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Gotthold Ephraim Lessing - Nathan der Weise
Buchinformation

„Nathan der Weise“, ist eines der bekanntesten Dramen des dramaturgischen Genies Gotthold Ephraim Lessing. In diesem, seinem letzten Werk, finden zahlreiche Lebensweisheiten des Autors Ausdruck. Zurecht gilt das Drama heute als Meisterwerk und ist unter anderem das Vorzeigestück der Aufklärung.

Lessing zeichnete sich sowohl in seinen Studien, wie auch in seinem sozialen Umgang durch Exzellenz aus und durch sein sehr offenes Weltbild war er dem Zeitgeist oft weit voraus. So pflegte er Freundschaften zu jüdisch-stämmigen Menschen und verachtete den Antisemitismus, der ihnen entgegengebracht wurde. Im Zuge seiner Arbeit revolutionierte Lessing die damalige Dramaturgie, indem er nicht mehr nur den Adel, sondern nun auch das Bürgertum in den Vordergrund rückte.

„Nathan der Weise“ erschien 1779, nur zwei Jahre vor Lessings Tod und in Zeiten großer Umbrüche. Das Werk steht für die Versöhnung zwischen den Religionen und agiert damit ganz im Sinne der Aufklärung. Typische Merkmale der Aufklärung, wie Gleichheit, Religionskritik und die Orientierung an der menscheneigenen Vernunft, spiegeln sich im Werk wieder.

Die Handlung dreht sich um den weisen jüdischen Kaufmann Nathan und seine Ziehtochter. Im Verlauf der Handlung spielen Zugehörigkeiten eine wichtige Rolle und die Loyalität zwischen Familie und Religion wird auf die Probe gestellt. Im Werk treten Führungspersönlichkeiten der jeweiligen Religionen auf, zwischen denen Nathan mit Hilfe der Vernunft vermittelt. Im Finale des Werkes wird klar, dass die Religionszugehörigkeit nicht mehr von Belang ist, sobald Menschlichkeit und Familienzugehörigkeit ins Spiel kommen. Familienzugehörigkeit und die Frage danach, ob Blut oder Erziehung für die Verbundenheit eine größere Rolle spielen, sind zentrale Themen des Werkes. Gerade in Nathans Umfeld ist die Frage der Loyalität zwischen Vater, Freunden und Schutzbefohlenen oftmals unklar. Da auch im Werk keine eindeutige Antwort darauf gefunden wird, ist dies auch in Bezug auf heute eine sehr individuelle Frage. Weitere zentrale Themen, die insbesondere vor den historischen Hintergründen das Werk revolutionär machten, sind die egalitären Vorstellungen Lessings in Zeiten einer Ständegesellschaft, Sinnfindung in Zeiten religiöser Dominanz, Unverständnis andersdenkender Gruppierungen und Individuen und im Zuge dessen auch den scheinbaren Gegensatz zwischen Vernunft und Vorsehung.

Um in das Geschehen eingreifen zu können und seine Ansichten darzustellen, nutzt Lessing den Protagonisten Nathan, der als Leuchtturm der Toleranz und Vernunft über den Geschehnissen zu stehen scheint. Lessings egalitäre Denkweise offenbart sich in Sultan Saladin, der trotz seines hohen Standes, die ihm Untergebenen wie Gleichgestellte behandelt. Ein Thema das auch heutzutage sehr aktuell ist.

Wer sich mit Lessings Lebenssituation befasst wird feststellen, dass die Denkweise der Figur „Nathan“ oftmals nicht nur identisch zu der Lessings ist, sondern auch einschneidende biografische Erlebnisse bei Autor und Figur gleich sind. Beispielsweise starben Lessings Frau und Sohn an den Folgen der Geburt. Dies spiegelt sich im Werk wieder, als Nathans Frau und seine sieben Kinder ermordet wurden. Möglicherweise fühlte der Verlust seines Sohnes sich an, wie der von sieben Kindern. Die Einsamkeit Lessings teilt auch Nathan, der jedoch in der Fürsorge zu seiner Ziehtochter Trost findet. Lessing blieb ein solcher Trost leider verwehrt. Eine weitere Parallele zwischen Biographie und Werk findet sich in der Figur des Patriarchen und der Person des Pfarrers Goeze, der ein erklärter Gegner der theologischen Ansichten des Autors war und juristisch gegen ihn vorging.

„Nathan der Weise“ ist ein geschlossenes Drama in fünf Aufzügen, wobei nicht klar wird, ob es sich um eine Tragödie oder eine Komödie handelt. Der Grund könnte vielleicht sein, dass Lessing gerne mit etablierten Normen brach. Das gesamte Drama wurde in einem Blankvers geschrieben, der orientalisch klingen soll.

Nach abschließender Betrachtung lässt sich sagen, dass G.E. Lessing mit seinem Werk einen zeitlosen Klassiker erschaffen hat. Klassiker deshalb, weil er sich auch um heute noch aktuelle Themen dreht und es die Ideale der Aufklärung wie kein zweites Werk wiederspiegelt. Gerade das Ende, das so unverhofft kommt, gilt es nicht außer Acht zu lassen. Mir hat die Lektüre außerordentlich zugesagt und ich würde sie Literaturliebhabern wärmstens empfehlen.

[*] Diese Rezension schrieb: John Lorenz (2022-11-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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