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Hans-Jürgen Wagener - Die 101 wichtigsten Fragen: Geld und Finanzmärkte
Buchinformation Wagener, Hans-Jürgen: Die 101 wichtigsten Fragen: Geld und Finanzmärkte
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(Bücher frei Haus) Sie widmen sich eher Themen aus Geschichte, Literatur, Kunst, Religion, Philosophie und Geografie, die kleinen Einsteiger-Handbücher für Laien, die der Münchner Sachbuchverlag Beck in der Rubrik „Die 101 wichtigsten Fragen“ auflegt. Technische und naturwissenschaftliche Themen fehlen; aus Sozialwissenschaften und Gesellschaft findet sich nicht eben viel. Eine Ausnahme: „Einwanderung und Asyl“. Im strengeren Sinne von der Ökonomie handeln nur zwei der Bändchen. Beide stammen von Hans-Jürgen Wagener, „Geld und Finanzmärkte“, „Konjunktur und Wirtschaftswachstum“, und sind alle beide empfehlenswert. Kompakt, nüchtern, klar, so leidenschaftslos, wie eben möglich bei Fragen, in denen eine absolute Wahrheit nie zu finden sein dürfte.
Der 1941 geborene Wagener hat in München und Berlin VWL studiert, war in Groningen und Frankfurt (Oder) Wirtschaftsprofessor; er gilt als Fachmann für den Systemvergleich zwischen Volkswirtschaften Europas, insbesondere bezüglich der Transformation Osteuropas von Planwirtschaft zu kapitalistischem Markt. Wagener kann als Vertreter der klassisch liberalen Richtung gezählt werden, zeichnet sich, gerade in diesem, bald nach dem Schock der Jahre 2007 bis 2011 herausgekommenen Buch, allerdings durch ein feines Maß innerer Distanz zwischen den Schulen der Neoliberalen und der Nachfragepolitiker aus. Ausgewogener als hier wird man die Theoreme moderner Nationalökonomie kaum irgendwo erklärt bekommen.
Die 175 eng bedruckten Taschenbuchseiten enthalten eine Menge Stoff. Als Einführung ist das so „großartig“, wie die FAZ-Wirtschaftsredaktion es eingestuft hat. Allerdings handelt es sich nicht um eine Populärwissenschaft, die aus ihrem Fach gleich noch den Roman mit unterhaltendem Plot generieren möchte. Offen gesagt, dieses Buch ist weder spannend, noch ist es witzig, sondern sachlich und informativ. Weder staubtrocken noch verschwurbelt, dabei gewiss nicht langweilig, sondern zureichend und zugänglich. Es steht für eine Art „Grundversorgung“, wie wir sie mit Brot, Kartoffeln, Wasser oder Milch verbinden. Enthält eine Menge Dinge, die wir öfters gehört oder über die wir schon anderswo gelesen haben. Wobei Frage 85 („Kann man die Finanzinnovationen mit der Kernenergie vergleichen?“) nicht etwa unwichtiger als Frage 18 wäre („Ist der Zins widernatürlich?“).
Ein Taschenbuch ohne ein einziges Foto, ohne Anmerkungen, ohne Quellenverzeichnis, beinahe ganz ohne Zitate, fast ohne Diagramm. Die Paragrafen umfassen in aller Regel ein bis zwei Seiten und reihen sich nach inhaltlichem Zusammenhang. Am Ende ist der Korpus doch eher eine durchgehende Abhandlung als ein Sammelsurium launiger Fragen. Zuerst hatte Professor Wagener sich für den Generalplan entschieden, diesen in Hauptstücke aufgeteilt („Inflation“, „Der Euro“, „Finanzkrisen“), um dieselben endlich auf 101 kleine Abschnitte herunterzubrechen. Manch eine Frage liest sich, wie kaum einer von uns sie hätte vortragen können. Frage 92: „Spielen wir nicht alle Ponzi-Spiele?“ Auf jeden Fall schafft es Hans-Jürgen Wagener die Einzelschritte so kompakt und autonom zu erhalten, dass man bei der Lektüre nach Interessenlage und Zeit springen und in jedem Fall etwas mitnehmen kann.
Den Stil des kleinen Buches möchte ich an einem Zitat über das, was der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering „Heuschrecken“ genannt hat, vorweisen. Man erfährt hier wirklich was.
Zitat:
Private Equity Kapital ist in der Regel eine willkommene Ergänzung der Eigenkapitalbasis mittlerer und kleinerer Unternehmen. Es kommt aber auch vor, dass die Kapitalbeteiligungsgesellschaft, die kein anderes Ziel als die eigene Rendite kennt, ein Unternehmen zerlegt und die einzelnen Teile veräußert. Die Anleger, die hinter Kapitalbeteiligungsgesellschaften stehen, sind nicht nur kleine Sparer. International spielen Pensionsfonds eine wichtige Rolle, die umfangreiche Gelder anzulegen haben, sich aber nicht um aktive Unternehmenskontrolle kümmern möchten. In Deutschland gibt es allerdings noch nicht viele Pensionsfonds, denn die Alterssicherung findet hauptsächlich nach dem Umlageverfahren über die Rentenversicherungen statt. So wurde Deutschland eher Anlageziel ausländischer Private Equity Fonds, als dass sich dort kapitalkräftige eigene Gesellschaften etabliert hätten. Das erklärt das Bild der einfallenden Heuschrecken.
[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2016-12-20)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.
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