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Literaturforum:
Vernunft

 Forum > Philosophie > Vernunft
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Autor
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Thema: Vernunft
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Kenon
Mitglied
   1094 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001

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Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 30.01.2006 um 10:47 Uhr |
Je mehr wir daher nach der Leitung der Vernunft zu leben streben, desto mehr streben wir, uns von der Hoffnung unabhängiger zu machen und von der Furcht zu befreien, dem Schicksal, soviel wir können, zu gebieten und unsere Handlungen nach dem bestimmten Anraten der Vernunft zu regeln.
Aus: Spinoza - Ethik
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LX.C
Mitglied
    1770 Forenbeiträge seit dem 07.01.2005

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1. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 11.04.2009 um 12:44 Uhr |
[Quote]Aus bloßem Verstand ist nie Verständiges, aus bloßer Vernunft ist nie Vernünftiges gekommen.
Verstand ist ohne Geistesschönheit, wie ein dienstbarer Geselle, der den Zaun aus grobem Holze zimmert, wie ihm vorgezeichnet ist, und die gezimmerten Pfähle aneinander nagelt, für den Garten, den der Meister bauen will. Des Verstandes ganzes Geschäft ist Notwerk. Vor dem Unsinn, vor dem Unrecht schützt er uns, indem er ordnet; aber sicher zu sein vor Unsinn und vor Unrecht ist doch nicht die höchste Stufe menschlicher Vortrefflichkeit.
Vernunft ist ohne Geistes-, ohne Herzensschönheit, wie ein Treiber, den der Herr des Hauses über die Knechte gesetzt hat; der weiß, so wenig, als die Knechte, was aus all der unendlichen Arbeit werden soll, und ruft nur: tummelt euch, und siehet es fast ungern, wenn es vor sich geht, denn am Ende hätt er ja nichts mehr zu treiben, und seine Rolle wäre gespielt.
Aus bloßem Verstand kömmt keine Philosophie, denn Philosophie ist mehr, denn nur die beschränkte Erkenntnis des Vorhandenen.
Aus bloßer Vernunft kömmt keine Philosophie, denn Philosophie ist mehr, denn blinde Forderung eines nie zu endigenden Fortschritts in Vereinigung und Unterscheidung eines möglichen Stoffs.[/Quote]
Quelle: Hölderlin: Hyperion, Berlin 1982, S. 105, 106.
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Gast873
Mitglied
    1457 Forenbeiträge seit dem 22.06.2006

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2. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 11.04.2009 um 21:05 Uhr |
Zitat:
Was hat die Philosophie, erwiedert´ er, was hat die kalte Erhabenheit dieser Wissenschaft mit Dichtung zu thun?
Die Dichtung, sagt´ ich, meiner Sache gewiss, ist der Anfang und das Ende dieser Wissenschaft.
Hölderlin- "Hyperion oder der Eremit in Griechenland"
Cotta´sche Buchhandlung. Erster Band. Seite 144 des Erstdrucks. Erscheinungsort: Tübingen 1799.
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LX.C
Mitglied
    1770 Forenbeiträge seit dem 07.01.2005

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3. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 12.04.2009 um 11:53 Uhr |
Man weiß, womit man dich locken kann :))
Könnte man das Werk eigentlich in die Klassik einordnen? Ich meine, der Bezug zur Antike und die Hilfe Schillers in Weimar. Deine Meinung würde mich interessieren.
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Gast873
Mitglied
    1457 Forenbeiträge seit dem 22.06.2006

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4. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 13.04.2009 um 13:00 Uhr |
Diese Nachricht wurde von Hyperion um 13:16:24 am 13.04.2009 editiert
wäre hölderlin nicht zu sehr romantisch gewesen, dann hätte goethe ihn vielleicht gemocht. nun, das mit goethe war eine andere story mit eigenen kapiteln. der dichterfürst goethe mochte auch die anna louisa karschin nicht, die größte deutsche dichterin. hölderlin war eben der klassik von der bildung her und schon ein bißchen der romantik von der seele her verpflichtet (wie die pflanze in der vorrede: "Wer bloß an meiner Pflanze riecht, der kennt sie nicht, und wer sie pflückt, bloß, um daran zu lernen, kennt sie auch nicht"). oder nein: eben keiner der beiden epochen ward er verpflichtet. das würde er auch so gesagt haben. eine zeit des umbruchs, das dazwischen-sein zeichnete ihn als dichter aus (dafür gibt es stellennachweise, auch in seinen gedichten, die ich suchen muss). genau dieses außenseitertum teilte er mit zwei weiteren leidensgenossen: kleist und jean paul. alle drei kann man entweder überhaupt nicht oder nur sehr schwer einer epoche zuordnen, wenn man sich zwischen der klassik und der romantik zu entscheiden hätte ;-)
grüße
aus dem idealistischen tübingen,
scardanelli
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LX.C
Mitglied
    1770 Forenbeiträge seit dem 07.01.2005

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5. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 13.04.2009 um 13:58 Uhr |
Diese Nachricht wurde von LX.C um 14:12:06 am 13.04.2009 editiert
Wendet man seinen Blick allein auf das Werk Hyperion, ohne Hölderlins Gesamtwerk einer Epoche zuordnen zu wollen, das ist ja meist eh nicht möglich, dann würde ich darin wenig Merkmale der Romantik entdecken (Romantik als Epoche, nicht als sentimentalen Begriff, denn romantisch ist das Werk natürlich). Dass Hölderlin wie Kleist und Jean Paul eine Sonderstellung zugesprochen wird, ist mir natürlich bekannt, doch selbst Kleists Kohlhaas würde ich der Epoche Romantik zuordnen, auch wenn mir da einige widersprechen würden. Kann man anders vielleicht die Behauptung aufstellen, dass am Hyperion deutlich wird, wie weit die Klassik als eigentlich lokales Phänomen außerhalb Weimars ihre Spuren hinterlassen hat?
Du siehst, ich gebe mich wenig zufrieden, mit der allgemein vertretenen Sonderstellung außerhalb der Epochenbezeichnungen, sonst hätte ich natürlich nicht gefragt.
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raimund-fellner
Mitglied
 87 Forenbeiträge seit dem 13.11.2011

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6. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 29.11.2011 um 21:43 Uhr |
Das Wort "Vernunft" kommt bekanntlich etymologisch von "vernehmen". So fragt es sich: Was "vernimmt" also die Vernunft?
Ich meine, sie vernimmt letztendlich das unsichtbare Göttliche.
(Auch Kant war schon der Meinung in seinem Werk "Kritik der reinen Vernunft", dass Vernunft ohne Gott nicht funktioniert, darum postulierte (forderte) er die Existenz Gottes, ohne ihn beweisen zu können. Denn sämtliche Gottesbeweise hatte er zuvor entkräftet.)
Raimund Fellner
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