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Rezensionen  
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Cesare Pavese - Der schöne Sommer
"Der schöne Sommer" (it. La bella estate) von Cesare Pavese (1908-1950) ist nur ein schmales Bändchen, das kaum die Bezeichnung Roman verdient. Es ist Teil der Turiner Trilogie des Autoren, in der menschliche und gesellschaftliche Aspekte des Lebens der italienischen Stadt in den 1940er Jahren geschildert werden. Im Gegensatz zum 1946er Werk "Der Genosse" bleibt aber die tatsächliche politische Ebene, also der Konflikt mit dem Faschismus, in "Der schöne Sommer" ausgespart. Das ist natürlich verwunderlich. Wie kann es sein, dass sich der totalitäre Staat in diesem Werk allein in der Tatsache widerspiegelt, dass die Figur des Guido Soldat ist und diese deswegen nicht mehr regelmäßig der Malerei nachgehen kann? Es ist einfach so.
Die Heldin des Romans ist die anfangs 16-jährige Ginia, die neidvoll auf die Wiesenerfahrungen ihrer Freundinnen blickt, also die ersten körperlichen Kontakte mit dem männlichen Geschlecht. Schüchtern, unbeholfen entdeckt sich Ginia allmählich selbst als Frau, macht ihre ersten, notwendigerweise sehr schönen und schmerzhaften Erfahrungen in der Liebe. Sie lebt in der seichten Welt der Cafés und Kinos, arbeitet dafür, um etwas aus sich machen zu können und wird durch ihre Freundin Amelia in die eigenartige Szene der Maler eingeführt. Diese Maler kennen nur ein Motiv: den weiblichen Menschen. Sie lassen ihn für sich Modell stehen, weitergehende Verstrickungen bleiben selbstverständlich nicht aus, und so verliebt sich die naive Ginia auch in den bereits oben erwähnten Guido, der jedoch vornehmlich bis ausschließlich nur ein Interesse an ihrem Körper hat.
Pavese gelingt es in "Der schöne Sommer", sich selbst nirgendwo zu offenbaren, oder anders formuliert: sich selbst nirgendwo dem Leser aus einem Versteck in seinem Text heraus aufzudrängen. In einem schwebend-leichten Ton schildert er das verträumte Leben eines jungen Mädchens in einer Zeit, die im krassen Gegensatz zu jeglichen angenehmen Träumen steht. "Die Welt ist schön, weil sie bunt ist" - sagt Ginias Freundin Amelia. Das schreckliche Erwachen, freilich, steht diesen unbesorgt-unpolitischen Figuren noch bevor.
[*] Diese Rezension schrieb: Arne-Wigand Baganz (2006-02-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.
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