Fünf Freunde, fünf Schlüssel, eine Leiche, ein Appartement. Die „Loft“ genannte Wohnung wurde von dem gutaussehenden Architekten Vincent Stevens (Filip Peeters) geplant und realisiert und wird ausgerechnet bei der Hochzeit seines Freundes Filip (Matthias Schoenaerts) mit der aus gutem Hause stammenden Vicky einem neuen Zweck zugeführt: Vince stellt sie seinen Freunden für etwaige Stelldicheins mit Prostituierten oder Geliebten zur Verfügung. Alle Fünf sind verheiratet, aber das hält sie nicht davon ab, den Schlüssel für das Loft von ihrem Architektenfreund schnell in ihren Hosentaschen verschwinden zu lassen, denn sonst könnte es ihre Frauen ja mitkriegen. „Ein Ort wo du die Zeit vergessen kannst“, so beschreibt Vincent sein Loft. Als eine Leiche in der Wohnung entdeckt wird, kommen alle fünf Freunde in ihr zusammen und überlegen sich, wer der Mörder sein könnte, denn eigentlich nur sie Fünf hatten einen Schlüssel zum Loft. Oder doch nicht?
Ästhetik der Dekadenz
Eine schöne Leiche liegt blutverschmiert im Bett, mit Handschellen am Bettgestell gefesselt, weißes Leinen, cool beleuchtete Wohnung. Explizite Sexszenen schon im Vorspann schrauben die Erwartungshaltung des Zuschauers hoch, denn alles ist sehr ästhetisch und dekadent. Die Handlung des Films wird dann in Rückblenden erzählt, also nach der Verhaftung, das macht die Geschichte umso spannender und zögert die Auflösung bis zum Zerreißen der Nerven noch hinaus. Die Farbgestaltung des Sets ist sehr ästhetisch, hauptsächlich wird allerdings in der Nacht gedreht, orange-gelbes Licht erzeugt dabei die Wärme, die zwischen den fünf Freunden plötzlich vermisst wird. Nur die Hochzeit konterkariert das Dunkel, das die Freunde verbindet, denn sie findet bei strahlendem Sonnenschein in Anwesenheit aller Ehefrauen statt. Dort vertraut die Geliebte des Bürgermeisters Chris auch das Geheimnis des Bürgermeisters an: in seinem Sakko befindet sich ihr Höschen. Das verleiht ihm Flügel. „Erkälten Sie sich nicht!“, ruft Chris und eilt davon.
Schicksal verbindet
„Fatum nos iunget“(Unser Schicksal verbindet uns) steht drohend auf dem schicken Doppelbett über der Leiche: der Satz ist mit ihrem Blut geschrieben worden und enthält leider einen Schreibfehler. Aber wird das den Mörder identifizieren? Die Kommissare stutzen, bis zuletzt wird nicht klar, wer der eigentliche Mörder ist. Waren es vielleicht die Ehefrauen oder ein Fremder? „He, das ist ein anständiges Mädchen! ...weißt du was die kostet?“, scherzt Filip, der jüngste aber auch brutalste der fünf ungleichen Freunde. Der Verdacht fällt als erstes auf ihn, denn er hatte schon einmal eine Frau in dem Loft vergewaltigt. Der Toxikomane redet sich auf seine Kindheit hinaus, aber sein Bruder Chris ist ganz anders. „Der Saft von Kameraden, kann nicht schaden“, dichtet der unschuldige, etwas verklemmt wirkende Luc. Plötzlich klingelt es an der Hausglocke der Wohnung, eine Immobilienmaklerin will das Loft sehen, schnelle helfen die Freunde wieder zusammen, denn sie haben ein gemeinsames Ziel: ihre Ehefrauen dürfen auf keinen Falle etwas erfahren. Bei einem Abendessen wird über Polyamourie diskutiert. Ist sie besser als Promiskuität oder einfach nur dasselbe in Maskerade? „Man kann nur von Leuten die man liebt verletzt werden“, meint Anne, die Nobelprostituierte und Chris liebt sie noch mehr aufgrund ihrer Ablehnung. Vince hingegen entdeckt „lieber unbekannte Inseln“, bis sich eine davon in ihn verliebt. Das macht Probleme, denn Liebe ist nicht vorgesehen. „Dictum sapienti sat est“: Ein Wort genügt dem Verständigen.
Das psychologisch raffiniert und sehr intelligent konstruierte Drama zeigt, wie Menschen, die sich eigentlich lieben zu den größten Feinden werden können und wie etwas scheinbar Harmloses den Kern des Untergangs schon in sich trägt. „Es ist nie für das was ich denke“, resümiert Vince über die Dinge, die wohl in der Loft geschehen. Hinter der glitzerndsten Fassade verbergen sich eben doch die tiefsten Abgründe. Und in der Person Luc dürfte sich der Regisseur auch selbst resp. seinen Beruf persifliert haben. Schwarzer Humor at its best.
Erik Van Looy
Loft - Tödliche Affären
Belgien, 2008, 115 Minuten
FSK 16
Mit Koen De Bouw: Chris Van Outryve, Filip Peeters: Vincent Stevens, Matthias Schoenaerts: Filip Willems, Bruno Vanden Broucke: Luc Seynaeve, Koen De Graeve: Marnix Laureys, Veerle Baetens: Ann Marai, Tine Reymer: Barbara Stevens, Marie Vinck: Sarah Delporte, Jan Decleir: Ludwig Tyberghein www.atlas-film.de
im Vertrieb von Alive Vertrieb und Marketing AG
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2016-12-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.