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Ulrich Woelk - Was Liebe ist
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Woelk, Ulrich:
Was Liebe ist

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(Bücher frei Haus)

Ulrich Woelk, der sich als ehemaliger Astrophysiker nach seinem Berufswechsel in die Schriftstellerzunft zunächst in drei „Naturwissenschaftler-Novellen“ mit Einstein, Schrödinger und Joana Mandelbrot befasste, hat nun in seinem neuen Roman zwei Themen meisterhaft zusammengeführt, die ich in dieser Zusammenstellung noch nicht beschrieben gelesen habe.

Eingedenk der Einsicht, dass besonders in Deutschland das Vergangene noch längst nicht vergangen ist, verknüpft er die Geschichten seiner Protagonisten mit der Geschichte der Zwangsarbeiter im Dritten Reich. Wie diese Vergangenheit mit der aktuellen Gegenwart zunächst dunkel und dann im Laufe des Romans immer offensichtlicher werdend, verknüpft ist, muss die männliche Hauptperson des Buches schmerzlich, letztlich aber befreiend erleben.

Als der Mitinhaber der Ziegler-Gruppe, der ledige Roland Ziegler im Jahr 1999, mit dem das Buch beginnt, in Berlin an einer Konferenz unter der Leitung von Bundeskanzler Schröder zur damals noch ungelösten Entschädigungsfrage für noch lebende Zwangsarbeiter der Nazis teilnimmt, äußert er sich zum Erstaunen vieler seiner Unternehmerkollegen sehr klar und deutlich für eine großzügige Lösung, bevor er wegen eines drohenden Anfalls die Konferenz plötzlich verlassen muss. Der noch ledige Roland Ziegler ist seit langem Epileptiker und hat die Krankheit aber mit Medikamenten und eine großen Selbstdisziplin im Griff.

Kurz vorher hat er die Jazzsängerin Zoe kennengelernt, die auf ihn von der ersten Sekunde eine Anziehungskraft ausübt, die er so noch nie erlebt hat. Von nun an jongliert Ulrich Woelk sehr gekonnt mit drei Erzählfäden. Da ist zunächst die Lebensgeschichte von Roland Ziegler, der als kleiner Junge über Nacht von seiner Mutter verlassen wurde, als die sich vom Vater trennte und dann ohne Nachricht verschwand. Es ist dieses Trauma des Verlassenwerdens, die nicht nur seine Krankheit beförderte. Es ist auch die Tatsache, dass er, obwohl als Erbe materiell abgesichert und auch sehr gut aussehend, die Liebe zu einer Frau nie zugelassen hat. Dann ist der Strang, der aus einer länger zurückliegenden Vergangenheit in die Gegenwart hineinspielt, die Geschichte der Zwangsarbeiter der Firma Ziegler. Und zuletzt die Liebesaffäre Roland Zieglers mit Zoe, für die er seine Aufgaben vernachlässigt und auch die Sorge um seine Krankheit. Zoe ist liiert mit einem älterem wohlhabenden Mann namens Piet, der sie von sich abhängig gemacht hat, und dem gegenüber Roland zeigen will, dass Zoe für ihn selbst bestimmt ist.

Als Roland Ziegler nach Holland zu einer lange nicht gesehenen Tante reist, begleitet ihn Zoe, und ihre Liebe und Leidenschaft wird fast unerträglich stark. Starker Tobak für ihn sind aber auch die Informationen, die er von seiner Tante erhält über das, was damals geschehen ist, und warum sowohl sie als auch Rolands Mutter die Familie verlassen mussten.

Er muss an einer zentralen Stelle schmerzlich erkennen: „Aber unter der Oberfläche gab es etwas, das wir nicht gesehen haben oder nicht sehen wollten: die Vergangenheit.“

Sehr geschickt verwebt Ulrich Woelk diese Einsicht mit den Lebensgeschichten der Hauptpersonen und gibt ihnen am Ende eine erstaunliche und hoffnungsvolle Wendung. Ich halte „Was Liebe ist“ für einen großen Roman, dem es hervorragend gelungen ist, auf dem Hintergrund einer verdrängten deutschen Familiengeschichte von der großen Kraft der Liebe und der Versöhnung zu sprechen.

Ulrich Woelk, Was Liebe ist, DTV 2013, ISBN 978-3-423-24949-2

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-03-28)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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