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Literaturforum: Der Flug Galileos


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Forum > Prosa > Der Flug Galileos
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 Thema: Der Flug Galileos
birnenpalme
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seit dem 21.06.2009

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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 27.10.2009 um 22:52 Uhr

EIN ZUSAMMENSPIEL IM STIL DES ERZÄHLENDEN THEATERS

Personen:

Nikolaus Kopernikus, Chorherr zu Frauenburg – Giordano Bruno, Dominikaner – Johannes Kepler, Astronom – Galileo Galilei, Naturforscher – Sir Isaac Newton, Physiker – Jacques Etienne und Joseph Michel Montgolfier, zwei Pioniere – Ein namenloser Funker – Sir Arthur Stanley Eddinton, Expeditionsleiter – Charles A. Lindbergh, Flieger – Wernher von Braun, Konstrukteur – Juri Alexejewitsch Gagarin, Kosmonaut – Neil Armstrong, Astronaut - Diogenes Hasenfuss, ein ängstlicher Zeitgeist – Donald E. Williams, Commander der Atlantis – Galileo, Raumsonde.

Epilog:

Die Erde stolz, das Zentrum fest.
Von Ost nach West
Die Sonnenbahn, des Mondes Scheiben
Und der Planeten Tänzelreigen.
Dahinter Sterne eingehängt,
Ins himmlische Gefüge.
Wer anders spricht, wer eigen denkt,
Der brennt für seine Lüge.

Der Vorhang hebt sich

1514: Frauenburg.
KOPERNIKUS:
Ptolemäus´ Gleichung geht nicht auf. Die Sonne muss es sein, im Mittelpunkt. Unsere Erde, ein gemeiner Planet. Doch leise, Freunde, ich schweige und fordere nichts ein!

[ Ulm, 1592
„Bischof, ich kann fliegen“,
Sagte der Schneider zum Bischof.
„Pass auf, wie ich´s mach´!“
Und er stieg mit so nen Dingen,
Die aussahn wie Schwingen
Auf das große, große Kirchendach.
Der Bischof ging weiter.
„Das sind lauter so Lügen,
Der Mensch ist kein Vogel,
Es wird nie ein Mensch fliegen“,
Sagte der Bischof vom Schneider.
„Der Schneider ist verschieden“,
Sagten die Leute dem Bischof.
„Es war eine Hatz.
Seine Flügel sind zerspellet,
Und erliegt zerschellet
Auf dem harten, harten Kirchenplatz.“
„Die Glocken sollen läuten,
Es waren nichts als Lügen,
Der Mensch ist kein Vogel,
Es wird nie ein Mensch fliegen“,
Sagte der Bischof den Leuten. (Bertolt Brecht) ]

1600: Rom. Auf dem Campo dei Fiori wird ein Scheiterhaufen errichtet. Der Ketzer zeigt keine Einsicht.
BRUNO:
Der Erdball rollt im Irgendwo, ein unendliches Universum kennt keine Mitte!

1609: Prag, kaiserliche Hofsternwarte.
KEPLER:
Erstens, die Planeten bewegen sich in Ellipsen, in deren einem Brennpunkt unsere Sonne steht. Zweitens, der von der Sonne bis zum Planeten gedachte Fahrstrahl bestreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Januar 1610: Padua. Galileo Galilei zählt vier Monde, die den Jupiter umkreisen.
GALILEI:
Dich zu beweisen, zaudernder Kopernikus! Sie dreht sich wirklich und ferne Welten kreisen auch. Dem Jupiter gehorchen vier Monde, der Erde nur ein einziger. Ketzerei? Soll ich nun brennen, als nächster, der die Wahrheit nennt? Mein Sehrohr ist kein Besenstiel! Erkenntnis leuchtet heller als die Sonne und macht viele Stuben warm. Auf meinen Schwur kommt es nicht an, eppur si mouve.

[ Ich sage voraus, dass noch zu unseren Lebzeiten auf den Märkten von Astronomie gesprochen werden wird. Selbst die Söhne der Fischweiber werden in die Schulen laufen. Denn es wird diesen neuerungssüchtigen Menschen unserer Städte gefallen, dass eine neue Astronomie nun auch die Erde sich bewegen lässt. Es hat immer geheißen, die Gestirne sind an einem kristallenen Gewölbe angeheftet, dass sie nicht herunterfallen können. Nun haben wir Mut gefasst und lassen sie im Freien schweben, ohne Halt, und sie sind in großer Fahrt, gleich unseren Schiffen, ohne Halt und in großer Fahrt. Und die Erde rollt fröhlich um die Sonne, und die Fischweiber, Kaufleute, Fürsten und die Kardinäle und sogar der Papst rollen mir ihr. (Bertolt Brecht) ]

1619: Universität Linz
KEPLER:
Drittens: die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die Kuben ihrer mittleren Entfernung von der Sonne. Nur die Liebe zur Wahrheit schafft Wunder!

Die Erde fängt zu drehen an,
Als würden Räder Wasser schöpfen.
Ein Geist wandert von Mund zu Mund
Und es gärt in großen Köpfen.
Das Oben stürzt zu Boden,
Von unten keimt ein Denken.
Befreit von alten Moden,
Will Mut und Wissen uns beschenken.

1642: Galileo Galilei stirbt.
1643: Isaac Newton wird geboren.
NEWTON:
Von nun ab gelten dieselben Gesetze, im Himmel wie auf Erden. Es wirkt nur eine Mechanik, ob in Cambridge oder irgendwo am Rande des Universums. Die Erbse verhält sich zum Kürbis wie ein Planet zur Sonne. Der Mond würde zu den Sternen flüchten, zöge die Schwerekraft nicht dagegen und er müsste herabfallen wie ein Apfel, hätte er keinen Schwung.

19. September 1783: Paris. Ein Heißluftballon steht über dem Schloss Versailles.
JACQUES ETIENNE MONTGOLFIER:
Wie viel Meter mögen es sein? Wir heben!
JOSEPH MICHEL MONTGOLFIER:
Die Herrschaften haben ihren Spaß, der König winkt zu uns herauf.
JACQUES ETIENNE MONTGOLFIER:
Er denkt, das Ballonfahren sei ein Zirkusvergnügen und unser Ballon nur Spielzeug. Sieh doch sein Gefolge, so klein, mit gepuderten Zöpfen. Wie sie Schokolade trinken und ihre Köpfe nach uns verrenken.
JOSEPH MICHEL MONTGOLFIER:
Sie rollen bald!
JACQUES ETIENNE MONTGOLFIER:
Wir schweben!

[ Ich hatte beim Start einen gewaltigen Ruck erwartet und eine Empfindung der Geschwindigkeit, die einen wie ein Schwindel ergreift. Statt dessen aber kam es mir nun so vor, als wäre ich körperlos. Es war nicht wie der Anfang einer Reise, sondern wie das Eintauchen in einen Traum. (Herbert George Wells) ]

1896: Über die Weite von 250 Metern wird zum ersten Mal auf der Welt eine Botschaft durch den Äther gesendet und empfangen. Die Botschaft, zwei Worte nur, der Name des Erfinders.
EIN FUNKER:
Heinrich Hertz

29. Mai 1919: Principe Island. Sonnenfinsternis über dem Golf von Guinea. Eine englische Expedition prüft Einsteins Relativitätstheorie.
EDDINGTON:
1,75 Bogensekunden Abweichung. Mein Bericht wird die Physik erschüttern. Licht hat Gewicht, Masse krümmt den Raum. Unser Denken muss umdenken.

1927: Über dem Atlantik.
LINDBERGH:
Ich will´s der Welt beweisen!

[ Hier spricht das Schiff „Empress of Scotland“
49 Grad 24 Minuten nördlicher Breite und
34 Grad 78 Minuten westlicher Länge
Vorhin hörten wir in der Luft
Über uns das Geräusch
Eines Motors
In ziemlicher Höhe.
Wegen des Nebels
Konnten wir nichts Genaues sehen
Es ist aber möglich, dass
Dies euer Mann war
Mit seinem Apparat
Dem „Geist von St. Louis“ (Bertolt Brecht) ]

3. Oktober 1943: Usedom, Nordspitze der Insel. An der Heeresversuchsanstalt Peenemünde wird vom Prüfstand VII eine Rakete 85 Kilometer tief in den Weltraum geschossen.
VON BRAUN:
Ich träume vom Mond!

12. April 1961: An Bord der Wostok
GAGARIN:
Vor zehn Minuten befand ich mich über Nordafrika. Jetzt überfliege ich das Schwarze Meer, in zehn Minuten werde ich über dem Uralgebirge sein.

20. Juli 1969: An Bord der Mondfähre Eagle
NEIL ARMSTRONG:
Der Adler ist gelandet.

Der gute Mond trägt nun Antennen,
Mit jedem Funkspruch wird man reifer.
Dort wo uns jetzt noch Neider trennen,
Vereinigt bald der Forschung Eifer.

Denn wem gebühret der Landung Ehren,
Dem Polen, der uns neu zentrierte,
Jenem Schneider aus Ulm, der den Hals riskierte,
Allen mutigen Ketzern und deren Lehren?

Vom Juden des Berner Patentamtes stammte:
Energie ist Masse mal Lichtschnellequadrat.
Einem Deutschen zur Ehre, die Frequenz man benannte.

Schwerelos hat die Menschheit ein Russe gemacht.
Und Amerikaner haben mit ihrer Tat
Vom Mond uns ein Bild der Erde gebracht.

1986: In einem Literaten-Cafe
DIOGENES HASENFUSS:
Bodenlos fühl ich festen Wind unter den Füßen. Immer den Aufschlag vor Augen ist das Leben ein Flug. Fortschrittswund tragen wir die Erde ans Ende. Die Herren jonglieren mit Plutonium. Seht ihr ihn noch den Sinn? Er rast auf der Autobahn Fortschritt dahin, mit lautem Knall jagt er den Schall. Er steigt, hebt ab, rotiert, bis er sich im All verliert.

Bestünde die Welt aus Hasenfüßen,
So würden Haken nur geschlagen
Über Felder, über Wiesen,
Ohne den Schritt hinaus zu wagen.
Der Rübenacker, flach als Scheibe,
Blieb der Hasenfüße Bleibe.

18. Oktober 1989: Die Ladebucht der US-Raumfähre Atlantis öffnet sich. Um 18.53 MEZ werden zwei Tonnen Fracht ausgesetzt und beschleunigt. Eine Nuklearbatterie wird für den Rest des Jahrtausends dafür sorgen, dass der Roboter sehen, fühlen und sprechen kann.
WILLIAMS:
Galileo ist auf seinem Weg zu einer anderen Welt. Er ist nun in den Händen der besten Flugkontrolleure unseres Planeten.

"Verbrennt ihn!",
Wurde demonstriert,
"Genug geforscht, genug studiert!"

„Wem nützt er?“,
Hat man nachgefragt,
Milliarden Dollar auch beklagt.

"Des Teufels ist Plutonium!
Wäre mit dem Geld nicht lieber
Brot bezahlt und Mediziner?"

Doch wie ein Ketzer, der verflucht,
Wieder nicht pariert,
Fliegt Galileo unbeirrt.

1990: Swing-by-Manöver um die Venus. Rückkehr zur Erde und erneutes Swing-by.

(INFO: Bei einem Swing-by-Manöver wird das Schwerefeld eines Planeten oder Mondes für eine Schleuderbewegung ausgenutzt. Diese Technik kommt bei Galileo mehrmals zur Anwendung und macht ihn zunehmend schneller. Damit Jupiter eingeholt werden kann, muss sich die Sonde in ein Geschoss verwandeln.)

1991: Rendezvous mit dem Asteroiden Gaspra.
1992: Abermals Schwung holen in der Erdumlaufbahn.
1993: Rendezvous mit dem Asteroiden Ida.
1994: Aufnahmen, als der Komet Shoemaker-Levy 9 auf den Jupiter einschlägt.
GALILEO:
Ich bin der Brennpunkt aller Wissenschaften. In mir bleiben Jahrtausende lebendig, die Taten der Pioniere, der Mut der Vordenker, der Zukunftsglaube einer ganzen Welt. Ich bin ausgesandt, um nach den Sternen zu greifen, ein Werk, das Galilei und jeden Fortschritt rühmt.

Diogenes schläft in der Tonne.
An ihm vorbei weht frischer Geist,
Dem Ursprung nachzuspüren,
Hinaus ins Reich der Sonne.

Wer ersann die Wissenschaft,
Dass Galileo vorwärts kreist,
Um an Jupiter zu rühren?
Menschengeflecht hat es geschafft.

Antennen belauschen seine Lieder
Evolution ins Weltall weist.
Es sind Gestirne, die verführen,
Sie spiegeln unsere Herkunft wider.

7. Dezember 1995: Nach vier Milliarden Flugkilometern erreicht die Sonde das innere System des Jupiters und schwenkt in seine Umlaufbahn ein.
GALILEO:
Nun bin ich selbst zum Mond geworden und Teil der Zukunft, wie geplant. Des Geistes Fühler bin ich, forschend und gespannt. Unendlich sich sehnend nach den Gründen des Alls, dem Sinn der Natur und dem Mensch auf der Spur.

[ „Liebe Freunde“, sprach der Präsident mit ernster Stimme, „ich weiß nicht, wohin es mit uns geht, ich weiß nicht, ob wir jemals die Erdkugel wiedersehen werden. Handeln wir jedoch trotzdem, als wenn diese Arbeiten eines Tages unseresgleichen dienen sollten. Halten wir uns Geist und Gemüt frei von trüben Gedanken und Stimmungen! Wir sind Astronomen. Dieses Geschoss ist eine Station der Cambridger Sternwarte, verpflanzt in den Weltraum. Beobachten wir also!“ (Jules Verne) ]

Der Vorhang senkt sich, die Zukunft bleibt offen!


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