recherchen und gelungenen Schlussfolgerungen, dass es keine historische Chronologie des wie auch immer gearteten Fortschrittes zu geben scheint, sondern dass sich der Prozess der wirtschaftlichen Zivilisation immer um die Frage drehte, wie Wirtschaft auf das individuelle und gesellschaftliche Wohlbefinden wirkt und wie kontrovers in allen Zeiten die Diskussion um diese Orientierung geführt wurde.

Die Blasphemischen Gedanken richten das Licht, welches aus der Analyse gewonnen wurde, folgerichtig auf die heutigen Auseinandersetzungen um eine Ökonomie, die in einfältig positivistischer Manier die ethische Relevanz von wirtschaftlichem Handeln leugnet. Wie in einem Orkan der Stumpfsinnigkeit wird die mentale Unordnung deutlich, die aus der Negation sozialer Verantwortung in einen politischer Diskurs mündete, dem es gelingt, nach Regeln der Mathematik soziale Ressentiments zu bedienen, ohne das Unterfangen bewussten politischen Handelns überhaupt noch zu reflektieren.

Das Buch wirft Fragen auf, wie z.B. in einer Welt des Überflusses und des überflüssigen Wachstums Kategorien sozialer Qualität überhaupt keine Rolle mehr spielen können. Oder wie es gelingt, die politische Dimension einer gerechten Distribution ausklammern zu können. Und, wie es sein kann, dass eine Analyse menschlicher Bedürfnisse, die jenseits der forcierten Gebrauchsgüterproduktion existiert, auf der soziales Zusammenleben überhaupt funktionieren kann, so erfolgreich ausgeblendet werden kann. Und letztendlich, wie die Blase der Überproduktion durch gesellschaftliche Verschuldung gewährleistet wird und diese fiskalisch abgesichert, statt gegen ihre Auswirkungen benutzt wird. Tomas Sedlacek ist ein Buch gelungen, das keine Patentlösungen bietet, aber mächtig zum Nachdenken anregt!

[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2013-01-01)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


-> Möchten Sie eine eigene Rezension veröffentlichen?

[ weitere Rezensionen : Übersicht ]

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.008787 sek.