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Willi Baer - Der 2. Juni 1967
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Baer, Willi:
Der 2. Juni 1967

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(Bücher frei Haus)

In einer aktuellen Ausgabe des SPIEGEL von Januar 2012 wird von neuen Untersuchungen zum Tod von Benno Ohnesorg berichtet, die wohl die ganze Republik den Atem angehalten haben dürfte, geht es doch um nichts Geringeres als um die Neubewertung eines der wichtigsten Ereignisse der (bundes-)deutschen Nachkriegsgeschichte. „Neue Ermittlungen der Bundesanwaltschaft“ sollen ergeben haben, „dass Kurras den Schuss offensichtlich unbedrängt aus nächster Nähe und umgeben von mehreren Polizisten abgegeben hat“. Zuletzt hatte der Mörder des Studenten Benno Ohnesorg 2009 Schlagzeilen gemacht, da er IM – informeller Mitarbeiter – der Stasi gewesen sein soll. Handelt es sich dabei um eine gezielte Desinformation rechtskonservativer, revisionistischer Kreise, die Schuld für die Eskalation der Gewalt in den Sechzigern ganz der DDR in die Schuhe zu schieben? Oder handelte Kurras gar wirklich im Auftrag der geheimen Staatspolizei der „Berliner Volksrepublik“? Die Bonner Republik wäre natürlich sehr froh, sich diesbezüglich rein waschen zu können. Schließlich wurde Kurras von seinen Kollegen gedeckt, die sicher nicht alle bei der Stasi waren, sondern in reinem Corpsgeist handelten und bis heute schwiegen.

Fakten sprechen gegen Einzeltätertheorie
Der LAIKA-Verlag möchte in einer Presseaussendung der Herausgeber des Bandes 1 der Bibliothek des Widerstandes jedenfalls daran erinnern, dass Berliner Studenten am 3. Juni 1967 an der Freien Universität einen Untersuchungsausschuss gegründet hatten. „Dort wurden Augenzeugenberichte, Fotografien und andere Unterlagen gesammelt. Passanten und Zeugen wurden für diesen Ausschuss von Studierenden befragt. Insgesamt liegen über 650 schriftliche Berichte, 100 Tonbandaussagen, ca. 600 Fotografien und dazugehörige Identifizierungslisten und vieles andere mehr vor. Mitglieder dieses studentischen Untersuchungsausschusses zum Tod von Benno Ohnesorg, darunter das spätere RAF-Mitglied Holger Meins, zogen aus dem Material schon damals den Schluss, dass es sich um einen gezielten Schuss handelte und äußerten die Vermutung, dass die Polizisten die Zielperson verwechselten, die sie ermorden wollten. Die Vermutung war, dass die Schützen Thomas Giefer, der Benno Ohnesorg zum Verwechseln ähnlich sah und schon lange die Aufmerksamkeit des Staatsschutzes wegen seiner dokumentarischen Filmarbeit auf sich gezogen hatte, im Visier hatten.“

Der 2. Juni – Fanal der 68er
In der BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDS des LAIKA-Verlages ist unter dem Titel Der 2. Juni 1967 ein Band mit beiliegenden Dokumentarfilmen, u.a. von eben diesem Thomas Giefer, erschienen. In dieser Publikation analysiert etwa der Historiker Uwe Soukup das Geschehen vom 2. Juni 1967 in Berlin. In der Darstellung dieser Veröffentlichung wird der Mord - jenseits der offiziell beliebten „Einzeltäterschaft“ als umfassender Plan der Polizei-und Staatsschutzbehörden Westberlins gelesen. Da der Mord an Benno Ohnesorg durch Polizeibehörden und Justiz, durch Politiker und – vor allem – die Springermedien gedeckt wurde – so die Argumentation der Herausgeber – sei eine Art politischer Mittäterschaft klar nachzuweisen. Die neue Erkenntnis, dass Kurras zugleich DDR-Agent war, sei nur ein Versuch, eine Entlastung der Nachkriegs-BRD, die damals immer noch von einer altnazistisch geprägten, autoritätswilligen und latent gewaltbereiten Mehrheitsgesellschaft geprägt war, zu bewerkstelligen. Die Herausgeber erklären damit eine klare Absage an den angestrebten Geschichtsrevisionismus rechtskonservativer Kreise, die versuchen der 68er Bewegung ihre Existenzberechtigung zu entziehen, indem sie sie als von der DDR gelenkte und Stasi-unterwanderte Minderheit darzustellen versucht. Dass die 68er aber sehr wohl ernstzunehmende Anliegen und besonders im Nachkriegsdeutschland eine wichtige Funktion hatten, wird auch in der Publikation Bibliothek des Widerstandes Band 16 „Paris Mai 68. Die Phantasie an die Macht“ des Laika-Verlages nachgewiesen. Der Demokratisierungsschube Westeuropas, der durch diese Bewegung ausgelöst wurde, war unausweichlich, denn ohne sie säßen wohl immer noch viele Ex-Nazis in Amt und Würden.

BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDS
Willi Baer / Carmen Bitsch/ Karl-Heinz Dellwo
Band 1: Der 2. Juni 1967

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-01-29)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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