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David Simon - The Wire, 1-5
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Simon, David:
The Wire, 1-5

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(Bücher frei Haus)

Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert versuchten zwei Bewohner der damaligen Weltmetropole Paris, die Komplexität der dortigen Gesellschaft in großen, viele Bände umfasenden Romanzyklen zu erfassen. Der erste war Honoré de Balzac mit seiner fast 40 Bände umfassenden Comedie Humaine, der zweite war Emile Zola mit dem 20 Bände zählenden Werk Rougon Marquard. Beide drangen mit einzelnen Romanen in verschiedene gesellschaftliche Subsysteme vor und die handelnden Personen tauchten immer wieder an anderen und neuen Schnittstellen auf.
Die beiden großen schriftstellerischen Auftaktprojekte der metropolitanen Moderne sollten die einzigen bleiben, die es mit diesem Ansatz versuchten. Zu groß war wohl die Last der Produktion für ein isoliert schreibendes Individuum.

The Wire aus dem Hause HBO hat am Beispiel des heutigen Baltimores das Konzept wieder aufgegriffen und den Versuch durchgeführt, die gesellschaftliche Komplexität einer ehemaligen maritimen Metropole, deren Abstieg bereits Vergangenheit ist, zu erfassen. In den Staffeln 1 bis 5 werden verschiedene Subsystem der urbanen Gesellschaft durchleuchtet, es beginnt mit einem Drogenkartell, geht über die Gewerkschaft zurück zu einer generellen Überlegung der Funktionsweise von Imperien, betrachtet dann die Schulen, um in der letzten Folge bei der Presse zu landen. Den Roten Faden bilden eine Handvoll Polizisten, die gegen die Auswirkungen der Kriminalität ermitteln und in der Wahl ihrer Mittel erfinderisch und skrupellos sind, weil ihnen der legale Rahmen keinen Erfolg ermöglicht. Eskortiert wird ihre Geschichte von korrupten Politikern, die ihre Wahlkämpfe von Drogenbossen bezahlen lassen und einer Justiz, die zwischen Auftrag und politischer Opportunität ins Wanken geraten ist.

Kriminalität als Folge von Arbeitslosigkeit, Armut, Perspektivlosigkeit und miserabler Bildung führt letztendlich dazu, dass die systematische Zerstörung der nachwachsenden Generationen durch Drogenkonsum und Drogenhandel zur einzigen volkswirtschaftlich relevanten Geldquelle einer maroden Stadtgesellschaft wird. So unsäglich die kriminelle Verrohung auch immer wieder erscheinen mag, irgendwie wird man bei der Betrachtung der einzelnen Folgen nie das Gefühl los, einem Schauspiel beizuwohnen, das so fern gar nicht liegen muss. Die Quintessenz mag sein, dass die mögliche politische Steuerung einer wirtschaftlichen Abwärtsentwicklung den kritischen Punkt verschlafen kann, nach dem keine sinnvolle Intervention mehr möglich ist.

Das dramaturgisch ausgewählte Ensemble der Figuren ist nahezu genial, vom versoffenen, manischen irischen Police Officer McNulty über den schwarzen Politdemagogen Davies, den afroamerikanischen Cowboyverschnitt Omar Little, Stringer Bell, den CEO eines Drogenkartells, den es zum Bildungsbürgertum treibt, den jüdischen Anwalt, der die Kartelle abzockt, die Polizistin Kima, die mit ihrer gleichgeschlechtlichen Familie schlingert, Bubbles, der den eigenen, aussichtslosen Kampf gegen die Drogen zu gewinnen scheint, Proposition Joe, den fetten Boss der East Side, der wie viele mit einem Kopfschuss dahin sinkt, die vielen zähen Afroamerikanerinnen, die ihren Weg machen und ihren männlichen Pendants wie ein schlechtes Gewissen die Sicht am Horizont verderben und und und. Großes Kino, mit der Dimension eines vielbändigen Romans.

[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2011-02-25)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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