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Jörg Fauser - Man hängt halt so an dem, was man hat. Briefe an die Eltern
Buchinformation

Inzwischen dürfte der diogenes Verlag wohl alles veröffentlicht haben, was es von Jörg Fauser zu lesen gibt. Dazu gehören seine großen Erfolge wie "Der Schneemann" oder "Das Schlangenmaul" ebenso wie seine Briefe an die Eltern, die dieses Jahr zusammengestellt, herausgegeben und mit einem Vorwort von Peter Graf sowie einem Nachwort von Ronja von Rönne versehen wurden. Zudem sind Faksimiles von Briefen und Postkarten zu sehen, die obwohl zumeist mit Schreibmaschine verfasst, dennoch neue Rückschlüsse auf den leider zu früh verstorbenen Autor, den "deutschen Bukowski" zulassen.

Rebell voller Lieber

"sohn joerg hier mittellos vorgesprochen bitte für hotelkosten und fahrkarte" heißt es etwa auf dem Faksimile eines Telegramms des deutschen Generalkonsulats Istanbul vom April 1968. Jörg Fauser lebte nach Abitur und abgebrochenem Studium längere Zeit in Istanbul und London und arbeitete schon mal als Aushilfsangestellter, Flughafenarbeiter oder Nachtwächter. Erst ab 1974, im Alter von 30 Jahren, widmete er sich hauptberuflich dem Schreiben und wurde mit seinen Romanen, Gedichten, Reportagen und Erzählungen zu einer Art deutschem Bukowski. Nicht zuletzt war er auch mit Bukowskis Übersetzer Carl Weissner befreundete, wovon ebenfalls eine Publikation beim diogenes Verlag mit dem Titel "Carl Weissner. Eine Freundschaft" zeugt. Die Ausnahmeerscheinung der deutschen Literatur lebte aber auch in München und dem Berlin der Mauer. 1987 verunglückte Jörg Fauser in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag tödlich bei München auf der Autobahn. Schon im zarten Alter von 12 regt sich Fauser in einem Brief an den Vater über einen Schriftsteller auf, wie vorliegende Publikation nachweist und damit seinen späteren Beruf schon vorwegnimmt. In jedem seiner Brief zeigen sich neue Facetten des auch als Journalisten arbeitenden Schriftstellers und rebellischen Sohns Jörg Fauser, der seine Eltern dennoch liebte. Denn auch das können Rebellen.

Optimismus als Lebenszweck

400 erhaltene Briefe und Postkarten sind es, die der Verleger Peter Graf, der auch das Vorwort verfasste, sichtete. Natürlich konnten nicht alle davon aufgenommen werden, aber der dicke diogenes Band zeigt, dass es doch sehr viele gewesen sein dürften. Die Briefe würden nicht nur von der "alten Bundesrepublik" erzählen, wie Graf etwas wehmütig schreibt, sondern "vor allem von der unumstößlichen Liebe, die Jörg Fauser für seine Eltern empfunden hat". In einem Brief aus Zypern gratuliert Fauser seinem Vater zum 75. Geburtstag und lobt wie gut dieser noch "beisammen" sei, "wie ich es für mich nur wünschen könnte, würde ich je nur annähernd so alt". In Zypern besuchte er das Dorf Bellapais in dessen Ortsmitte der "Baum des Müßiggangs" steht. Ein Urlaub, den man sich selbst so gerne wünschen würde. In einer Zeit in der das Schreiben von Briefen noch eine echte Arbeit war und nicht so einfach vonstatten ging wie in unserem übertechnisierten Zeitalter, sind 400 Briefe an die Eltern wahrlich eine stramme Leistung, vor allem wenn man bedenkt, dass er ja auch sonst sehr viel schrieb. Als Sohn einer Schauspielerin und eines Malers lag ihm das Künstlerische aber ohnehin im Blut und so wandte er sich schon früh vom akademischen Leben an der Universität ab und dem Leben zu. "Zyniker bin ich insofern, als ich weiß, dass alles war mir begegnet, mir auch zugute kommt; ich bin ein Verwerter", eine Überzeugung die doch sehr viel Optimismus ausdrückt und von der man sich einiges abschauen kann. Vielleicht liegt darin auch der Erfolg seines schriftstellerischen Werks.

Jörg Fauser
Man hängt halt so an dem, was man hat.
Briefe an die Eltern
2023, Hardcover Leinen, 464 Seiten
ISBN: 978-3-257-07163-4
€ (D) 25.00 / sFr 34.00* / € (A) 25.70
diogenes

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2023-05-07)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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